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Kategorie: PHOBIA – Fotokunstprojekt 2019/20 – Teil II

PHOBIA – Fotokunstprojekt 2019/20 – Teil II

Ein Beitrag von Itta Francesca Ivellio-Vellin

Im ersten Teil unseres Interviews mit den Künstlerinnen des Fotobuchprojekts PHOBIA, Sabrina Wegerer, Melanie Asböck, Anna Niederleitner und Ronja-Elina Kappl, haben wir spannende Details über das Team, die Themenfindung und den Entstehungsprozess des Projekts erfahren.

In diesem Beitrag können Sie mehr über die Hintergründe des Projekts und die fotografierten Menschen lesen:

Was kennzeichnet eine Phobie? Gibt es einen Unterschied zwischen Phobie und Angst(störung)?

SABRINA: Wir haben für das Projekt mit Dr. Alfons Hamm, ein Experte auf dem Gebiet der spezifischen Phobien, zusammengearbeitet. Er hat uns das Thema aus medizinischer Sicht nähergebracht. Als Phobie bezeichnet man eine äußerst intensive Furchtreaktion, welche durch einen spezifischen Reiz – zum Beispiel ein Objekt oder eine Situation – ausgelöst wird. Dabei wird die Furchtreaktion von dem zwingenden Wunsch begleitet, diesen Reiz zu vermeiden. Phobien sind in ihren Ausprägungen sehr unterschiedlich und reichen von normalisierten Ängsten bis hin zu pathologischen Phobien. Die Auswirkungen können gravierend für die betroffenen Menschen sein und mit starken Einschränkungen im Alltag einhergehen. Eine Phobie ist – neben generalisierten Angststörungen, Panikstörungen, Zwangsstörungen und posttraumatischen Belastungsstörungen – eine Art von Angststörung.

Elektronenmikroskopie
Foto: Sabrina Wegerer

Welche Phobien behandelt ihr in eurem Projekt?

SABRINA: Der Fokus wurde in diesem Projekt auf atypische spezifische Phobien gelegt, die sich auf Strukturen, Materialien und Objekte beziehen. Es haben sich zwar sehr viele interessierte Personen, die von verschiedenen Phobien betroffen sind, bei uns für eine Zusammenarbeit gemeldet, durch unseren gesetzten Fokus mussten wir jedoch eine enge Auswahl treffen. Schlussendlich haben wir mit Menschen zusammengearbeitet, die Angst bzw. starke Aversion gegenüber Watte, Metall, Textil, Gummi, Statuen, Lochstrukturen, Luftballonen und Etiketten verspüren.

Wie habt ihr betroffene Menschen für euer Projekt gefunden?

MELANIE: In erster Linie haben wir mit vielen Menschen in unserem privaten Umfeld über das Projekt gesprochen. Das war schon sehr spannend, wie viele Geschichten da zum Vorschein kamen. Oft konnten wir dadurch Kontakte zu betroffenen Personen knüpfen. Zum anderen haben wir einen Aufruf in sozialen Medien gestartet, auf den auch viel positives Feedback folgte.

SABRINA:  Außerdem haben wir Selbsthilfe-Gruppen schriftlich kontaktiert sowie Flyer ausgedruckt und in der Graphischen wie auch an einigen öffentlichen Plätzen aufgelegt.

Phobia Luftballon
Foto: Ronja-Elina Kappl
Phobia Luftballon
Foto: Ronja-Elina Kappl

Was war deren Grund, beim Projekt mitzumachen?

MELANIE: Die Gründe zur Teilnahme waren sehr verschieden. Ich denke, es war für viele eine besondere und vielleicht auch seltene Möglichkeit über ihre persönlichen Geschichten zu berichten und dabei ernst genommen zu werden. Bei manchen war die Motivation auch einfach, uns als Team beim Projekt zu unterstützen. Generell sind wir allen Personen, die bereit waren, ein so persönliches Thema offen mit uns zu teilen, sehr dankbar – das kann man eigentlich nicht oft genug sagen.

