Newsletter Anmeldung
Menü
Kategorie: Mit Pop-Up Facebookgruppen arbeiten

Mit Pop-Up Facebookgruppen arbeiten

Ein Beitrag von Christian Henner-Fehr

Das Coronavirus hat unser tägliches Leben von Heute auf Morgen gestoppt. Auch der Kunst- und Kulturbereich ist davon betroffen, kulturelle Veranstaltungen wird es frühestens wieder ab den Sommermonaten geben.

Nach der ersten Schockstarre beschäftigen sich Künstler*innen und Kulturschaffende gerade mit der Frage, wie es für sie und ihre Arbeit weiter geht. Viele versuchen, ihre bisherigen Aktivitäten in den digitalen Raum zu übertragen. So bieten zum Beispiel Museen virtuelle Führungen an, Musiker geben per Livestream Konzerte. Andere suchen das Gespräch mit ihren Zielgruppen oder machen sich Gedanken über virtuelle Formate.

Für praktisch alle sind die sozialen Netzwerke das Fenster nach draußen, oft konzentrieren sich die Aktivitäten auf Facebook und Instagram. Sie alle kennen Facebook mit seinen verschiedenen Möglichkeiten. Kultureinrichtungen verfügen meist über eine Facebookseite, selten über eine eigene Gruppe. Über das Potenzial von und neue Features für Facebookgruppen habe ich vor einiger Zeit hier in diesem Blog bereits geschrieben.

Pop-Up Facebookgruppen als Instrument für zeitlich begrenzte Kampagnen

In diesem Beitrag beschäftige ich mich mit Pop-Up Facebookgruppen. Das sind Gruppen, die nur temporär genutzt werden. Verwenden lassen sie sich für zeitlich begrenzte Situationen, einzelne Events oder auch in speziellen Situationen, wie wir sie zum Beispiel jetzt gerade vorfinden. Zeitlich begrenzt heißt, dass mit dieser Gruppe aber auch ein konkretes Ziel erreicht werden soll. Das kann die Veröffentlichung einer neuen CD sein, ein bald stattfindendes Event, ein neues Onlineformat oder auch der Start eines Newsletters. Oder um eine Situation wie diese gemeinsam zu bewältigen.

Dieses Ziel ist wichtig, sonst besteht die Gefahr, dass die Aktivitäten versanden. Man kann eine zeitlich begrenzte Gruppe also auch mit einer Kampagne vergleichen. Im Unterschied zu einer klassischen Werbekampagne setzen wir bei einer Pop-Up-Gruppe aber auf eine möglichst engagierte Community. Das bedeutet, hier können auf der einen Seite partizipative Ansätze einfließen. Aber auch Umfragen sind möglich, um beispielsweise mehr über die Zielgruppe zu erfahren.

Wer jetzt nicht genau weiß, wie man eine Gruppe auf Facebook erstellt und wie sie funktioniert, findet auf YouTube jede Menge Erklärvideos, die von Online Marketing Mastermind und Carlo Siebert sind ganz brauchbar.

Worauf sollte man bei einer Pop-Up Facebookgruppe achten? Hier sind die wichtigsten Punkte:

1. Legen Sie den Zeitrahmen für die Gruppe fest: Wann geht es los und wann ist Schluss?

Wenn mir ein Konzert so richtig gut gefällt, bin ich am Ende immer traurig, dass es schon wieder vorbei ist. Vermutlich kennen Sie dieses Gefühl auch von anderen Ereignissen. Als Kind konnte zum Beispiel Weihnachten gar nicht lang genug dauern. Würde aber Weihnachten oder auch das Konzert meiner Lieblingskünstler*innen sehr viel länger dauern, würde dieses Gefühl des Bedauerns wahrscheinlich gar nicht entstehen.

So ähnlich sollte es all denen gehen, die in Ihre Pop-Up Facebookgruppe kommen. Sie müssen es bedauern, dass die Zeit schon um ist. Umso größer wird die Bereitschaft sein, Ihr Angebot anzunehmen, auf das hin diese Gruppe ausgerichtet war.

Zwei Wochen sollten reichen, auch deshalb, weil so eine Gruppe vermutlich relativ viel Arbeit macht. Es ist ein Zeitrahmen, der sich gut planen und auch vorbereiten lässt. Das ist vor allem dann wichtig, wenn Sie auch die Inhalte anderer einplanen. Ob Album, Event oder Coronavirus, viele Menschen können dazu ihre Inhalte beisteuern. Aber es will alles geplant und organisiert sein.

2. Bewerben Sie Ihre Pop-Up Facebookgruppe

Wenn Ihre Facebookgruppe nur zwei Wochen aktiv ist, haben Sie nicht viel Zeit, um sie zu bewerben. Überlegen Sie sich daher gut, über welche Kanäle Sie die Gruppe bewerben wollen. Die eigene Website sollte ganz oben auf der Liste stehen, schließlich ist das die zentrale Anlaufstelle. Mit einem Widget auf der Startseite sollten Sie genügend Aufmerksamkeit erzeugen.

In Frage kommen aber natürlich auch alle Social-Media-Kanäle, die Email-Signatur oder der eigene Newsletter. Abhängig vom Ziel der Pop-Up Facebookgruppe kann es aber auch sinnvoll sein, Menschen ganz gezielt anzusprechen.

Eine interessante Alternative ist das Titelfoto Ihrer Facebookseite. In Verbindung mit einem Call-to-action garantiert dieser Platz höchste Aufmerksamkeit und bringt Ihnen hoffentlich die gewünschte Zahl an Gruppenmitgliedern. Erstellen lassen sich die Grafiken unter anderem mit der Grafik-Design-Plattform Canva.

