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Kategorie: Social Media muss nicht immer Werbung sein

Social Media muss nicht immer Werbung sein

Ein Beitrag von Christian Henner-Fehr

Stehen Sie auch vor der Herausforderung, sich selbst und Ihre Angebote bekannter zu machen? Dann kommen Sie um Social Media Marketing nicht herum. Dank der diversen sozialen Netzwerke haben Sie die Möglichkeit, einerseits viele User*innen direkt zu erreichen und andererseits auf den Multiplikatoreffekt zu setzen.

Aber das wissen Sie vermutlich schon und bewerben Ihre Angebote schon länger über die verschiedenen Netzwerke. Allerdings haben Sie, so Sie schon länger dort aktiv sind, sicher festgestellt, dass das nicht mehr so gut funktioniert, wie das früher der Fall war. Das liegt unter anderem daran, dass im Laufe der letzten Jahre immer mehr Unternehmen, aber auch Kultureinrichtungen und Kulturschaffende auf diesen Zug aufgesprungen sind. Die Menge an Content ist immer größer geworden. Die Zeit derer, die diese Inhalte konsumieren sollen, ist aber gleich geblieben. Das heißt, für viele Inhalte, die uns interessieren könnten, reicht die Zeit nicht.

Dieses Problem versuchen viele Netzwerke mit Hilfe von Algorithmen zu lösen, indem sie die Inhalte priorisieren. Jede User*in soll die für sie relevanten Inhalte in ihrem Newsfeed vorfinden, lautet das Ziel. Lassen wir die Frage, ob das wirklich funktioniert, mal offen. Fakt ist aber, dass es allein schon aus diesen beiden Gründen schwieriger geworden ist, mit seinen Inhalten auf sich aufmerksam zu machen.

In einem Beitrag für das BetterMarketing-Blog vertritt Sinem Günel die These, dass es bis vor kurzem noch möglich war, mit Hilfe von Werbung gegenzusteuern. Das funktioniere aber nicht mehr so einfach. Heute sei es nötig, Vertrauen zu schaffen und Beziehungen aufzubauen:

„People want to relate to whatever you are doing, and they won’t spend either money nor their attention on your social profiles if you don’t give them a proper reason to do so“,

behauptet sie in „5 Essential Social Media Strategies to Focus on in 2020“. Geld allein würde heute gar nicht mehr helfen, schreibt sie weiter. Stattdessen müsse man wissen, wie die sozialen Netzwerke funktionieren und sich an einige Regeln halt

Auf Community-Building setzen

Günel meint, in der Vergangenheit hätte es schon gereicht, die Menschen mit Hilfe von (bezahlter) Werbung auf sich aufmerksam zu machen. Heute gelte es, Beziehungen zu diesen Menschen aufzubauen und eine Vertrauensbasis zu schaffen. Das stimmt in meinen Augen nur teilweise. Erstens ist der Community-Gedanke schon seit vielen Jahren wichtig und zweitens geht es nicht um den Aufbau von bilateralen Beziehungen, sondern um ein multilaterales Netzwerk. Das Ziel ist nicht, dass sich alle mit mir verbinden, sondern auch untereinander.

Chris Brogan hat das in seinem Blogbeitrag „Audience or Community“, der bereits 2009 erschienen ist (daran erkennt man, dass das Thema nicht so neu ist), sehr schön auf den Punkt gebracht:

„(.) if all you’re hoping to achieve through building community is to sell more products, that might not be the best way to consider the problem. Communities don’t sell product. Communities empower users of products or services, or people with like-minded interests to interact.“

Wenn es dann um die Frage geht, wo sich die Mitglieder der Community austauschen können, hat Günel recht, wenn sie dafür Gruppen auf Linkedin oder Facebook empfiehlt. Natürlich ist es von Vorteil, wenn Sie dafür eine eigene Gruppe betreiben. Aber oft lohnt es sich auch, einen Blick auf andere Gruppen zu werfen und diese dann zu „kapern“. Damit meine ich nicht, dass sie die Admins der Gruppe vertreiben sollen, sondern dass sie die Tatsache nutzen, dass da bereits einige hundert oder tausend Menschen sind, die sich für Themen interessieren, die auch für Ihre Arbeit relevant sind.