Habt ihr gezielt nach Menschen mit bestimmten Phobien gesucht?

SABRINA: Da wir uns vor allem gestalterisch mit Phobien auseinandersetzen wollten, haben wir uns von Anfang an auf spezifische konzentriert, wie etwa die Phobie vor Strukturen, Materialien und Objekten. Bei unserer Suche nach betroffenen Menschen haben wir daher konkret danach gesucht. Gemeldet haben sich aber auch viele mit Phobien, die nicht in das Konzept gepasst haben, denen wir leider absagen mussten. Uns wurde im Gespräch mit Dr. Hamm bewusst, dass diese atypischen Phobien aus medizinischer Sicht meist keine klassisch kategorisierten Phobien sind, sondern stark ausgeprägte Aversionen gekoppelt mit konkretem Furchtempfinden. Alltagssprachlich wird in diesen Fällen trotzdem auch von Phobien geredet. Es war uns aber wichtig, auf diese Tatsache hinzuweisen, was wir in einem eigenen Info-Heft, das fixer Bestandteil des Fotobuchs ist, tun.

Phobia Textil
Foto: Ronja-Elina Kappl

Manche Personen sind auf den Fotos nicht zu erkennen, Gesichter sind verdeckt oder verschwommen. Einige sind genau zu erkennen. Warum?

RONJA: Jeder Mensch leidet in unterschiedlichen Ausmaßen an Phobien, doch wenige sprechen gerne darüber oder konfrontieren sich freiwillig damit. Für uns Fotografinnen war es daher wichtig, während des Interviews einen Draht zu den individuellen Personen aufzubauen und in Folge dessen ein Gefühl dafür zu bekommen, wie sie sich am wohlsten vor der Kamera fühlen. So entstanden die unterschiedlichen Strecken. Beim Auswählen der Bilder war es interessant, ganz genau auf die Körper- und Bildsprache zu achten und so jene Fotos zu wählen, die das Thema perfekt unterstützen.

ANNA: Es war von Person zu Person sehr unterschiedlich. Manche fühlten sich deutlich wohler vor der Kamera als andere. Da wir mit den reduzierten Studioportraits begannen, war es für uns im Anschluss umso wichtiger, in den Streckenfotos Abwechslung reinzubringen und diverse Facetten der jeweiligen Personen zu zeigen. Auch gab es eine Person, die aus persönlichen Gründen unbekannt bleiben wollte.

Fotoshooting
Foto: Ronja-Elina Kappl | Hinter den Kulissen
Phobia Lochstrukturen
Foto: Anna Niederleitner

Wie habt ihr die Orte für die Fotoserien gewählt?

RONJA: Bei der Wahl der Locations ging es in erster Linie darum, die Vielfalt von spezifischen Phobien und den betroffenen Personen zu unterstreichen. Um am Ende stimmige Einzelhefte zu erhalten haben wir, sowohl für die Fotostrecken mit den Personen, als auch mit den Objekten, im Vorhinein Konzepte ausgearbeitet. So konnten wir unterschiedlichste Kombinationen aus Bildsprachen, Farben und Formen schaffen.

ANNA: Ich war bereits vor den Shootings an Ort und Stelle, um mir ein Bild von der jeweiligen Location zu machen. Manche hatte ich zuvor schon fotografiert oder mir als geeignet notiert. Oft waren es kleine Details, Schatten- oder Lichtsituationen, die mich überzeugten.

Luftballonbuchstabe
Foto: Ronja-Elina Kappl | behind the scenes

Sind die Objektfotografien alle im Studio entstanden?

SABRINA: Nein. Das waren hauptsächlich improvisierte Experimente in meinem Wohnzimmer. Das Luftballon »L« entstand im Studio an der Graphischen. Dabei holte ich mir Hilfe von Ronja, weil ich mich ohne professionelle Fotografiekenntnisse nicht über die Transparenz des PVC-Materials traute.

Wo kann man das Projekt noch sehen? Was waren bisherige Reaktionen?