3. Schaffen Sie eine engagierte Community

Der Zugang zu Facebookgruppen lässt sich steuern. Ein beliebtes Instrument dafür sind die Fragen, die Sie all denjenigen stellen können, die sich für Ihre Gruppe interessieren. Oft fallen die Fragen, die man beantworten muss, um in eine Gruppe hineingelassen zu werden, ziemlich banal aus. Im schlimmsten Fall halten sie jemanden davon ab, Mitglied in Ihrer Gruppe zu werden. Formulieren Sie Ihre Fragen (mehr als zwei oder drei sollten es nicht sein) so, dass Sie aus den Antworten einen Nutzen ziehen können. Das bedeutet, sie dürfen nicht zu allgemein gehalten werden, damit Sie mit den Antworten etwas anfangen können. Zu spezifisch sollten die Fragen aber auch nicht sein, sonst schreckt das eher ab.

Mit guten Fragen und einem neugierig machenden Einstiegsposting oder -video haben Sie schon viel gewonnen. Bedenken Sie, ein Video wirkt meist persönlicher, mit Hilfe von Text ist es aber leichter, Fragen zu stellen und Gespräche zu starten.

Die Inhalte für die zwei Wochen sollten vorab bereits feststehen, egal ob der Content von Ihnen oder anderen Menschen kommt. Abhängig vom Ziel, das Sie mit Ihrer Gruppe verfolgen, können Sie sich unter Umständen an der Customer Journey orientieren. Die Aufmerksamkeit haben Sie bereits außerhalb der Gruppe erregt. In der Gruppe geht es darum, Informationen zu liefern und Lust auf Ihr Angebot zu machen, das dann im Idealfall am Ende der Gruppenphase angenommen wird.

Ein interessante Art, Content zu produzieren, sind Livevideos. Mit Facebook Live steht Ihnen dafür ein interessantes Tool zur Verfügung. Ich streame aber nicht direkt damit, sondern verwende dafür Zoom. Eine interessante Alternative kommt übrigens vom Grazer Unternehmen eyeson, mit dem man ebenfalls auf Facebook streamen kann. Die Livevideos stehen dann gleich als Aufzeichnung zur Verfügung.

4. Machen Sie aus den Gruppenmitgliedern Besucher*innen, Kund*innen oder Abonnent*innen

Was Sie auch immer für Content produzieren, Sie sollten nie die von Ihnen angestrebte Conversion aus den Augen verlieren. Die verschiedenen Phasen der Customer Journey können Ihnen dabei, wie gesagt, eine wertvolle Hilfe sein. Beginnen Sie früh genug damit, auf Ihr Angebot hinzuweisen. Beantworten Sie Fragen, liefern Sie Informationen oder bieten Sie, so dies ein Thema und überhaupt möglich ist, finanzielle Anreize, zum Beispiel in Form eines Early-Bird-Tarifs.

Das vorher angekündigte Ende der Pop-Up Facebookgruppe trägt natürlich auch dazu bei, dass sich die Gruppenmitglieder über die Zeit „danach“ Gedanken machen. Im Idealfall sind sie von den Inhalten so angetan, dass sie von sich aus aktiv werden.

5. Schließen Sie die Gruppe

Ist die Aktivphase der Gruppe vorbei, muss die Gruppe natürlich nicht gelöscht werden. Aber es sollten keine Aktivitäten mehr stattfinden. Am leichtesten lässt sich das mit der Archivierung der Gruppe bewerkstelligen. Alle haben noch darauf Zugriff, aber Postings und Kommentare sind nicht mehr möglich. Auf diese Weise können die Gruppenmitglieder auch später noch auf die Inhalte zugreifen und sich für das Angebot entscheiden. Allerdings muss man auch klar festhalten, dass so eine Entscheidung mit jedem weiteren Tag unwahrscheinlicher wird.

Für Sie ist die archivierte Gruppe aber auch hilfreich, wenn Sie mit der nächsten Pop-Up Facebookgruppe starten. Sie können analysieren, was funktioniert und was nicht funktioniert hat und daraus Rückschlüsse für zukünftige „Kampagnen“ ziehen. Auf diese Weise gewinnen Sie wertvolle Informationen über Ihre Zielgruppe, die Sie natürlich für alle Ihre Marketingaktivitäten nutzen können.

Wie oft Sie mit Pop-Up Facebookgruppen arbeiten, hängt erstens von Ihren Themen und Angeboten ab. Nicht jeder Theaterabend oder jedes Konzert ist dafür geeignet. Zweitens geht es aber auch um die Ressourcen, die Ihnen zur Verfügung stehen. Geld spielt dabei weniger eine Rolle, vor allem kostet die Betreuung einer solchen Facebookgruppe Zeit. Auch wenn die in diesem Fall begrenzt ist.

 

Christian Henner-Fehr lebt und arbeitet als Kulturberater in Wien. Er betreibt das Kulturmanagement Blog und beschäftigt sich aktuell mit den Themen Content Marketing, Social Media und der digitalen Transformation von Organisationen in den Bereichen Kultur und Tourismus. Außerdem entwickelt er Digitalisierungskonzepte für Städte und Regionen.

Am Institut für Kulturkonzepte unterrichtet er unter anderem das Seminar Social Media – Marketing mit Facebook und Instagram. Der nächste Termin dieses Seminars ist am 23. und 24. April 2020 und findet online statt. Melden Sie sich an, es gibt nur mehr wenige freie Plätze!

Foto: Thomas Ulrich | Pixabay
Foto: Thomas Ulrich | Pixabay
Kategorie: Neue Features für Facebookgruppen

Neue Features für Facebookgruppen

Ein Beitrag von Christian Henner-Fehr

Wer eine Facebookseite betreibt, kennt das Problem: Die Zugriffszahlen sinken, vor allem Seiten mit vielen Fans merken das. Bei kleineren ist es nicht ganz so schlimm, dort sind die Zugriffszahlen teilweise besser. Aber auch nur dann, wenn man sehr viel Zeit investiert.

