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Kategorie: Kulturvermittlung – Vorwärts in die Vergangenheit?

Kulturvermittlung – Vorwärts in die Vergangenheit?

Ein Beitrag von Wencke Maderbacher

Nun können viele Kulturinstitutionen wieder aufsperren und langsam wieder zur ”Normalität” zurückkehren. Aber was bedeutet diese Normalität für die Kulturvermittlung?

Als die Kulturinstitutionen von einen Tag auf den anderen wegen der Covid 19 Pandemie schließen mussten, kam der Kulturvermittlung plötzlich viel Aufmerksamkeit zu. Denn sie besitzt nicht nur die Kompetenzen zu informieren, sondern die Inhalte auch zielgruppengerecht zu vermitteln – nun eben digital. Innerhalb weniger Tage wurde zahlreiche Programme online umgesetzt und mittels Hashtags verbreitet, z.B. #closedbutactive oder #museumandchill. Manche Programme wurden in altbekannten Formaten abgehalten, z.B. klassische Führungen durch Ausstellungen oder KuratorInnen-Gespräche; andere haben ihrem Publikum einen offenen Gestaltungsspielraum zur Verfügung gestellt. Eines der bekanntesten Beispiele wurde hier die niederländische Aktion #tussenkunstenquarantaine, bei der Menschen aus der ganzen Welt ihre Lieblingsbilder als Tableau-Vivant zuhause nachstellen.

Aber nicht nur die Kompetenz der Kulturvermittlung bekam Aufmerksamkeit, sondern auch die unsicheren Verträge in der Branche. Hingen doch viele VermittlerInnen zu Beginn der Schließungen komplett in der Luft. Viele KulturvermittlerInnen arbeiten immer noch mit Verträgen, bei denen die Bezahlung von jeder einzelnen Buchung abhängig ist. Als alle Führungen, Workshops und Programme storniert wurden, standen viele von einem Tag auf den anderen vor dem Nichts. Und das gerade zu Saisonbeginn im Frühjahr, wenn es normalerweise erst richtig los geht mit Touristen und Buchungen. Es hat einige Wochen gedauert, bis eine Übergangslösung für KulturvermittlerInnen gefunden wurde und es zumindest kleine Abschlagszahlungen für die Branche gab.

Wollen wir wirklich zu dieser Normalität zurückkehren? Sollte man dieses notgedrungene Innehalten nicht eher dafür nützen, um umzudenken? Innerhalb der Kultureinrichtungen, indem man darüber nachdenkt, wie Verträge, Anstellungsverhältnisse und Organisation anders gedacht werden können und die gute Kollaboration zwischen den verschiedenen Funktionen innerhalb der Kultureinrichtungen auch nach der Öffnung weiter beibehalten werden kann.

Sowie extern mit unserem Publikum, dem viele Kulturinstitutionen ganz neue Möglichkeiten der Interaktion und Teilhabe öffneten. Ein Plus ist hier bestimmt die neue Reichweite – man kann den Programmen, Vorträgen und Führungen beiwohnen, ohne in der jeweiligen Stadt sein zu müssen. Hier entstanden in nur drei Monaten fantastische, kreative Ideen und Projekte. Es wäre spannend diesen Weg weiterzuverfolgen und zu sehen, was sich hier über einen längeren Zeitraum entwickeln kann, was bestehen bleibt und wieder verschwindet, nun da sich alle Türen wieder öffnen.

Wencke Maderbacher leitet die Abteilung Vermittlung im Moesgaard Museum, Højbjerg, Dänemark, außerdem ist sie ICOM CECA Europe Coordinator und Coordinator of CECA Special Interest Group for Professional Development of Museum Educators.

Am Institut für Kulturkonzepte unterrichtet sie das Seminar Kulturvermittlung-vor Ort und Online. Der nächste Termin dieses Seminars ist am 27.-28. Juni 2020 und findet online via zoom statt. Melden Sie sich an, es gibt noch wenige freie Plätze!

Foto: Wencke Maderbacher by Verena Wieser
Foto: Wencke Maderbacher by Verena Wieser

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