SABRINA: Durch den hohen Produktionsaufwand konnten wir auf dem Fotobuch nur eine Auflage von 15 Stück produzieren. Öffentlich liegt leider keines davon auf, denn sie sind alle in den Händen von Print-LiebhaberInnen gelandet. Was uns sehr freut, und worüber wir auch sehr dankbar sind, dass es so viel Interesse an dem Projekt gibt. Einblicke in das Fotobuch kann man auf Instagram unter @projektphobia sehen. Dort sind auch unsere Portfolio-Profile verlinkt.

Die vielen positiven Reaktionen freuen uns natürlich sehr. Wir haben den Personen, die mit uns über ihre Ängste gesprochen haben, jeweils das Heft mit „ihrer Phobie“ als Dankeschön geschenkt. Daraufhin bekamen wir die Rückmeldung, dass sie aufgrund ihrer Angststörung bei einigen Seiten schnell weiterblättern mussten, weil sie sich bestimmte Fotos oder Inhalte nicht anschauen konnten – da hat unsere Übersetzungsarbeit anscheinend geklappt!

Gummiringe
Foto: Anna Niederleitner

Was sind eure Pläne nach eurem Abschluss an der Graphischen?

MELANIE: Ich habe schon vor längerem gemerkt, dass mir das Arbeiten an umfangreichen Projekten und kreativen Konzeptideen großen Spaß macht. Dieses Jahr bin ich in der „Jung von Matt-Academy“ und möchte danach auch weiter als Kreativ-Konzepterin in der Agentur arbeiten.

RONJA: Nach dem Abschluss an der Graphischen bin ich nach Berlin gezogen, um als Junior Producer bei der Fotoagentur Freda+Woolf zu arbeiten. Dieser aktuelle Lebensabschnitt birgt viele neue Erfahrungen und Erkenntnisse. Ich weiß noch nicht, wo es mich hinbringen wird, aber ich bin bereit, es herauszufinden.

ANNA: Ich persönlich möchte mich in dem weiterentwickeln, was ich gerne mache und das ist das Fotografieren. Dass das bereits zu meinem Beruf geworden ist, ist sehr erfreulich. Es gibt viele Ziele, die ich mir gesetzt habe und in Zukunft verfolgen werde.

SABRINA: Ich arbeitete direkt nach der Graphischen für einige Monate in einem Grafik Studio in Wien, um praktische Erfahrungen sammeln zu können. Vor der Graphischen habe ich an der Uni Wien studiert, jedoch vor dem Abschluss des Studiums noch das Grafik-Kolleg eingeschoben. Dieses Jahr steht die Master-Arbeit und der Abschluss meines Studiums auf Platz 1 meiner To-do-Liste. Nebenbei plane ich auch endlich eigene Projekte zu realisieren für die ich jetzt lange keine Zeit hatte – vor allem wieder mehr handwerklich arbeiten und neue Materialien entdecken.

 

An dieser Stelle bedankt sich das Institut für Kulturkonzepte für die gemeinsame Kooperation mit der Graphischen Wien, im Besonderen für die nette Zusammenarbeit mit Bettina Letz, Ulrich Eigner und Peter Bauer. Den vier Künstlerinnen des Projekts PHOBIA wünschen wir viel Spaß bei der Sommerakademie 2019 und viel Erfolg bei allen zukünftigen Projekten und dem weiteren Karriereweg!

Zum Teil I des Interviews zum Projekt PHOBIA 

Luftballons
Foto: Ronja-Elina Kappl
Kategorie: PHOBIA – Fotokunstprojekt 2019/20 – Teil I

PHOBIA – Fotokunstprojekt 2019/20 – Teil I

Ein Beitrag von Itta Francesca Ivellio-Vellin

Seit 2016 findet jährlich ein Fotowettbewerb im Rahmen einer Kooperation zwischen dem Institut für Kulturkonzepte und der Graphischen Wien statt. Auch in diesem Jahr haben wir uns Unterstützung bei der Auswahl des SiegerInnen-Projekts geholt: Die Jury bestand aus Larissa Cerny (Grafikerin), Edda Thürriedl  (Kommunikation & Digitales, Belvedere), Corinna Eigner (Kommunikation bei Kulturkonzepte) und Itta Francesca Ivellio-Vellin (Kommunikationsassistenz bei Kulturkonzepte). In beratender Funktion war auch Bettina Letz (Lehrende an der Graphischen Wien) dabei.