Aber seien wir ehrlich: Eine Facebookseite ist schon von ihrer Struktur und Funktionsweise her nicht unbedingt ein Ort, wo man schnell miteinander ins Gespräch kommt. Abhilfe schafft ein entsprechendes Budget, mit dessen Hilfe man die einzelnen Postings bewerben kann. Aber besonders nachhaltig ist das auch nicht.

Schon seit mehr als einem Jahr besteht die Möglichkeit für Seiten, eigene Gruppen zu betreiben. Für mich sind Facebookgruppen schon lange der interessanteste Teil dieses sozialen Netzwerks. Gruppen kann man zu praktisch jedem Thema gründen und Gespräche entstehen sehr viel leichter als auf einer Seite. Hinzu kommt: Interessieren mich die Inhalte einer Gruppe, kann ich mich verständigen lassen, wenn neue Postings veröffentlicht werden oder jemand auf mein Posting oder meinen Kommentar reagiert.

In meinen Augen nutzen Kultureinrichtungen diese Möglichkeit noch viel zu selten. Allerdings hat das, so vermute ich, auch mit der Art und Weise zu tun, wie Kultureinrichtungen Facebook bzw. die sozialen Netzwerke nutzen. Es ist halt doch meist nur ein Werbekanal mit Einwegkommunikation. Da hilft dann auch eine Facebookgruppe nicht wirklich. Eine solche ist dann interessant, wenn man sie als Raum für Gespräche, für den Gedankenaustausch betrachtet.

In einem Artikel habe ich mal gelesen, dass wir die Facebookseite als unsere Fassade betrachten sollten, mit der wir auf die wirken wollen, die sich uns zum ersten Mal von außen annähern. Gefällt ihnen, was sie dort sehen, laden wir sie ins Innere unseres Hauses, in unsere Gruppe oder auch Gruppen zum Gespräch ein und bauen dort eine Beziehung auf. So gesehen kann man einzelne Gruppen auch als Räume sehen, in denen es jeweils um verschiedene Themen geht.

Gamification in der Facebookgruppe

Um ein guter Gastgeber zu sein und natürlich auch, um die eigenen Ziele zu erreichen, bekommen wir von Facebook ein paar neue Features. Ob sie alle für den Kunst- und Kulturbereich geeignet sind, wird die Zukunft zeigen, gefragt sind gute Ideen. Da ist zum einen die Möglichkeit, in der Gruppe Badges einzusetzen.

Ich bin jetzt nicht unbedingt ein Freund dieser Form von Gamification, aber so ein klein wenig Orientierung und vielleicht auch Motivation verleihen die Badges unter Umständen schon. Ich vermute aber, dass es stark von den Themen abhängt und niemand besonders viele Postings über Wagners Ring veröffentlicht, nur um so ein Badge als besonders engagiertes Gruppenmitglied zu bekommen.

Mit weiteren interessanteren Möglichkeiten wartet ein Bericht über das Facebook Community Summit auf, in dem zum Beispiel von Formatierungstools die Rede ist. In nächster Zeit können Gruppenpostings mit einer H2-Überschrift versehen werden, Wörter oder Passagen können fettgedruckt werden und es werden Auflistungen möglich sein. Auf diese Weise lassen sich Postings besser strukturieren und sicher auch besser lesen. Ich habe diese Möglichkeit bis heute in keiner meiner Gruppen gefunden, hoffe aber, dass dieses Feature möglichst bald zur Verfügung steht.

Gruppenpostings lassen sich taggen

Spannend finde ich die Möglichkeit, die Postings in einer Gruppe besser zu strukturieren. In mehreren Gruppen habe ich mittlerweile die Möglichkeit, die einzelnen Postings mit Tags (Themen) zu versehen.

Oben rechts in der Gruppe befindet sich dann eine Box, in der die beliebtesten Themen aufgelistet werden, in dem Fall „Folien (PDF)“. Klickt man dieses „Thema“ an, erhält man sämtliche Postings aufgelistet, die mit diesem Tag versehen worden sind.

Auf diese Weise lassen sich die Inhalte einer Gruppe sehr viel leichter ordnen und vor allem finden als das bisher der Fall war. Die chronologische Aufreihung ist da nur bedingt hilfreich. Ein Theater kann nun aber zum Beispiel in einer Gruppe über eine kommende Inszenierung posten und die Beiträge mit einem entsprechenden Tag versehen. Interessiere ich mich als Gruppenmitglied für diese Inszenierung, ist es ein Leichtes, alle Beiträge zu diesem Thema aufgelistet zu bekommen.

Social Learning: Die Gruppe als Instrument zur Weiterbildung

Es gibt aber noch eine viel weitreichendere Möglichkeit, den Inhalt von Gruppen zu strukturieren. In den Gruppeneinstellungen findet sich der Punkt Bereiche, über den Sie die Gruppe um „Social Learning-Lektionen“ anreichern können.

So Sie den Menüpunkt in Ihren Gruppeneinstellungen bereits finden, können Sie nun ganze „Lektionen“ erstellen. Dahinter verbirgt sich eine Reihe von Postings, die zum Beispiel auf andere Artikel verlinken oder Dateien enthalten, die sich die Gruppenmitglieder herunterladen und dann bearbeiten können. Auf diese Weise lassen sich sehr komprimiert konkrete Themen abhandeln. Alle Themen oder „Lektionen“ lassen sich in der linken Menüspalte über den Button „Weiterbildung“ aufrufen.

Ich erprobe das Potenzial dieser Lektionen gerade in einer Gruppe, kann darüber aber noch nicht viel sagen. Spannend ist es aber allemal und eröffnet vor allem für den Bereich Weiterbeildung interessante Perspektiven.

Gruppenzutritt gegen Abogebühr?

