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Kategorie: Marketing: Wie geht es weiter?

Marketing: Wie geht es weiter?

Ein Beitrag von Christian Henner-Fehr

Das Coronavirus oder genauer gesagt Covid-19 hat unser Leben auf den Kopf gestellt. Nichts ist mehr so wie noch vor vier Wochen. Es ist für mich faszinierend zu beobachten, wie plötzlich die Kommunikation im digitalen Raum an Bedeutung gewinnt. Im Augenblick dominiert hier vor allem das Livestreaming. Aber ich hoffe doch, dass wir unsere Wohnungen irgendwann wieder verlassen dürfen. Dann wird Marketing wieder eine größere Rolle spielen. Deshalb geht es in diesem Beitrag um Marketing und mögliche Entwicklungen für die Zeit nach dem Homeoffice.

Das soziale Netzwerk mit den größten Zuwachsraten ist im Augenblick TikTok. Haben Sie schon einen Account bei TikTok? Wenn Sie für Ihr eigenes Marketing oder das einer Kultureinrichtung oder eines Unternehmens zuständig sind, sollten Sie dort einen Blick hineinwerfen. TikTok ist vor einiger Zeit in die Schlagzeilen gekommen, weil dort wohl die chinesische Regierung zensieren lässt und die Verantwortlichen alles dafür tun, um eine schöne, heile Welt vorzugaukeln.

Aber so schön ist diese Welt gar nicht, auch auf TikTok nicht. Die Probleme, die uns als Gesellschaft beschäftigen, werden hier, im Unterschied zu den klassischen Medien, aus Sicht der User*innen thematisiert. Das Coronavirus ist natürlich auch auf TikTok vorherrschendes Thema. Hashtags wie #coronaferien oder #meinhomeoffice liefern tausende von Ergebnissen.

Zu sehen sind dort kurze, leicht konsumierbare Videos, die von den User*innen selbst produziert werden. Die Inhalte sind authentisch und zeigen oft auf witzige, manchmal auch auf tragikomische Art und Weise, was Menschen aus dieser Situation machen. Natürlich können wir jetzt über die Qualität der Postings diskutieren, aber vielleicht ist genau dies das Erfolgsgeheimnis dieser Plattform.

Marketingaktivitäten sieht man zwar immer häufiger, aber sie wirken bis jetzt meist als Fremdkörper. Aber vor allem für die Musikbranche ist TikTok eine spannende Plattform. Immer wieder kann man von Musiker*innen lesen, deren Karriere ihren Anfang auf TikTok nahm. Etliche von ihnen bieten gerade jetzt kurze Liveauftritte an.

Auch Museen sind auf TikTok bereits zu finden, aber sie tun sich natürlich viel schwerer als die Musikbranche. Hier geeignete Konzepte zu finden, wird eine der Herausforderungen sein, vor der die Marketingverantwortlichen in Zukunft stehen werden.

Nicht alle Vorhersagen erweisen sich als richtig

Worauf müssen wir noch in der Zeit nach dem Coronavirus achten, wollen wir erfolgreiches Marketing betreiben? Was beeinflusst den Erfolg? Sind es neue Technologien, neue Formate oder ändert sich das Verhalten derer, die wir erreichen wollen? Trends werden als solche identifiziert, weil sie in der Vergangenheit eine bestimmte Entwicklung genommen haben, die man in die Zukunft fortschreibt. Oft hält sich die Zukunft aber nicht an solche Prognosen.

Augmented und Virtual Reality (AR/VR) beispielsweise stehen laut den Prognosen immer wieder vor dem Durchbruch. Bis jetzt hat es diesen aber noch nicht wirklich gegeben. Aber vielleicht klappt es ja jetzt dann. Warum? Facebook hat für dieses Jahr mit Facebook Horizon eine virtuelle Plattform angekündigt.

Wenn man sich die diversen Pressemeldungen dazu durchliest, wird man schnell an Second Life erinnert. In dieser Meldung wird explizit Bezug auf die virtuelle Plattform genommen, die vor ein paar Jahren als erste den Durchbruch geschafft hat, dann aber schnell wieder in der Versenkung verschwand.