Das Siegerinnen-Projekt heißt PHOBIA:

»Phobia – Über Ekel, Angst & Furcht« setzt sich grafisch sowie fotografisch mit Angststörungen auseinander, die sich in übertriebenem Maße gegen eigentlich ungefährliche Objekte richten und mit ausgeprägtem Vermeiden und intensiver Körperreaktion bei Konfrontation einhergehen. Der Fokus wurde auf atypische spezifische Phobien gelegt, die sich auf Strukturen, Materialien und Objekte beziehen. Diese wurden fotografiert, mittels Elektronenmikroskopie untersucht, zu Typo-Objekten geformt und in handgemachte Alphabete verarbeitet, welche wiederum als Vorlage für die Entwicklung von acht phobischen Schriften dienten. Entstanden sind neun Einzelhefte, welche als Sammelband zusammengefasst wurden. Neben einem allgemeinen Heft über Phobien, widmen sich die anderen acht jeweils einer spezifischen Phobie und einer davon betroffenen Person.

Das Projekt-Team besteht aus den Künstlerinnen Sabrina Wegerer, Melanie Asböck, Anna Niederleitner und Ronja-Elina Kappl. Alle vier sind Absolventinnen des Kollegs der Graphischen Wien. Die Fotos dieses Projekts werden auf unseren aktuell frisch gedrucken Foldern zum Lehrgang Kulturmanagement und zum Lehrgang Kulturvermittlung zu bewundern sein. Zu gewinnen gab es für das Team außerdem Plätze in unserer diesjährigen Sommerakademie für Kulturmanagement!

In einem zweiteiligen Interview erfahrt ihr, was hinter den Fotografien des Projekts PHOBIA steckt und warum die Künstlerinnen die Themen „Ekel, Angst und Furcht“ so faszinieren und welche Erfahrungen sie mit der Team- und Projektarbeit gemacht haben.

Ekel
Foto: Ronja-Elina Kappl

Warum habt ihr euch entschieden, Phobien und Ängste zu thematisieren?

SABRINA: Die erste Idee zu dem Projekt stammt ursprünglich aus einer reinen Wortspielerei, die ich mir spontan in mein Notizbuch geschrieben habe. Das war als ich vor drei Jahren in Berlin lebte und mich aus persönlichem Interesse mit Trypophobie (starke Aversion gegenüber Lochstrukturen) intensiv beschäftigte. Ich habe mir »Typographie + Trypophobie = Typophobie« notiert und gedacht, dass es spannend wäre, phobische Schriftkonzepte zu entwerfen. Bei dieser Idee blieb es vorerst – bis die Diplomarbeit auf der Graphischen näher rückte und ich beim Überlegen über mögliche Themen wieder mein altes Notizbuch hervorkramte. Die Thematik hat mich damals persönlich immer noch sehr beschäftig und es zeigte sich in Gesprächen mit anderen Menschen, dass es so viele spannende und ganz atypische Geschichten und Zugänge dazu gibt. Da sah ich die Diplomarbeit als Chance, diesen Geschichten eine Plattform zu geben und meine ursprüngliche Idee, eine phobische Schrift zu entwickeln, endlich zu verwirklichen.

Wie hast du dein Projektteam gefunden?