Facebook geht aber noch einen Schritt weiter. Schon im letzten Juni wurde die Möglichkeit angekündigt, in Gruppen eine Bezahlfunktion einzubauen. Das bedeutet, nur wer eine monatliche Abogebühr bezahlt, darf Mitglied dieser Gruppe werden. Ob das Modell wirklich für den Kulturbereich funktioniert, vermag ich nicht zu sagen. Aber stellen Sie sich vor, Sie richten eine öffentliche, kostenlose Gruppe ein und bieten darüber hinaus eine Premium-Gruppe an, in der Sie exklusive Inhalte zur Verfügung stellen. Mir fehlen da im Moment noch die Ideen dazu, Beispiele gibt es auch noch nicht. Aber das kann sich ja ändern. Die Facebookgruppen erfahren auf alle Fälle eine Aufwertung und Kultureinrichtungen, die auf Facebook aktiv sind, sollten sich die Frage stellen, inwieweit die Gruppen in ihre zukünftigen Konzepte passen.

Christian Henner-Fehr lebt und arbeitet als Kulturberater in Wien. Er betreibt das Kulturmanagement Blog und beschäftigt sich aktuell mit den Themen Content Marketing, Social Media und der digitalen Transformation von Organisationen in den Bereichen Kultur und Tourismus. Außerdem entwickelt er Digitalisierungskonzepte für Städte und Regionen. Am Institut für Kulturkonzepte unterrichtet er unter anderem in zwei Seminaren zum Thema Onlinemarketing – im Seminar Social Media für KulturmanagerInnen und im Seminar Online Marketing im Kulturbereich.

Facebook Features
Foto: John Schnobrich | unsplash
Kategorie: Social Media Marketing: Die richtige Mischung finden (Teil II)

Social Media Marketing: Die richtige Mischung finden (Teil II)

Ein Beitrag von Christian Henner-Fehr

Haben Sie sich nicht auch schon mal die Frage gestellt, welche Plattformen denn nun am besten für Ihre Marketingaktivitäten geeignet sind? Meistens versuchen wir dann herauszufinden, wie viele Userinnen und User eine Plattform hat und messen daran deren Relevanz. Aber fragen wir doch mal, welche Plattformen für das Marketing besonders interessant sind und von den Expertinnen und Experten genutzt werden?

Schaut man sich die Rangliste des Social Media Marketing Industry Report 2018 an, wird niemand überrascht sein:

  1. Facebook 94%
  2. Instagram 66%
  3. Twitter 62%

Auf den weiteren Plätzen folgen Linkedin (56%), Youtube (50%), Pinterest (27%) und Snapchat mit 8%. Während im B2C-Bereich Instagram an der zweiten Stelle bleibt, nimmt im B2B-Bereich Linkedin diese Position ein. Facebook und Twitter können die Plätze halten.

Und 2016? Da lag Instagram mit 44% noch an 6. Stelle, die Top 3 waren:

  1. Facebook 93%
  2. Twitter 76%
  3. Linkedin 67%

So sah das Ranking auch im B2C- und im B2B-Bereich aus, nur die Prozentzahlen variierten um jeweils einige Punkte. Spannend ist der Blick zurück ins Jahr 2010. Da lag Twitter mit 88% einen Punkt vor Facebook (87%) und 10 Punkte vor Linkedin mit 78%. Im B2B-Bereich konnte Linkedin Facebook sogar überholen.

Das gilt es bei der Auswahl der richtigen Plattform zu beachten

Zwar gibt es im deutschsprachigen Raum keine solche Befragung. Aber wenn man sich die diversen Artikel durchschaut, in denen die wichtigsten sozialen Netzwerken aufgelistet werden, dann stellen eigentlich immer Facebook, Instagram und Twitter die Top 3.

Wer vor der Frage steht, welche Plattformen man bespielen soll, ist also bei diesen Drei recht gut aufgehoben. Allerdings gibt es hier schon ein paar Aspekte, die man berücksichtigen sollte.

Punkt eins: Wir haben bis jetzt nur Zahlen von der Marketingseite angesehen. Wie aber sieht es auf der Nutzerseite aus? Der Report „The State of Social Media in the U.S. in 2018“ liefert bemerkenswerte Ergebnisse. Er zeigt, dass die Zahl der Interaktionen mit Inhalten von Marken, Unternehmen und Publishern im Vergleich zu 2017 von 67,9 Mrd. auf 65,7 Mrd. Interaktionen zurückgegangen ist (siehe dazu auch den Beitrag: „State of Social Media: Interaktionen auf Facebook gehen um 39 % zurück. Instagram legt um 22 % zu“, der den Report zusammenfasst).

Die Zahl der Interaktionen mit Inhalten von Marken, Unternehmen und Publishern geht auf Facebook innerhalb eines Jahres um 39% zurück, während sie auf Instagram im selben Zeitraum um 23 und auf Twitter um 15% ansteigt. Es ist eindeutig, dass Facebook in dieser Hinsicht gewaltige Einbußen hinnehmen muss. Wir sollten aber berücksichtigen, dass Facebook vor einem guten Jahr beschlossen hat, die privaten Beziehungen wieder mehr in den Vordergrund zu stellen. Das heißt, die Userinnen und User interagieren mehr mit ihren „Freunden“ und weniger mit Marken, Unternehmen und Publishern. Unter Umständen haben die Marketingexperten aber auch verstanden, dass Interaktion ihnen weniger bringen als gedacht, weshalb sie sich in dieser Hinsicht nicht mehr so engagieren. Allerdings ist es dann komisch, wenn die Zahl der Interaktionen auf Instagram zunimmt. Hier dürfte die Interaktion auch nicht mehr bringen.