Bei den Live Videos, die häufig als neuer Trend genannt werden, weiß ich gar nicht, ob man sie überhaupt noch als Trend bezeichnen darf. Sie sind ja schon da und funktionieren immer besser, wenn man sich Facebook und Instagram anschaut. Beliebt sind sie, weil sie authentischer wirken als „Hochglanzvideos“. Man hat als User*in das Gefühl, direkt dabei zu sein und vertraut denen, die live und ungeschminkt senden.

Vom Micro- zum Nanoinfluencer

Ich sehe hier auch Potenzial für Kultureinrichtungen, die live von einem Event oder der Vorbereitung dafür berichten. Durch die derzeitigen Ausgangsbeschränkungen finden kulturelle Events nur noch im Wohnzimmer statt und werden von dort live gestreamt. Das ist super und funktioniert im Moment auch sehr gut. Auf diese Weise war die Arbeit nicht ganz umsonst. Aber letzten Endes dürfen die kostenlosen Livestreams nicht zur Regel werden, Geld kommt so nämlich keines herein.

Influencer benötigt man im Moment nur bedingt, viele Menschen interessieren sich momentan für die Online-Angebote von Künstler*innen und Kultureinrichtungen. Aber das wird sich wieder ändern, dann werden die Influencer wieder ein Thema werden. Bis jetzt waren das die „Promis“, die dafür Geld bekamen, wenn sie ein Bild oder ein Video posteten. Aber das Image dieser Influencer hat gelitten, deshalb kam man irgendwann mal auf die Micro-Influencer.

Aber auch denen fehlt der direkte Draht zu ihren Followern, was daran liegt, dass sie mit bis zu 10.000 Followern gar nicht mehr jede/n einzeln/n kennen können. Was zu Lasten von Engagement und Authentizität geht. Deshalb beginnt sich das Marketing gerade für die Nano-Influencer zu interessieren. Bei ihren Postings geht es nicht um finanzielle Ziele, sondern um das Bedürfnis, Dinge, die einem wichtig sind, an das eigene Netzwerk zu posten. Vereinfacht gesagt ist das Marketing nach den Menschen, die aus intrinsischen Gründen Informationen in welchem Format auch immer verbreiten. Überwiegen extrinsische Motive, zum Beispiel Geld, dann gehen Authentizität und Engagement meist recht schnell verloren.

Für den Kunst- und Kulturbereich ist das eine gute Entwicklung. Die Bezahlung von Influencern konnte sich eigentlich keine Kultureinrichtung so wirklich leisten, insofern war das für die wenigsten überhaupt ein Thema. Aber es gibt sehr, sehr viele Menschen, die sich für Kunst und Kultur interessieren und das auch gerne zum Ausdruck bringen. Zum Beispiel über die sozialen Netzwerke.

Ich kann sie sogar unterstützen, indem ich ihnen Content zur Verfügung stelle, den sie dann nutzen dürfen. In diesem Zusammenhang macht es Sinn, sich über kommende Formate Gedanken zu machen. Dazu gehört zum Beispiel die Übermittlung von Inhalte mit Hilfe von Sprache. Dass Voice Search schon mehr als ein Trend ist, wissen Sie vermutlich bereits. Mehr als 20% der Suchanfragen werden mittlerweile gesprochen.

Voice Content für das Marketing

Interessant ist Sprache aber darüber hinaus auch für das Content Marketing. Immer mehr Geräte kommen auf den Markt, die keinen Bildschirm haben. Das bekannteste von ihnen ist wohl Alexa. Mit der Sprachassistentin erreichen Sie die Menschen direkt bei sich zu Hause. An einem Ort, an dem sie hoffentlich nicht im Arbeitsstress sind, sondern Zeit und Muße haben, um sich etwa mit Kunst und Kultur zu beschäftigen.