SABRINA: Auf der Graphischen ist es vorgesehen, Abschlussarbeiten im Team zu realisieren. Teams müssen aus zwei bis fünf Personen bestehen, wobei bereichsübergreifend gearbeitet werden soll. Ein Team soll zum Beispiel nicht nur aus SchülerInnen des Kollegs Grafik und Kommunikationsdesign bestehen. Da es wenige Berührungspunkte zwischen den verschiedenen Kollegs gibt, war ich anfangs unsicher, wie ich Personen finden kann, die mit mir gemeinsam zu der Thematik arbeiten möchten. Bei einer Projektwoche, an der alle Kollegklassen teilnahmen, gab es die Möglichkeit Themen vorzustellen. Da ich bereits eine relativ konkrete Idee hatte, hoffte ich, dass sich weitere Personen für mein Verständnis des Themas interessierten. Glücklicherweise waren das einige und durch persönliche Gespräche und erste Brainstormings hat sich unser finales Team formiert. Zu viert haben wir dann mein Ursprungskonzept weiterentwickelt, sodass Jede einen spannenden Zugang in ihrem jeweiligen Fachbereich dazu finden konnte.

Wie setzt sich das Team genau zusammen?

SABRINA: Das Team besteht aus zwei Grafikerinnen, Melanie und mir, sowie aus zwei Fotografinnen, Ronja und Anna. Wir haben alle unterschiedliche Arbeits- und Herangehensweisen in unseren jeweiligen Fachgebieten. Es war uns daher wichtig, für das Projekt ein solides Grundkonzept zu erarbeiten, das als roter Faden durch die Hefte, die am Ende herauskamen, getragen wird. Somit konnte Jede ihren Bereich weitgehend frei und abwechslungsreich gestalten. Trotzdem gelang es uns beim Zusammenführen des Materials ein kohärentes Projekt zu realisieren.

Lochstrukturen
Foto: Anna Niederleitner

Was ist euer Projektziel?

SABRINA: Mit dem Projekt wollen wir einerseits Betroffenen eine Plattform bieten, ihre Geschichten und Erfahrungen zu teilen. Andererseits wollen wir damit die Möglichkeit bieten, das Thema Angst aus einem gestalterischen Zugang neu erfahrbar zu machen. Spannend waren für uns vor allem die theoretische Konzeptarbeit und die anschließende praktische Übersetzungsarbeit: Wie können wir als Fotografinnen und Grafikerinnen die Geschichten, die Gefühle, die Erfahrungen der Personen durch unsere visuellen Sprachen spürbar machen? Welche Inhalte treten dadurch in den Hintergrund, welche in den Vordergrund? In diesem Prozess haben sich spannende Fragen aufgetan und es war aufregend, diese in unseren jeweiligen Bereichen zu beantworten.

Was war organisatorisch die größte Herausforderung bei eurem Projekt?

SABRINA: Das Projekt ist sehr umfangreich und lebt durch seine unterschiedlichen gestalterischen Ebenen. Das war für uns als Gestalterinnen einerseits extrem spannend, da wir in einem Projekt mit unterschiedlichen Methoden und Techniken experimentieren konnten. Andererseits fordert diese Diversität an Zugängen einen konstanten kommunikativen Austausch sowie ein solides Zeitmanagement innerhalb der Gruppe. Da das Projekt über ein Jahr lief und wir nebenbei privat wie beruflich noch mit anderen Arbeiten beschäftigt waren – und das zu unterschiedlichen Zeitpunkten im Projektprozess – war es nicht immer leicht, alles unter einem Hut zu bekommen.

Buchprojekt
Foto: Sabrina Wegerer | behind the scenes

Wolltet ihr von Beginn an ein Fotobuchprojekt machen oder hat es sich so entwickelt?

SABRINA: Unser Team liebt gut gestaltete Buchprojekte – vor allem die haptische Erfahrung, die damit gekoppelt ist. Da war von Anfang an klar, dass wir die Freiheit innerhalb des Diplomprojektes nutzen wollten, um ein Druckwerk zu produzieren. Es ist kein klassisches Buch geworden, eher ein Hybrid aus Buch, Magazin und Sammelband – das hat sich aber auch schon relativ früh im Prozess herauskristallisiert.