Mark Zuckerberg strebt ein Ökosystem an, das private und verschlüsselte Nachrichten dominieren

Punkt zwei: Facebook ist gerade dabei, sein soziales Netzwerk mit Instagram und Whatsapp zu verbinden. Einher geht dieser Zusammenschluss mit einem bemerkenswerten Wandel der Strategie des Unternehmens.

In seinem vor ein paar Tagen veröffentlichten Beitrag beschreibt Mark Zuckerberg seine „Privacy-Focused Vision for Social Networking“. Während Facebook bis jetzt zusammen mit Instagram eine Art digitaler Marktplatz war, auf dem man seine Freunde traf und sich mit Menschen austauschte, die dieselben Interessen hatten, soll der Zug zukünftig in eine ganz andere Richtung fahren. Aber, so Zuckerberg, die UserInnen wollen den Marktplatz nicht mehr.

„Today we already see that private messaging, ephemeral stories, and small groups are by far the fastest growing areas of online communication“,

schreibt er weiter. Deshalb ist er überzeugt:

„(…) the future of communication will increasingly shift to private, encrypted services where people can be confident what they say to each other stays secure and their messages and content won’t stick around forever.“

In seinem sehr programmatischen Beitrag beschwört er aber nicht nur die private und verschlüsselte 1:1-Kommunikation, sondern verspricht auch, dass diese Nachrichten später gelöscht werden können.

Wer heute auf Facebook und Instagram und damit auf den Marktplatz setzt, findet sich vermutlich schon bald in einem Ökosystem wieder, in dem private Nachrichten und Stories den neuen persönlichen Newsfeed bilden. Das wird gewaltige Auswirkungen auf das Marketing von Kultureinrichtungen haben, denn der Marktplatz erfordert eine ganz andere Vorgehensweise als der persönliche Newsfeed. Nutznießer dieser Entwicklung könnte Twitter werden, denn dort will man nach wie vor Marktplatz sein.

Facebook: mehr oder weniger Aktivitäten?

Vor dem Hintergrund dieser Zahlen und den angekündigten Entwicklungen erstaunt es, um wieder zum Social Media Marketing Industry Report 2018 zurückzukommen, dass 50% der Befragten angegeben haben, in den letzten 12 Monaten ihre organischen Aktivitäten auf Facebook erhöht zu haben und 62% beabsichtigen, diese Aktivitäten in den kommenden 12 Monaten sogar noch auszubauen.

Gleichzeitig steigt aber auch die Bereitschaft, Geld für eine größere Sichtbarkeit in die Hand zu nehmen. 49% der Befragten haben im letzten Jahr ihre Ausgaben für „paid content“ auf Facebook erhöht und 67% beabsichtigen, im kommenden Jahr noch mehr zu investieren. Mehr als zwei Drittel (72%) der Social Media Marketing Manager setzen nicht mehr nur auf organische Reichweite, sondern nehmen dafür Geld in die Hand.

Ob das klug ist, was sie da machen, wissen wir nicht. Ich bin gespannt, ob angesichts der Tatsache, dass etliche Userinnen und User Facebook entweder gar nicht oder kaum noch verwenden, die Marketingabteilungen die Konsequenzen ziehen und ihr Engagement dort reduzieren. Was heißt das für Ihr Social Media Marketing? Viele von Ihnen werden vermutlich auf Facebook weniger aktiv sein und dafür mehr Zeit (und Geld) in Instagram investieren. Ich glaube, dass es auf das richtige Zusammenspiel ankommt. Weniger organische Aktivitäten und ein Werbebudget, das könnte der Plan für Facebook sein. Auf Instagram sind es vor allem Videos und Stories, die gut funktionieren. Aber auch hier steigt, laut Social Media Marketing Industry Report die Bereitschaft, Geld in die Hand zu nehmen. Eine Prognose, wie es mit Twitter weiter geht, ist schwierig. Wenn Mark Zuckerberg zukünftig vor allem auf private und verschlüsselte Nachrichten setzt, wäre viel Platz für Twitter. Aber diese neue Strategie ist ja nur entstanden, weil wir immer häufiger Messenger statt Netzwerken verwenden und Facebook diese Entwicklung aufgegriffen und daraus eine neue Vision entwickelt hat.

Zu Teil I „Social Media Marketing: Die richtige Mischung finden“

Christian Henner-Fehr lebt und arbeitet als Kulturberater in Wien. Er betreibt das Kulturmanagement Blog und beschäftigt sich aktuell mit den Themen Content Marketing, Social Media und der digitalen Transformation von Organisationen in den Bereichen Kultur und Tourismus. Außerdem entwickelt er Digitalisierungskonzepte für Städte und Regionen. Am Institut für Kulturkonzepte unterrichtet er unter anderem in zwei Seminaren zum Thema Onlinemarketing – im Seminar Online Marketing im Kulturbereich (nächster Termin: 24.-25.5.2019) und im Seminar Social Media für KulturmanagerInnen (nächster Termin: 5.-6.7.2019).

facebook marketing
Foto: Glen Carrie | Unsplash
Kategorie: Social Media Marketing: Die richtige Mischung finden (Teil I)

Social Media Marketing: Die richtige Mischung finden (Teil I)

Ein Beitrag von Christian Henner-Fehr

Das Ende von Facebook wurde schon etliche Male angekündigt, aber auch beim Thema Social Media nehmen die Unkenrufe zu. Was bedeutet das für Kultureinrichtungen, was für KünstlerInnen und Kulturschaffende, die in den letzten Jahren damit begonnen haben, sich in den sozialen Netzwerken eine Präsenz aufzubauen? Jetzt, wo viele sich mit Facebook und Instagram angefreundet haben, soll es schon wieder vorbei sein?