Anreize schaffen

Sie kennen sicher genügend Beispiele, wie Unternehmen und auch Kultureinrichtungen Anreize schaffen, damit jemand die Angebote annimmt oder zumindest seine Kontaktdaten herausrückt. Das kostenlose eBook oder irgendein Template, oder ein vergünstigter Eintritt in ein Konzert.

Nun können Kultureinrichtungen nicht ständig kostenlose eBooks produzieren. Die Frage ist auch, ob der Mehrwert darin besteht, dass das eBook kostenlos ist oder ob der Inhalt so wertvoll ist. Ich glaube ja, dass im Kulturbereich mehr die Inhalte zählen. Ob das nun ein eBook, ein Blog oder Beiträge auf Instagram sind, ist unter Umständen gar nicht so wichtig. Entscheidend ist, dass die User*innen Ihnen ihr Vertrauen schenken und es gelingt eine Beziehung aufzubauen. Die spielt dann eine Rolle, wenn es darum geht, Ihr Angebot anzunehmen. Je besser die Beziehung, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass jemand Ihr Angebot annimmt.

Auf User Generated Content setzen

Diese Beziehung können Sie verbessern, wenn Sie die User*innen einbeziehen. User Generated Content ist ein mittlerweile bewährtes Konzept, um Nähe zu schaffen. In meinen Augen trauen die meisten Kultureinrichtungen ihren User*innen zu wenig zu.

Ein schönes Beispiel, was möglich ist, war der vom Burgtheater organisierte Twittertheaterabend „Vorstellungsänderung“. Die Vorstellung spielte sich nur in den Köpfen der Twitter-Nutzer*innen ab und realisierte sich allein durch die geposteten Tweets.

Klar ist, das ist dann nicht mehr eine „Inszenierung“ des Theaters, sondern eine vielstimmige, an der in diesem Fall jede Menge Twitter-User*innen beteiligt waren. Diese Vielstimmigkeit ist ein Aspekt, der eigentlich kaum Erwähnung findet. Für Kultureinrichtungen, die nicht im Elfenbeinturm landen wollen, liegt darin vielleicht der Schlüssel für eine größere Akzeptanz.

Die nigerianische Schriftstellerin Chimamanda Adichie hat vor einigen Jahren im Rahmen der TED-Talks einen hochinteressanten Vortrag gehalten. Darin warnt sie vor der Gefahr einer einzelnen Geschichte.

 

Wichtig sei es, ein Thema aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten, um die vielen Aspekte dieses Themas herauszuarbeiten. Adichie erzählt von ihren Studienkolleg*innen in den USA, die über ihr gutes Englisch erstaunt waren. Dass das dort Amtssprache ist, wissen nur die wenigsten. In den westlichen Ländern werfen wir gerne alle afrikanischen Länder in einen Topf und sprechen dann ganz allgemein von Afrika. Adichie beschreibt, dass sie erst in den USA begonnen hat, sich als Afrikanerin zu fühlen. Davor war sie Nigerianerin.

In meinen Augen wäre es ein spannender Ansatz, wenn Kultureinrichtungen nicht nur Geschichten aus ihrer singulären Sicht erzählen, sondern die Perspektiven anderer Menschen oder auch Institutionen einfließen lassen. Diese Vielstimmigkeit würde der Komplexität unserer Welt vermutlich viel eher gerecht werden als eine einzelne Geschichte und gäben Kultureinrichtungen die Chance, relevanter für ihre Communitys zu werden.

 

Christian Henner-Fehr lebt und arbeitet als Kulturberater in Wien. Er betreibt das Kulturmanagement Blog und beschäftigt sich aktuell mit den Themen Content Marketing, Social Media und der digitalen Transformation von Organisationen in den Bereichen Kultur und Tourismus. Außerdem entwickelt er Digitalisierungskonzepte für Städte und Regionen.

Am Institut für Kulturkonzepte unterrichtet er unter anderem das Seminar Projektplanung. Der nächste Termin dieses Seminars ist von 5.-7. November 2020 und findet online statt. Hier können Sie sich dafür anmelden!

Foto: Bamagal | Unsplash
Foto: Bamagal | Unsplash

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