Sie können entweder eigene Inhalte schaffen, zum Beispiel in Form eines Podcasts. Aber es gibt auch zahllose Radiosender, die sich mit Kunst und Kultur beschäftigen. Einige von ihnen experimentieren seit einiger Zeit mit Alexa. Mal abgesehen von der Möglichkeit, praktisch jeden Radiosender auf diesem Weg zu hören, verfolgen sie das Ziel, den Hörer*innen ganz gezielt Angebote zu machen.  SWR3 zum Beispiel bietet die Möglichkeit, die von diesem Radiosender produzierten Podcasts über Alexa abrufen und hören zu können.

Und zum Schluss: Personalisierung und …

Zwei Trends sind in meinen Augen noch für den Kunst- und Kulturbereich wichtig: Erstens wird die Personalisierung ein immer wichtigeres Thema. Als Konsument*innen erleben wir das immer häufiger und schätzen die Vorzüge dieser Form von Customer Experience. Plattformen wie Amazon, Netflix oder Spotify zeigen, welche Vorteile das bringen kann. Nun lässt sich vermutlich kein Kulturbetrieb mit den genannten Plattformen vergleichen. Aber ansatzweise funktioniert die Personalisierung auch im Kleinen.

Ich experimentiere zum Beispiel auf meiner WordPress-Seite mit dem Plugin Logic Hop. Damit können Sie zum Beispiel dafür sorgen, dass Informationen zu einer Veranstaltung nur innerhalb der Region gesehen werden können, in der das Event stattfindet. Sie haben die Möglichkeit, diejenigen mit einer Willkommensnachricht zu begrüßen, die zum ersten Mal Ihre Website besuchen und Sie können personalisierte Landing Pages bauen.

… SEO

Der zweite und letzte Trend, den ich noch ansprechen möchte, hat mit der Suchmaschinenoptimierung zu tun. Wir alle, die wir eine eigene Website haben, verfolgen das Ziel, mit möglichst vielen Schlagworten auf Platz eins im Suchmaschinenranking zu gelangen. Aber das reicht nicht mehr, in Zukunft kämpfen wir um den Platz Null und die sogenannten Feature Snippets, die auf den Ergebnisseiten von Google zu finden sind.

Hier sehen Sie das Beispiel „Knowledge Graph“. Oben finden Sie einen Infokasten, in dem der Begriff in englischer Sprache erklärt wird, rechts im Kasten ist die deutsche Übersetzung des englischsprachigen Wikipedia-Eintrags. An erster Stelle beim Suchbegriff „Knowledge Graph“ steht eigentlich ein Beitrag der Website https://www.sem-deutschland.de. Google versucht aber darüber  – der Position Zero“ – und daneben Informationen anzubieten. Diese stammen wie auch bei unserem Beispiel oft aus Wikipedia-Artikeln. Immer häufiger kommen sie aber auch von „ganz normalen“ Websites. Das Ziel im nächsten Jahr wird lauten, dort mit den eigenen Inhalten aufzutauchen.

Einen Nachteil hat diese Entwicklung aber auch, ich will sie nicht verschweigen: Agiert Google weiter so, wird es immer schwieriger, die User*innen auf die eigene Seite zu locken. Sie finden auf Google ja bereits alle wichtigen Informationen. Trotzdem muss es aber natürlich das Ziel sein, möglichst oft ganz, ganz oben zu stehen.

Vielleicht finden Sie ja gerade jetzt Zeit, sich mit dem einen oder anderen Trend zu beschäftigen. Falls Sie Fragen dazu haben, melden Sie sich doch, am besten in Form eines Kommentars.

Foto: Rainer Schoditsch
Christian Henner-Fehr lebt und arbeitet als Kulturberater in Wien. Er betreibt das Kulturmanagement Blog und beschäftigt sich aktuell mit den Themen Content Marketing, Social Media und der digitalen Transformation von Organisationen in den Bereichen Kultur und Tourismus. Außerdem entwickelt er Digitalisierungskonzepte für Städte und Regionen.
Foto: Cyber Glasses | Pixabay
Foto: Cyber Glasses | Pixabay

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