Liest man sich die Artikel durch, in denen die Social Media Trends 2019 beschrieben werden, bleibt man etwas ratlos zurück. Natürlich werden Stories, egal ob auf Instagram, Facebook oder in anderen Netzwerken oder Messengern, eine wichtige Rolle spielen. Auch nicht unverständlich ist, dass wir wissen wollen, ob sich das alles rechnet. Das bedeutet, der Begriff „Return on Investment“ (ROI) gehört mittlerweile zum Standardvokabular derer, die Social Media Marketing betreiben.

Zahlen statt Trends

Oft klingen Meldungen über Facebook und all die anderen Netzwerke alarmierend. Glaubt man den Artikeln, dürfte man die unter 25-Jährigen dort schon lange nicht mehr finden. Gut, das stimmt so nicht. Aber solche Meldungen beeinflussen unsere Social Media-Aktivitäten natürlich und verlangen nach Entscheidungen. Welche Netzwerke nutzen wir, wie groß soll der Aufwand sein oder sollen wir auf Facebook & Co in bezahlte Werbung investieren? Das sind einige der Fragen, die beantwortet werden wollen.

Ich schaue mir in solchen Fällen immer an, was die anderen machen. Dafür gibt es etliche Reports, die leider oft aus den USA kommen und/oder weltweite Zahlen liefern. Leider gibt es selten gutes Zahlenmaterial über den deutschsprachigen Raum, aber der Blick über den Tellerrand hilft uns vielleicht dabei, blinde Flecken zu entdecken. Ich möchte deshalb in diesem und auch im nächsten Beitrag ein paar Zahlen aus dem Social Media Marketing Industry Report 2018 (hier können Sie ihn kostenlos bestellen) vorstellen. Michael Stelzner, der den Report seit, ich glaube, 2008 herausgibt, ist Gründer des Onlinemagazins Social Media Examiner, eine der wohl ergiebigsten Quellen in Sachen Social Media Marketing.

6% der Befragten arbeiten im Kulturbereich

Jetzt werden Sie vielleicht sagen, mit dem Industriebereich habe ich nicht so viel zu tun. Ja, das stimmt, aber die Befragten kommen gar nicht unbedingt, so wie es der Titel vermuten lässt, alle aus der Industrie. 21% von den 5.700, die den Fragebogen ausgefüllt zurückgeschickt haben, gaben an, EinzelunternehmerInnen zu sein, 38% haben bis zu zehn Angestellte. Die Fragebögen kamen aus den unterschiedlichsten Branchen zurück, 6% gaben an, im Kulturbereich zu arbeiten.

Immer häufiger verfügen die im Marketingbereich Beschäftigten über mehrjährige Erfahrung in Sachen Social Media. Gaben im Social Media Marketing Industry Report 2010 noch 65% an, vor ein paar Monaten oder gerade erst mit Social Media begonnen zu haben, waren es im letzten Jahr nur noch 28%. Genau so groß ist die Gruppe derer, die schon mehr als 5 Jahre Erfahrung in Social Media Marketing haben.

Die Social Media-Ziele haben sich kaum geändert

Welche Ziele stehen beim Social Media Marketing im Vordergrund? 2018 waren das:

  • Größere Sichtbarkeit: 87%
  • Mehr Traffic: 78%
  • Leads generieren: 64%
  • Loyale Fans entwickeln: 63%
  • Brancheneinsichten: 54%
  • Mehr Verkäufe: 53%
  • Neue geschäftliche Kooperationen: 49%
  • Die Thought Leadership-Position verbessern: 43%

Die meisten dieser Ziele tauchten bereits 2010 auf, größere Sichtbarkeit und mehr Traffic standen schon damals an erster Stelle. Obwohl sich im Bereich Social Media in den letzten Jahren viel getan hat, sind die Ziele doch durchwegs dieselben geblieben. Ein Ziel allerdings ist im Laufe der Jahre aus diesem Ranking verschwunden, das vielen als Grund diente, sich mit Social Media zu beschäftigen. Zum letzten Mal tauchte es 2016 auf: der Wunsch, mit Hilfe von Social Media die Marketingkosten verringern zu können. Das mag in den Anfangsjahren des Web 2.0, wie es damals noch hieß, durchaus möglich gewesen sein, wenn man mal den zeitlichen Aufwand außer Acht lässt. Aber heute macht Social Media Marketing nur Sinn, wenn man über ein entsprechendes Budget dafür verfügt.

Je größer die Erfahrung, desto besser verkauft man mit Hilfe von Social Media

In all den Jahren wird die Unterstützung im Verkaufsprozess als eines der wichtigsten Ziele genannt. Auffällig ist, dass die Social Media Marketer erst im Laufe der Jahre erkennen, welchen Wert die sozialen Netzwerke für den Verkaufsprozess haben. Nur 20% der Befragten, die gerade erst mit Social Media begonnen hatten, gaben 2010 an, dass Ihnen Social Media dabei eine Hilfe sei. Waren sie ein paar Monate „im Geschäft“, stieg der Wert auf über 40%, nach ein paar Jahren auf 73%.

Acht Jahre später sind viele Social Media Marketer davon nicht mehr so überzeugt. Nur 60% derer, die mehr als fünf Jahre im Geschäft sind, stimmen der Behauptung zu, Social Media unterstütze den Verkaufsprozess. Ist die Berufserfahrung geringer, sinken die Werte deutlich.

Das bedeutet aber im Umkehrschluss auch, dass man in immer mehr Marketingabteilungen zu dem Schluss kommt, Social Media unterstützt den Verkaufsprozess nicht. Ist das angesichts der Ressourcen, die in diesen Bereich fließen, nicht ein unbefriedigendes Ergebnis? Müsste da nicht mancher die Aktivitäten hinterfragen?