Elektronenmikroskopie
Foto: Sabrina Wegerer | Aufnahme unter dem Elektronenmikroskop

In den Foto-Heften gibt es auch Fotografien, die ihr mit dem Elektronenikroskop aufgenommen habt. Wie kam es dazu?

SABRINA: Es war nicht von Anfang an klar, ob ich neben dem Kolleg die zeitlichen Ressourcen für die Elektronenmikroskopien aufbringen kann, bzw. ob ich die technischen Mittel dazu zu Verfügung stehen habe. Glücklicherweise hat sich am Anfang des Projekts herausgestellt, dass die Realisierung von den Elektronenmikroskopie-Aufnahmen tatsächlich möglich ist. Wie genau sie jedoch eingesetzt wurden, wurde erst später im Prozess finalisiert.

Welche Gegenstände habt ihr unter dem Mikroskop fotografiert und warum?

SABRINA: Wir wollten die behandelten atypischen spezifischen Phobien auf verschiedenen Ebenen erforschen und visuell aufarbeiten – dazu zählte auch ganz nah an die Mikrostruktur der phobischen Materialien und Objekte zu gehen. Dies wurde mir am Arbeiten mit dem Elektronenmikroskop ermöglicht. Über einen Zeitraum von ca. drei Wochen habe ich auf Basis der Interviews mit den betroffenen Personen diverse Samples der Materialien und Objekte gesammelt. Die Samples waren natürlich spezifisch auf jede Phobie abgestimmt. Für die Metall-Phobie sammelte ich so z.B. u.a. Späne von unterschiedlichen Metallen, Metallstaub und rostige Metallstücke. Für die Watte Phobie legte ich u.a. ein Wattepad, ein Stück Schnürwatte, ein Tampon und Wattestäbchen unter das Mikroskop und bei der Lochstruktur-Phobie kamen vor allem unterschiedliche Schwämme zum Einsatz. Für jede Phobie sammelte ich zwischen fünf und zehn Samples, die dann anschließend im Labor mikroskopiert und fotografiert wurden.

Elektronenmikroskopie
Fotos: Sabrina Wegerer | behind the scenes

Was waren die wichtigsten Learnings für euch, die ihr aus dem Projekt mitgenommen habt?

ANNA: Es war eine Bereicherung, dass sich die jeweiligen Personen uns gegenüber von einer sehr privaten Seite präsentiert haben und sich uns derart öffneten, um an dem Projekt mitzuwirken. Auch hat es mir gezeigt, wie wichtig die Interviews vor den Shootings waren, um mit den ProbandInnen eine Basis aufzubauen. Dadurch konnten wir deren Vertrauen gewinnen und sie fühlten sich vor der Kamera wohler.

MELANIE: Auch wenn dich der Druckermeister zu Beginn entsetzt anschaut: Es ist möglich ein Buch mit vielen verschiedenen Papiersorten umzusetzen – und es ist die Mühe wert!

RONJA: Ohne durchdachter Planung und ununterbrochener interner Kommunikation läuft im Team gar nichts.

SABRINA:  Dass ich vor allem dann in einem Projekt voll aufgehe, wenn ich konzeptuell, handwerklich und mit neuen und überraschenden Materialien oder Techniken arbeiten kann. Ich weiß noch nicht genau, wo es mich mit dieser Erkenntnis beruflich in Zukunft hinzieht, aber ich bin froh, dass ich durch das Diplomprojekt diese Seite an mir neu entdecken konnte.

Statuen
Foto: Ronja-Elina Kappl
Statuen
Foto: Ronja-Elina Kappl

Bald veröffentlichen wir den zweiten Teil des Gesprächs mit den Künstlerinnen des Projekts PHOBIA! Einstweilen können Sie hier PHOBIA auf Instagram folgen.

Hier finden Sie in der Zwischenzeit die Fotokunstprojekte und Interviews mit den GewinnerInnen der letzten Jahre. 

Frau in Busch
Foto: Ronja-Elina Kappl | Projekt Phobia

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