„Kauf mich“ als häufigste Handlungsaufforderung

Ein paar Anmerkungen dazu: Der Verkauf ist ein wichtiges Ziel, auch im Kunst- und Kulturbereich. Viele Kultureinrichtungen und Kulturschaffende stellen vor allem zu Beginn ihrer Aktivitäten das Verkaufen in den Vordergrund. Wenn Sie deren Postings analysieren, werden Sie feststellen, dass ein hoher Prozentsatz mit der Handlungsaufforderung „Kauf mich“ verbunden ist. Diese direkte Aufforderung funktioniert leider nur selten, wir müssen ja nur unser eigenes Verhalten analysieren. Wie oft springen wir als Reaktion auf ein Posting auf und starten einen Kaufprozess? Eher selten, oder?

Das heißt, dieses direkte Bewerben der eigenen Angebote funktioniert oft nicht. Aber Vorsicht, Facebook-Events werden von Kunstsparte zu Kunstsparte ganz unterschiedlich angenommen. Während zum Beispiel im Musikbusiness der direkte (Verkaufs)-Weg über das Facebook-Event ganz gut funktioniert, sieht es im Theater-Bereich völlig anders aus.

Aus diesem Grund macht es Sinn, sich mit der Customer Journey zu beschäftigen. Damit teilen wir den Weg des Users zum Kunden in mehrere kleine Schritte ein. Eine Customer Journey kann zum Beispiel so aussehen:

Quelle Nick Nijhuis: Wikimedia Commons (CC BY-SA 4.0)

Durch den ihnen innewohnenden Multiplikatoreffekt sind die sozialen Netzwerke besonders für die erste und letzte Phase der Customer Journey geeignet. Um erstens die Sichtbarkeit zu erhöhen, was ja auch als das wichtigste Ziel im Social Media Marketing Industry Report genannt wird, und zweitens den „Fans“ die Möglichkeit zu geben, über das Angebot zu berichten und für uns „Werbung“ zu machen.

Facebook, Instagram & Co. als (indirekte) Verkaufshilfe

Als direkte Verkaufsinstrumente spielen die sozialen Netzwerke in diesem Fall keine große Rolle. Aber indirekt sollte man ihre Bedeutung nicht unterschätzen. Viele realisieren gar nicht, dass ihnen Facebook, Instagram & Co eine große Hilfe sind.

Und noch ein Punkt sollte erwähnt werden, wenn es um die Frage geht, warum die Social Media-Aktivitäten rein statistisch gesehen nur so wenig zum Verkaufserfolg beitragen: Vor allem im Kunst- und Kulturbereich wird oft noch auf klassischem Weg verkauft, das heißt, wir haben im Verkaufsprozess einen Medienbruch und können die Nutzer auf ihrer Customer Journey gar nicht durchgehend tracken. Dieser Aspekt wird übrigens auch im Report genannt.

In meinem nächsten Beitrag greife ich dann noch ein paar Zahlen aus dem Social Media Marketing Industry Report heraus und zeige Ihnen, welche Plattformen am häufigsten genutzt werden und wie hoch die Zahl derer ist, die wissen, ob sich Social Media Marketing für sie überhaupt rechnet.

Christian Henner-Fehr
Foto: Karola Riegler

Christian Henner-Fehr lebt und arbeitet als Kulturberater in Wien. Er betreibt das Kulturmanagement Blog und beschäftigt sich aktuell mit den Themen Content Marketing, Social Media und der digitalen Transformation von Organisationen in den Bereichen Kultur und Tourismus. Außerdem entwickelt er Digitalisierungskonzepte für Städte und Regionen. Am Institut für Kulturkonzepte unterrichtet er unter anderem in zwei Seminaren zum Thema Onlinemarketing – im Seminar Online Marketing im Kulturbereich (nächster Termin: 24.-25.5.2019) und im Seminar Social Media für KulturmanagerInnen (nächster Termin: 5.-6.7.2019).

Social Media Marketing
Foto: Tumiso
Kategorie: Der neue Facebook Algorithmus: Gefahr oder Chance?

Der neue Facebook Algorithmus: Gefahr oder Chance?

hands-woman-laptop-notebook.jpg
Foto von Kaboompics // Karolina von Pexels

Warum ist Facebook eigentlich für Kultureinrichtungen und Künstler so interessant? Die meisten schätzen das Netzwerk, weil sie dort nicht nur Menschen erreichen, die sich für ihre Arbeit interessieren, sondern diese auch regelmäßig mit Informationen versorgen können. Marketing ohne Facebook, das ist nur schwer vorstellbar. Aber vielleicht sollten wir beginnen, uns Gedanken über eine (Marketing)-Welt ohne Facebook zu machen.

Der Anlass: Vor einem guten Monat veröffentlichte Mark Zuckerberg ein Posting, in dem er schrieb, dass Facebook vor allem deshalb gegründet worden sei, damit sich Menschen mit ihrer Familie und ihren Freunden vernetzen und austauschen können. Dieses Ziel sei nun in Gefahr, denn

„(.) recently we’ve gotten feedback from our community that public content — posts from businesses, brands and media — is crowding out the personal moments that lead us to connect more with each other.“

Das bedeutete die Abkehr seines bisherigen Zieles, den Usern für sie relevante Inhalte zu zeigen. Stattdessen sollte zukünftig die Interaktion mit guten Freunden im Vordergrund stehen. Die darauf erfolgte Änderung des Algorithmus hat dazu geführt, dass es Postings von Seiten noch schwerer haben, in den Newsfeed der User zu gelangen. Das Resultat sind teilweise gewaltige Einbußen in der Reichweite der Postings.

Wann ist ein Posting relevant?

Was können wir als Seitenbetreiber dagegen tun? Jens Wiese hat in seinem Beitrag „Nach dem Newsfeed Update: Was Facebook jetzt Publishern empfiehlt“ auf AllFacebook.de aufgelistet, nach welchen Kriterien es ein Posting überhaupt in den Newsfeed schafft. Facebook prüft

  1. welche Postings von Freunden und Seiten angeboten werden (Inventory),
  2. ob es Daten gibt, die darauf hindeuten, dass ein Posting relevant ist (Signals),
  3. wie wahrscheinlich es ist, dass der User mit dem Posting interagiert (Prediction) und erstellt dann
  4. ein „relevant score“ für jedes einzelne Posting (Score).

Signale spielen schon immer eine Rolle, seitdem Facebook damit begonnen hat, mit Hilfe eines Algorithmus die wichtigsten Postings für den Newsfeed herauszufiltern. Aber natürlich haben sich die Signale im Laufe der Jahre verändert. Die folgende Folie (hier geht es zur Quelle) zeigt, worauf es jetzt ankommt:

Besonders wichtig sind, so schreibt Wiese, die folgenden Signale:

  • „Eine Person teilt einen Link über den Messenger,
  • Mehrfache Antworten auf den Kommentar einer Person zu einem Video,
  • Interaktionen mit den Fotos oder Beiträgen einer Person und
  • Interaktionen mit einem Publisher Post, der von einer Person geteilt wurde.“

Das bedeutet, es geht nicht um die bilaterale Interaktion mit dem Posting, sondern um die Interaktion zwischen den Usern. Ein Posting wird also dann von Facebook hoch bewertet, wenn es Diskussionen zwischen den Usern auslöst. Dafür muss ich als Seitenbetreiber sehr genau die Bedürfnisse meiner Fans kennen. Gewinnspiele und Postings, in denen es nur darum geht, auf die Schnelle möglichst viele Likes zu generieren, haben hier schlechte Karten und werden zukünftig eine viel geringere Reichweite aufweisen als in der Vergangenheit.

Eigentlich ist das ja keine schlechte Entwicklung, denn es bedeutet für uns User, dass wir von uninteressanten Inhalten verschont bleiben. So sieht es auch Benedikt Böckenförde in einem Gastbeitrag für Horizont Online. Er glaubt, dass Seitenbetreiber dadurch gezwungen sind, noch mehr auf die Nutzerbedürfnisse einzugehen:

„Künftig wird die Qualität der Interaktion, die ein Beitrag auslöst, noch entscheidender dafür sein, dass er organische Reichweite über Facebook erzielt. Reines Engagement-Baiting wird hingegen von Facebook abgestraft.“

Die eigene Website wird wieder wichtiger

Auf der anderen Seite leisten wir durch unser Anpassen an den Algorithmus einer Entwicklung Vorschub, die Rand Fishkin zu Recht kritisiert. In seinem Whiteboard Friday-Vortrag „Should SEOs & Content Marketers Play to the Social Networks‘ „Stay-On-Our-Site“ Algorithms?“ stellt er nämlich fest, dass die sozialen Netzwerke wie Facebook, Twitter, aber auch LinkedIn mit allen Mitteln versuchen, uns als User auf der Plattform zu halten. Wer extern verlinkt, wird dafür abgestraft. Natürlich können wir jetzt versuchen, Tricks herauszufinden, um den Algorithmus zu überlisten. Das funktioniert zum Beispiel, indem Sie den Link auf Ihren Blogbeitrag oder Artikel nicht mehr direkt in das Posting eingeben, sondern als Kommentar anhängen. Ich habe das auf meinem Profil ausprobiert und kann bestätigen, dass es funktioniert.

Aber ganz ehrlich: Wollen wir das? Ist es nicht viel sinnvoller, sich wieder mehr um das eigene Blog, die eigene Website zu kümmern? Dort bedrohen uns keine Algorithmen und wir laufen auch nicht Gefahr, dass unsere Beiträge gelöscht werden. Natürlich haben wir dort vielleicht nicht die Reichweite wie das mal auf Facebook mal der Fall war. Aber gilt nicht auch für den Kulturbereich, was Fishkin sagt?

„I would rather have an email or a loyal visitor or an RSS subscriber than I would 100 times as many Twitter followers, because the engagement you can get and the value that you can get as a business or as an organization is just much higher.“

Das bedeutet nun aber nicht, dass wir uns von Facebook und all den anderen Netzwerken zurückziehen sollten. Auch wenn ich eingangs geschrieben habe, dass nun der Zeitpunkt gekommen ist, sich über die Zeit nach Facebook Gedanken zu machen. Damit möchte ich nur das Überraschungsmoment ausschalten und verhindern, dass es uns unvorbereitet trifft, denn natürlich wird Facebook noch über längere Zeit das führende soziale Netzwerk sein.

Es gilt die richtige Balance zu finden, wie Fishkin es sehr treffend formuliert. Auf der einen Seite rücken wir wieder unsere eigenen digitalen Präsenzen mehr in den Mittelpunkt. Auf der anderen Seite können wir aber auch hinterfragen, wie wir die sozialen Netzwerke bisher genutzt haben. Meist doch nur als reines Werbemedium mit dem Ziel einer möglichst großen Reichweite. Hier ist der neue Algorithmus auf Facebook eine Chance, denn er zwingt uns dazu, mehr auf Interaktionen und auf den Aufbau von Beziehungen zu setzen. So gesehen müssen wir uns davor nicht fürchten, sondern sollten es als Chance sehen. Und das in zweifacher Hinsicht.

Christian Henner-Fehr lebt und arbeitet als Kulturberater in Wien. Er betreibt das Kulturmanagement Blog und beschäftigt sich aktuell mit den Themen Content Marketing, Social Media und der digitalen Transformation von Organisationen in den Bereichen Kultur und Tourismus. Außerdem entwickelt er Digitalisierungskonzepte für Städte und Regionen. Am Institut für Kulturkonzepte unterrichtet er unter anderem in zwei Seminaren unterschiedliche Themen zu Onlinemarketing – im Seminar Marketing im Social Web und im Seminar Content Marketing.

 data-thumb-size

Gefällt mir: