Als Absolventin der beiden Lehrgänge Kulturmanagement und Kulturvermittlung sowie mehrerer Einzelseminare und -coachings bin ich sozusagen schon ein „alter Hase“ am Institut für Kulturkonzepte.
2007 begann ich an der Universität Wien Musikwissenschaft und Komparatistik zu studieren sowie am Prayner Konservatorium Klavier und Dirigieren. Ein konkretes Berufsbild oder -ziel hatte ich damals längst noch nicht vor Augen. Nach zahlreichen Praktika in Museen, Künstler- und Kommunikationsagenturen habe ich mich dann für eine Spezialisierung im Bereich Kultur- und Eventmanagement entschieden und besuchte u. a. einen Lehrgang in Rom. Daraufhin kam ich nach Wien zurück und begann im März 2014 mit dem Kulturmanagement-Lehrgang am Institut für Kulturkonzepte. Daraus ergab sich dann auch meine erste fixe Stelle, nämlich die Position als Assistentin im Künstlerischen Betriebsbüro der Vier Neuen Säle im Wiener Musikverein, wo ich bis heute tätig bin. Es war also ein relativ steiniger und von Umwegen geprägter Weg bis dorthin. Als Nicht-Wienerin haben mir vor allem lokale Kontakte und Ansprechpersonen gefehlt und für die Netzwerk-Möglichkeiten am Institut für Kulturkonzepte bin ich bis heute sehr dankbar. Im Zuge der Seminare entstanden Bekanntschaften und vor allem Freundschaften, die bis heute andauern.
Als Mitarbeiterin im Betriebsbüro bin ich mit vielseitigen Aufgaben betraut, von grafischer Gestaltung der Drucksorten, Probendisposition, Verträgen und Honoraren bis hin zur Programmheftredaktion. Auch als ich bereits berufstätig war, besuchte ich noch einzelne Seminare am Institut für Kulturkonzepte, die für meine Tätigkeitsbereiche aktuell waren und spezielle Bedürfnisse und Fragen abdeckten, so z. B. „Kulturmarketing“ und „Audience Development“. Besonders mag ich an meiner Arbeit im kulturellen Bereich, dass jedes Projekt/Konzert an sich eigene Herausforderungen bietet und es stets abwechslungsreich und spannend bleibt. Auf jeden Fall sollte man flexibel und neugierig bleiben, wobei auch eine gehörige Portion Idealismus nicht fehlen sollte.
Im Herbst 2015 gründete ich zusammen mit einer befreundeten Opernsängerin unseren ersten eigenen Verein, den Kulturverein Musica et Theatrum, mit dem wir bereits zahlreiche Konzerte über bzw. auf die Bühne bringen konnten. Hier konnte ich vor allem auf die Inputs aus den Seminaren zu den Themen Sponsoring und öffentliche Förderungen zurückgreifen – Themen, die heutzutage immer wichtiger werden. Zu unseren aktuellen Projekten gehören zwei Konzerte – am 4. und am 29. im Mai 2017. Dazu lade ich Sie herzlich ein!
Weitere Infos finden Sie auf der Website unseres Vereins.
Kategorie: Finden, liken, teilen – Der Kulturmanagement Tag 2017
Finden, liken, teilen – Der Kulturmanagement Tag 2017
Ein Beitrag von Ulli Koch
Fotos: Laura Hörzelberger und Corinna Eigner
Die digitale Welt: Wir bewegen uns darin, posten, laden Bilder hoch, schreiben Texte, erstellen Events und versuchen, unsere kulturellen Projekte oder die Kultureinrichtungen für die wir arbeiten, öffentlichkeitswirksam zu vertreten. Doch so geschickt wir darin auch sind oder zu sein glauben, es gibt einiges, das es zu beachten gilt. Um sich mit der Herausforderung der digitalen Kommunikation im Kulturbereich näher zu beschäftigen, lud das Institut für Kulturkonzepte am 5. April 2017 zum Kulturmanagement Tag, der ganz im Zeichen des Findens, Liken und Teilens stand.
Eröffnet wurde der Tag von Marketingexpertin Karin Wöhrer, die in der digitalen Kommunikation die Möglichkeit sieht, mit den KundInnen in Interaktion zu treten. Bevor dies jedoch erfolgen kann, heißt es zunächst intern zu planen. Konkret bedeutet dies, einen Marketingplan inklusive -Maßnahmen zu erstellen und intern das Wording und die Herangehensweise an ein Thema oder ein spezifisches Projekt festzulegen. Der erste Schritt besteht darin, Ziele zu definieren, die anschließend auch gemessen werden können. Diese Ziele können finanzieller, strategischer, zeitlicher, sozialer oder persönlicher Natur sein. Bereits bei diesem ersten Schritt ist es wichtig, einen Posting-Plan zu erstellen, der dabei hilft den Überblick zu bewahren sowie eine optimale Abstimmung der einzelnen Postings ermöglicht. Der zweite Schritt führt zur immer langfristig ausgelegten Marketingstrategie. Diese ist, so Wöhrer, „schillernd und facettenreich“ und erzählt eine Geschichte.
Nun heißt es im dritten Schritt Content zu generieren, der informieren, beraten aber auch unterhalten soll. Der Content soll dazu genutzt werden, um den Weg der Geschichte nachzuzeichnen. Das bedeutet auch, dass dahinter eine Dramaturgie steht, die der Geschichte eine zusätzliche Dimension verleiht und die vorher definierte Zielgruppe begleitet. Was jedoch bei aller Planung nicht vergessen werden darf, ist der Abspann. Ein Projekt sollte niemals abrupt enden, sondern die Geschichte sollte bis zum Ende erzählt werden. Zu guter Letzt heißt es im letzten Schritt eine Marke zu generieren. Dazu zählen Corporate Design, Behaviour und Communication, die miteinander abgestimmt werden und dabei helfen, eine konsistente Geschichte zu erzählen.
Karin Wöhrer
Social Media Marketing Experte Christian Henner-Fehr nahm die Anwesenden auf einen kleinen Ausflug in die Zukunft mit. Da Menschen zunehmend über Messaging Systeme miteinander kommunizieren, werden zunehmend sogenannte Chatbots gefragt sein, die als automatisierte KommunikationspartnerInnen in Interaktion mit NutzerInnen treten. Chatbots sind relativ kostengünstig zu programmieren und ermöglichen z.B. TheaterbesucherInnen Informationen zu einem Stück, die Saalauslastung, weitere Termine, etc. zu informieren. Die Idee dabei: NutzerInnen suchen sich diese Informationen nicht mehr selbst raus, sondern stellen ihre Frage einem Chatbot, der in Analogie zu realen Menschen Antworten gibt. Nur die Fragen der NutzerInnen müssen vorher herausgefunden werden…
Zurück in die Gegenwart widmete sich Christian Henner-Fehr dem Storytelling. Auch seine Devise lautet planen, planen, planen, daher ist es bei jedem Storytelling wichtig, zunächst die Bedarfsgruppe zu definieren. Dabei handelt es sich um fiktive Personenprofile anhand derer die Bedürfnisse von Menschen abgeleitet werden können und warum sie eine Kultureinrichtung besuchen bzw. nicht-besuchen. Von diesen Bedürfnissen wird anschließend die Ausrichtung des Contents abgeleitet, also ob dieser eher Informationen, Unterhaltung, Wissen und Reflexion oder Werte ansprechen soll. Im Idealfall werden alle Ebenen angesprochen, wobei eine Schwerpunktsetzung durchaus Sinn macht.
Schließlich geht es im nächsten Schritt darum, die Customer Journey nachzuzeichnen, den Weg, den KundInnen einschlagen, um zu Informationen zu gelangen. Es ist sehr fein, einen wunderschön gestalteten Blog zu haben, jedoch muss dieser auch gefunden werden. Daher definiert man vorab sogenannte Touch Points. Diese können z.B. in einer Facebook-Gruppe sein, die sich thematisch mit meinem Thema beschäftigt und daher bereits zu überwiegenden Teilen mit meiner Zielgruppe übereinstimmt. Um gefunden zu werden, braucht es aber noch mehr. Keywords helfen dabei, dass Suchmaschinen die Inhalte finden. AdGrants von Google ermöglichen auch kleineren Initiativen, Projekten und Einrichtungen die notwendige Werbepräsenz zu verleihen.
Christian Henner-Fehr
In die Welt der Geschichten tauchte auch Anne Aschenbrenner ein, Kulturjournalistin und Social Media Expertin. Sie widmete sich dem Bloggen, das für Kultureinrichtungen und -Initiativen eine wichtige Rolle bei der Positionierung darstellt, sowie um KundInnen zu gewinnen und zu halten. Dazu gehört auch eine Prise Selbstdarstellung, das heißt, sich bereits im Vorfeld zu überlegen, wie man als Einzelperson, Einrichtung oder Projekt wirken möchte. Ebenfalls wichtig ist, rund um den Blog Content aufzubauen, der dabei hilft, dass der Blog überhaupt gefunden wird, was z.B. durch einen Twitter Account oder eine Facebook Fanpage passieren kann. Empfehlenswert sind auch sogenannte Blogparaden, bei denen eine Person oder Gruppe ein Thema vorgibt, zu dem dann viele Menschen schreiben und deren Posts zentral gesammelt werden.
Auch Anne Aschenbrenner arbeitet nach der Devise planen, planen, planen und sich vorher schon zu überlegen, was, wann, wo gepostet werden kann. Und nicht den Mut verlieren! Selbst wenn man das Gefühl hat, gerade zu Beginn ins Leere zu kommunizieren. Es dauert immer ein bisschen, bis Blogs gefunden werden, jedoch kann man gerade im Kulturbereich mit einer hohen Bindung rechnen.
Anne Aschenbrenner
Welchen Nutzen und Mehrwert Apps für den Kulturbereich haben, wurde in der anschließenden Podiumsdiskussion diskutiert. Ein Beispiel für eine solch gelungene App ist KHM Stories, die die NutzerInnen anhand verschiedener Touren durch das Kunsthistorische Museum Wien führt. Durch den interaktiven Charakter dieser Tour haben die BesucherInnen die Möglichkeit, Kunst auf einer weiteren Ebene kennenzulernen und anders mit Kunstwerken in Interaktion zu treten. Ebenfalls äußerst erfolgreich ist die App Ticket Gretchen, die auf sehr unkomplizierte und intuitive Art ermöglicht, Theaterkarten zu kaufen und zu bezahlen.
Bei der Planung einer App sollte man jedoch, so Wolfgang Schreiner, Geschäftsführer von NOUS, realistisch vorgehen. Aus seiner persönlichen Erfahrung mit der Entwicklung von Apps für Kulturbetrieben berichtete er, dass die Gestaltung und Programmierung einer App bis zu vier Jahre dauert, also nur ein langfristiges Ziel für Kultureinrichtungen sein kann – und dadurch auch ein starkes Commitment und langem Atem im gesamten Haus braucht.
Podium zu Kultur-Apps
In ihrem Tun bestärkt, mit neuen Ideen und prallgefüllt mit Wissen haben die BesucherInnen des Kulturmanagement Tages schließlich die Veranstaltung ausklingen lassen. Entscheidend bei jeder digitalen Kommunikation ist der Entwurf eines Plans, der so genau wie möglich und so flexibel wie nötig die Kommunikationsmaßnahmen erfasst. Dieser hilft dann bei der Abstimmung im Team und ermöglicht zugleich auch im stressigen Arbeitsalltag Postings zu haben, die entweder automatisch publiziert oder schnell gestaltet werden können. Abschließend sei erneut auf Anne Aschenbrenner verwiesen und ihren Ausspruch, nicht den Mut zu verlieren. Authentisch kommunizieren, glaubhaft und mit viel Herzblut dabei sein, dann stellen sich zunehmend auch FollowerInnen ein, die dafür sehr treu sind.
Kategorie: „Man darf auch ruhig mal Fehler machen.“ Tanja Praske spricht über Social Media für Kultureinrichtungen
„Man darf auch ruhig mal Fehler machen.“ Tanja Praske spricht über Social Media für Kultureinrichtungen
Wenn es um digital-analoge Kulturvermittlung geht, vor allem um jene von Museen, ist Tanja Praske eine der ersten Ansprechpartnerinnen. Auf ihrem Blog “KULTUR – MUSEUM – TALK“, den sie selbst als Experimentierfeld betrachtet, schreibt sie über mögliche, erfolgreiche und auch mal gescheiterte Kommunikationsstrategien. Sie bleibt dabei neugierig und offen für neue Ideen. Im Gespräch geht sie näher auf den Nutzen von Social Media sowohl für BesucherInnen als auch für Kulturinstitutionen ein.
Welchen Nutzen hat der Einsatz von Social Media für Kultureinrichtungen?
Social Media bietet einen geeigneten Anhaltspunkt um Branding voranzutreiben und dieses Branding selbst in der Hand zu haben. Kultureinrichtungen bzw. spezifischer Museen werden darüber zum Self-Publisher. Das bedeutet je nach Social Media Kanal der bespielt werden soll, verschiedenen Content zu haben. Im Idealfall gibt es einen Blog, der das Herzstück der Social Media Aktivitäten ist, das heißt, von hier geht alles aus, hierhin kommt alles zurück. Das betrifft die Kommunikation und das Marketing.
Betrachtet man das Menschliche, für das „Social“ steht, dann bedeutet das die Chance, mit BesucherInnen in einen engen Austausch zu kommen. Im Idealfall hat das Verhalten der BesucherInnen eine Auswirkung auf neue analog-digitale Vermittlungskonzepte und Kommunikationsmaßnahmen. So erreicht man mehr Bindung ans Haus. Das Museum muss dabei aber zweierlei berücksichtigen: Erstens, Social Media ist kein Pressekanal. Das funktioniert nicht. Es gibt bereits zu viele Inhalte und Terminvorschläge, da selektieren die NutzerInnen sehr stark. Zweitens, eine Kultureinrichtung muss die BesucherInnen ernst nehmen, also nicht einfach nur als „Klick-Vieh“ betrachten.
Den Video-Beitrag zur Ausstellung „Schöner Schein“ können Sie hier anschauen: http://bit.ly/2nbkbfO
Und welchen Nutzen hat es für BesucherInnen?
Es ist eine andere Möglichkeit sich mit Kultur vertraut zu machen. Vielleicht auch Kultur als einen eigenen wichtigen Lebensbestandteil zu begreifen. Das funktioniert natürlich nur, wenn das Museum den Transfer von seinem Auftrag Sammeln-Bewahren-Forschen-Ausstellen-Vermitteln hin zu den Fragen der Gegenwart schafft. Hat das Museum eine Antwort darauf? Oder kann es eine Plattform zum Austausch bieten? Kann es einen ethischen Diskurs eingehen? Ein Museum kann integrativ wirken, insofern es in der Gesellschaft verankert und Bestandteil von dieser ist. Museen müssen heute eine andere Rolle finden als jene, die sie vor zehn oder 15 Jahren eingenommen haben. Es geht darum, Verantwortung in der Gesellschaft zu übernehmen und diese Verantwortung einzufordern. Dazu zählt, dass BesucherInnen und ihre Fragen ernst genommen werden. Es geht nicht darum, von oben zu belehren bzw. belehrt zu werden.
Wie kann dieses „Ernstnehmen“ genau aussehen?
Das Museum muss auf die Bedürfnisse der Menschen eingehen. Es darf dabei gerne Bedürfnisse wecken. Es bietet unterschiedliche Zugänge zu den Werken an, die auf die jeweiligen BesucherInnen abgestimmt sind. Wichtig ist dabei, BesucherInnen mit Dingen oder Fragen aus der eigenen Wirklichkeit zu konfrontieren oder sie etwas vor Ort machen zu lassen, sprich interaktive Formate zu offerieren. Ein aktuelles Beispiel ist die Ausstellung „Schöner Schein“ im Deutschordensmuseum Bad Mergentheim: „Selfie-Stationen“ laden die BesucherInnen zum Mitwirken ein – ein spielerischer Zugang, um sich mit Inhalten auseinanderzusetzen. Für manche BesucherInnen endet das auf dieser Ebene, andere wiederum nutzen weitere Ebenen, die das Museum bietet, z. B. Materialien und Inhalte, die von zu Hause aus zugänglich sind. Über Social Media Kanäle kann der Kontakt zu den BesucherInnen gehalten werden. Hier wäre es wünschenswert, dass das Museum Reaktionen über die Social Media Kanäle ernst nimmt und darauf eingeht, also tatsächlich kommuniziert und Social Media nicht einfach als Werbekanal verwendet. Die Ausstellung „Like it“ im Essl Museum hat damals für Furore gesorgt. Da konnten die BesucherInnen vorab aus einer Vorauswahl die Ausstellung via Like zusammenstellen. Das ist ein guter Zugang, der zwar eher Kulturschaffende erreicht hat, aber es ermöglicht weiterzudenken, wie „normale“ BesucherInnen eingebunden werden können.
Kann durch den Einsatz von Social Media auch Community Building entstehen?
Klar. Wichtig dabei ist der Zusatz „analog-digitale Kulturvermittlung“. Fakt ist, das Digitale ersetzt nicht den realen Besuch. Es kann aber Lust darauf machen. Es kann Lust zum Nachdenken, auch im Netz, bewirken. Eine Community kann digital aufgebaut werden, nachhaltig wird sie aber erst im Analogen. Das kann über Tweetups, Tweetwalks, Instawalks, Community-Abende oder -Treffen geschehen, bei denen man im Anschluss einer Führung mit Menschen zusammen an einem Tisch sitzt und über Gedanken, Ideen sowie die Ausstellung oder über diese hinaus spricht. Wenn das Museum da mitwirkt, wird der Zusammenhalt enger. Die Menschen sprechen im Netz so oder so über das Haus, über eine Ausstellung. Die Frage ist nun, möchte sich das Museum da einschalten, moderieren oder mitdiskutieren? Macht es letzteres, dann kann es eine Community aufbauen. Kann es das alleine nicht leisten, dann mögen VermittlerInnen dabei helfen. Sie bringen ihr Netzwerk mit oder coachen das Museum dabei, wie eine analog-digitale Führung erfolgreich ist, je nachdem welcher Kanal im Vordergrund stehen soll.
Das bedeutet zu überlegen, welches Medium möchte ich bespielen und dementsprechend die Vermittlung aufstellen.
Genau. Und man darf auch ruhig mal Fehler machen, man sollte nur daraus lernen. Eine Instagram-Gruppe so zu führen, wie man eine reguläre Gruppe mit 45-minütigen Vortrag führt, das funktioniert nicht. Sie haben einen anderen Fokus, es geht um das perfekte Bild, das muss sich die Institution bewusst sein. Eine Führung für BloggerInnen, TwittererInnen und SnapchatterInnen sieht wieder ganz anders aus. Bei allen analog-digitalen Vermittlungsformaten ist es wichtig, Hashtags festzulegen. Das sehen Andere im Web, vielleicht wird darüber ihre Lust auf einen Museumsbesuch geweckt.
Was waren bis jetzt Ihre größten Aha-Erlebnisse?
Das größte Aha-Erlebnis hatte ich, als ich mich noch gar nicht so intensiv mit dem Digitalen auseinandergesetzt habe. Mich zwitscherte einmal jemand während eines Vortrags an, ich war fassungslos, schließlich sollten wir doch dem Vortrag zuhören. Doch über diesen Austausch im Netz haben sich dann ganz andere Diskussionen entwickelt, eine Parallelkonferenz entstand. Das war für mich ein Aha-Erlebnis, wie etwas Analoges ins Netz hineingebracht und transformiert wird. Manchmal – und das ist so ein Aha-Erlebnis – kann ich in Workshops SkeptikerInnen von der digitalen Kulturvermittlung überzeugen, die dann eigene Ideen entwickeln. Aber das ist nicht immer dauerhaft, denn es kommt auch mal zu Blockaden – vom Management – und Ideen werden wieder zurückgedreht. Digitale Kommunikation darf kein Lippenbekenntnis sein. Sie muss in einer transparenten Strategie eingebettet sein, die von oben kommt und gemeinsam – das ist wichtig – mit den MitarbeiterInnen entwickelt werden. Es dürfen ruhig mal Fehler gemacht werden. Wenn das jemand darf, dann Kulturinstitutionen. Sie müssen aber anschließend damit offen umgehen.
Was sind weitere Herausforderungen?
Es geht darum Geschichten zu erzählen. Über das Geschichtenerzählen emotionalisiert das Museum und schafft so Berührungspunkte und Bindung zum Haus. Wünschenswert ist der Austausch der Museen untereinander. Sich gegenseitig zu helfen, sich auszutauschen, was bei wem funktioniert bzw. nicht funktioniert hat, ist sehr wichtig. Das Rad muss nicht immer neu erfunden werden. Social Media sowie analog-digitale Kulturvermittlung muss von allen mitgedacht werden, das heißt der Prozess geht sowohl von oben nach unten als auch umgekehrt von unten nach oben aus, erst dann ist er nachhaltig erfolgreich. Digitale Kulturvermittlung ist auch kein Selbst- und Schnellläufer, sondern bedarf einen langen Atem – aber es lohnt sich!
Tanja Praske
Kategorie: Der Balanceakt zwischen Familie & Beruf – Absolventin Sabine Hofstätter
Der Balanceakt zwischen Familie & Beruf – Absolventin Sabine Hofstätter
Hallo, mein Name ist Sabine Hofstätter, ich komme ursprünglich aus Kärnten, lebe aber seit nunmehr 20 Jahren in Wien. Mit einer einjährigen Unterbrechung 2000/2001 – Erasmus in Berlin – habe ich Publizistik und Kommunikationswissenschaften in Kombination mit Ethnologie und Handelswissenschaften studiert.
Während meines Studiums habe ich nachts gekellnert und tagsüber Teilzeit in Agenturen (Film, Werbung, PR) gearbeitet. Mir war recht schnell klar, dass ich gut und gerne organisiere. Vor meiner Selbständigkeit habe ich fünf Jahre lang Mobilitätsprojekte für junge Menschen organisiert. Anfang 2012 habe ich gemeinsam mit einer Jugendfreundin „Edelstoff“ gegründet und im Mai 2012 den ersten Designmarkt Edelstoff veranstaltet. Wir haben anfangs alles alleine – also sozusagen im „Zweigang“ – gemacht. Im Nachhinein gesehen ein Wahnsinn… Den Großteil der Vorbereitungsarbeiten sowie das Kuratieren des Marktes machen wir noch immer zu zweit. Aber mittlerweile haben wir bei den Veranstaltungen ein kleines Team, das uns unterstützt.
Nach einer Babypause habe ich 2014 den Zertifikatskurs Kulturmanagement absolviert, um das Selbsterlernte auch durch theoretische Grundlagen zu festigen.
2016 wurde dann aus dem Edelstoff-Verein die „Edle Events OG“. Meine Hauptaufgaben sind – neben der Auswahl der TeilnehmerInnen – das Auswählen der GastronomInnen, das Finden von KooperationspartnerInnen, das Befüllen unserer Social Media Kanäle und das Koordinieren der „helping hands“. Da wir von Anfang an mit wenig Geld einen großen Markt organisiert haben, bin ich es auch gewohnt zu verhandeln. Ich denke, darin bin ich mittlerweile recht gut 🙂
Eine meiner größten Herausforderungen ist der Balanceakt zwischen Familie und Beruf. Ich denke, dass es nur als Selbständige möglich ist, mit seiner Familie, seinen Kindern (ich habe zwei Mädchen – Lina, 11 Monate und Lilith, 4 Jahre) viel Zeit zu verbringen und trotzdem einer spannenden Arbeit nachzugehen. Ich mag es, dass meine Arbeitszeiten flexibel sind – ich arbeite mal tagsüber während das ältere Kind in der Kindergruppe ist und das Baby schläft oder nach wie vor auch gerne in der Nacht.
Im Job finde ich es manchmal kompliziert, die Befindlichkeiten und Sonderwünsche der TeilnehmerInnen zu handlen. Aber, wenn irgendwie möglich, versuchen wir alle (Sonder-)Wünsche zu berücksichtigen.
Heuer, 2017, organisieren wir Edelstoff bereits zum 12. Mal in Wien. Daher bin ich momentan fast wieder rund um die Uhr mit Edelstoff beschäftigt, denn am 1. und 2. April 2017 findet der nächste Designmarkt in der Marx Halle statt: Bei Edelstoff erwarten die BesucherInnen wieder 140 DesignerInnen aus dem In- und Ausland und ein großer Streetfood Bereich. Diesmal wird es nicht nur kuratierte Produkte von und für urbane Individualisten zu entdecken geben, sondern gleich ganze Ateliers. So kann man nicht nur individuelle, oft von Hand gefertigte Kunstwerke kennenlernen, sondern auch den DesignerInnen bei der Fertigung über die Schulter blicken.
Genaue Informationen & laufende Updates zum Edelstoff Designmarkt findet ihr auf der Edelstoff-Website und auf Facebook!
Designmarkt Edelstoff am 1. und 2. April 2017
Location: Marx Halle, Karl-Farkas-Gasse 19, 1030 Wien
Schau doch mal rüber! Ein Plädoyer für die Seiten-Blicke.
Die besten Ideen kommen mir nicht am Schreibtisch. Sondern beim Zähneputzen. Hose zu-zippen. Oder beim Zeitschriften durch-zappen.
Die beste Ausbildung, war nicht die, die perfekt in meinen Lebenslauf gepasst hätte. Das wäre dann irgendein Marketing-Master gewesen. Es war die spontane Entscheidung, etwas komplett anderes zu machen – Kulturmanagement.
Ich bin ein Teil von FRIEDL UND PARTNER. Wir machen Text, Grafik und Kommunikation. Und das für KMU genauso wie für große öffentliche Auftraggeber. Die Herausforderungen sind meistens die gleichen – der Kick auch, wenn man dann DIE Idee hat, die funktionieren könnte.
Das, was ich im Lehrgang gelernt habe, hat nicht direkt etwas mit meiner Arbeit zu tun – und gleichzeitig ganz viel. Ich habe viele Seiten-Blicke bekommen, die mich inspiriert haben, und viele Kontakte geknüpft, die das bis heute tun. Die Kommunikationsbranche braucht – wie wahrscheinlich viele andere auch – die Kunst, um sich Ideen zu holen, etwas Neues auszuprobieren. Schließlich geht’s ums Verzaubern. Da wie dort. Und dafür ist der Lehrgang wie ein großer Requisitenkoffer. Man kann aus dem Vollen schöpfen und sich „Seines“ mitnehmen, um etwas Neues daraus zu machen.
„Meines“, das war der Blog LUST AUF KREMS. Als Texterin hat mich das Medium schon immer gereizt – die Konzepte dazu blieben aber immer Konzepte. Bis zu dem Moment als ich eine Abschlussarbeit brauchte. Neben den Seiten-Blicken ist das JETZT-Moment die zweite wichtige Komponente der Ausbildung. Oft muss man ja zum Glück ein bissl gezwungen werden – und das ist in dem Fall sehr gut. Denn der Blog läuft seit mehr als zwei Jahren erfolgreich. Das ist nicht nur nette (Selbst)Bestätigung, sondern so kommen mittlerweile auch Projekte für FRIEDL UND PARTNER zustande. Durch Seiten-Blicke.
Pamela Schmatz ist zu Gast bei unserer Infoveranstaltung „MEHR ALS (NUR) EIN JOB – Meine Karriere in der Kultur“ am 5. April 2017, 17.30-19.00 Uhr in der IG Architektur. Dort spricht sie über ihren Berufsalltag als Bloggerin, ihre Aufgaben in der Kommunikationsagentur und ihre Aus- und Weiterbildungen, die sie dort hingebracht haben, wo sie heute ist. Der Eintritt zum Infoabend ist frei, die Anmeldung aber hier erforderlich.
Kommunikation ist im Kulturbereich ein Kerngeschäft, schließlich wollen Kulturbetriebe potentielle NutzerInnen erreichen, ihnen Inhalte zugänglich machen und sie auch dazu animieren am Kulturbetrieb zu partizipieren. Durch die sogenannte digitale Revolution kann auf Social Media Kanäle inzwischen nicht mehr verzichtet werden. Im Gegenteil, stellen diese doch das zentrale Kommunikationstool der heutigen Zeit dar. Erfolgreich in der Umsetzung ist beispielweise das Volkstheater Wien. Welche Strategie das Theaterhaus verfolgt und wie welche Kanäle genutzt werden, erklärt Kommunikationsleiterin Lena Fuchs.
Wie schaut das operative Tagesgeschäft beim Volkstheater aus?
Grundsätzlich sind wir in der Kommunikationsabteilung zu viert und decken das gesamte Kommunikationsspektrum, also sowohl interne als auch externe Kommunikation, ab. Wir entwickeln viele Themen im Team. Jede Person kann eigene Beiträge und Vorschläge einbringen und diese finden dann Eingang in die gemeinsame Strategie. Es gibt ein paar Säulen, die feststehen: Zum einen das Volkstheater Magazin, das nur online zugänglich ist. Hier veröffentlichen wir eigene redaktionelle Inhalte. Das Magazin wird von der Pressereferentin Andrea Heinz redaktionell betreut, die zusammen mit der Dramaturgie journalistische Beiträge liefert. Der Content des Magazins wird automatisch zum Social Media Content. Zum anderen arbeiten wir premierengetrieben. Premieren sind für uns immer der wichtigste Kommunikationsanlass. Wir überlegen gemeinsam im Team, welche Themen gibt es dazu, was kann das Magazin abdecken und ergänzen das dann durch weitere Inhalte, Fotos und Videos, die wir auf den entsprechenden Plattformen posten. Bei Twitter, dem textlastigsten Kanal, posten wir zum Beispiel Zitate aus den Stücken.
Wie erfolgt die operative Planung?
Wir benutzen Tools, um unsere Kommunikation zu planen. Das ist zunächst eine Excel-Tabelle, die die ganzen Kanäle übersichtlich nebeneinanderstellt. Zum Posten verwenden wir Buffer, das ist eine webbasierte Software, bei der Content geplant werden kann und die dann automatisch die vorher definierten Inhalte postet. Das ermöglicht uns, zeitlich effizient vorzugehen. Neben den Premieren und Produktionen gibt es noch andere Anlässe, die dann in unseren Kommunikationsplan und die Kanäle einfließen. Beispielsweise die erfolgreiche Crowdfunding-Kampagne für TheaterpatInnenschaften, die drei Monate online war. Da haben wir strategisch überlegt, welche Geschichte wir über den gesamten Zeitraum erzählen können, welche Botschaften wir platzieren und auf welchem Kanal. Dafür haben wir eigens Fotos, Videos und Texte erstellt. Ein weiterer Bestandteil ist die mediale Berichterstattung, z.B. eine positive Kritik oder ein Fernsehbeitrag über unsere SchauspielerInnen, die wir vor allem über Facebook duplizieren. Instagram, Facebook und Twitter sind auch tatsächlich interaktiv. YouTube dient für uns lediglich dazu Videos abrufbar zu machen, hier gibt es keine nennenswerte Interaktion.
Wie verläuft die strategische Kommunikationsplanung?
Wir legen pro Spielzeit gewisse Schwerpunkte fest, wie etwa die anlassbezogene Kommunikation zu Premieren, aber der eigentliche Content entsteht erst während der Probenzeit und wird dann relativ genau von Monat zu Monat geplant. Aber viele Dinge geschehen auch spontan während des Probenprozesses. Nicht immer bekomme ich z.B. Backstage-Fotomaterial, nicht immer finde ich jeden Tag ein interessantes Foto für Instagram. Das hängt auch stark von den KünstlerInnen ab, ob und wie viel sie zulassen, zeigen wollen. Wir müssen bei aller Strukturiertheit flexibel sein.
Instagram wird eher dazu genutzt, um Sachen zu zeigen, die hinter der Bühne passieren.
Tatsächlich ist das für uns das Alleinstellungsmerkmal von Instagram: mehr Behind the Scenes zu zeigen. Ein Learning, das ich gemacht habe, ist, dass die Bilder einer bestimmten Ästhetik entsprechen müssen, um möglichst viel Resonanz zu erhalten. Inklusive der Hashtags, bei denen es sich lohnt sie optimal zu formulieren. Bei Facebook interagieren die NutzerInnen z.B. stark über die offiziellen Fotos oder Veranstaltungen. Bei Twitter zählt der Text, etwas Humorvolles. Es muss also schon je nach Plattform differenziert werden, welche Inhalte gepostet werden. Kurz gesagt: Text auf Twitter, besondere Fotos auf Instagram, Facebook am meisten noch als soziale Plattform. Hier findet die meiste Interaktion statt, nicht nur Likes, sondern die Menschen kommunizieren miteinander.
Volkstheater @ Instagram
Partizipation ist demnach wichtig.
Feedback ist mir extrem wichtig und ich empfinde das auch als sehr lohnend. Insbesondere beim klassischen Marketing kann man die Effekte oft schwer messen. Bei allen Social Media Kanälen kann ich aber unmittelbar erfahren, was die Menschen annehmen, was sie interessiert und was sie weiterempfehlen.
Was sehen Sie als eine große Herausforderung?
Die größte Angst oder Frage ist ja immer, ob ein Shitstorm ausbricht und wie ich es am Wochenende oder in meiner Freizeit schaffe den Überblick zu behalten. Zum Glück ist offensichtlich die Nische Theater zu klein, um so etwas hervorzurufen. Also die ganzen Horror-Szenarien, etwas nicht mehr kontrollieren zu können, das hat sich zum Glück noch nicht ergeben. Krisenhafte Situationen gibt es schon, zum Beispiel wenn es Spielplanänderungen gibt, aber die Resonanz ist wirklich so überschaubar, dass wir auf Menschen und ihre Fragen eingehen können.
Was ist ein weiteres Learning, das Sie gemacht haben?
Menschen, die auf Social Media Kanälen Fragen stellen, erwarten eine sehr schnelle Reaktion. Da ist die Herausforderung möglichst schnell zu reagieren, wenn z.B. jemand um 16 Uhr fragt, ob es noch Karten für heute Abend gibt. Zumindest eine Kollegin und ich sitzen immer mit offenen Browser-Tabs vor dem Computer und beantworten solche und ähnliche Rückmeldungen möglichst schnell. Sollten solche Anfragen anwachsen, muss man sich personell überlegen, ob noch eine weitere Person ins Team geholt wird.
Volkstheater @ Twitter
Warum braucht ein Theater eine App?
Ein Theater braucht eine App, um den Kartenkauf von unterwegs möglichst einfach zu machen, also für den Kartenvertrieb. Ein Theater braucht keine App, um Inhalte zu duplizieren, die bereits auf der Website zugänglich sind. Nur wenn ich mit der App – und mit keinem anderen Kanal! – eine einzigartige Geschichte erzählen kann, lohnt sie sich über den Vertriebsaspekt hinaus. Hier haben wir Theater noch Nachholbedarf. Das unterscheidet das Theater auch vom Museum, wo zum Beispiel ein digitaler Ausstellungsguide das Museum noch auf einer anderen Ebene erfahrbar macht.
Haben Sie Tipps für erfolgreiche Social Media Aktivitäten?
Immer neu überprüfen, wie eine Plattform funktioniert. Zum Beispiel ändert Facebook gerne die Algorithmen. So generieren Videos, die direkt auf der Plattform hochgeladen werden, wesentlich mehr Reichweite als YouTube Links. Total gepusht wird gerade Facebook Live, dadurch lässt sich gerade die größte Sichtbarkeit generieren. Es ist wichtig, immer am Laufenden zu sein und zu schauen, welcher Inhalt gerade am meisten gepusht wird. Auch nicht stur bei etwas bleiben, wenn das keine Resonanz hervorruft. Und dann noch im Team definieren, welche Sprache verwendet wird, wie die generelle Ausrichtung ist. Also miteinander einen Weg finden, der es dann ermöglicht schnell und effizient zu kommunizieren.
Am 5. April 2017 veranstaltet das Institut für Kulturkonzepte den Kulturmanagement Tag.
Unter dem Motto „Finden, liken, teilen – Digitale Kommunikation im Kulturbetrieb“ geben wir Ihnen relevante Inputs zum Thema, zeigen Ihnen Best Practice Beispiele und diskutieren mit ExpertInnen am Podium zu den neuesten Entwicklungen.
Alle Infos zum Detailprogramm sowie Tickets erhalten Sie hier.
Was haben Museen, Ausstellungsräume, Festivals und Theaterhäuser gemeinsam? Sie alle sind Orte, an denen professionelle Kulturvermittlung stattfindet. Und dies immer mit dem hohen Anspruch, gesellschaftspolitisch tätig zu sein und etwas zu bewirken. Umso passender, dass während des Internationalen Symposiums Kulturvermittlung 2017 – zumindest indirekt – die Frage im Mittelpunkt stand, wer daran glaube, mit Kulturvermittlung die Welt retten zu können.
Heterogenität als Chance
Ausgerichtet wurde das Symposium von der NÖKU-Kulturvermittlung Niederösterreich in Kooperation mit dem Institut für Kulturpolitik der Universität Hildesheim. Und so kamen am 27. und 28. Januar 2017 ca. 200 KulturvermittlerInnen überwiegend aus dem deutschsprachigen Raum zusammen, um eine zentrale Frage zu beantworten: Was kann Kulturvermittlung? Prinzipiell, so Birgit Mandel, Leiterin des Bereichs Kulturvermittlung an der Universität Hildesheim, habe sie die Aufgabe, Zugänge zu Kunst und Kultur herzustellen. Die Herausforderung dabei besteht in der Heterogenität der Beteiligten – BesucherInnen, PädagogInnen, Marketingverantwortliche und auch künstlerische/ wissenschaftliche LeiterInnen. Diese Heterogenität ist definitiv zu begrüßen, aber sie kann auch Hürden herstellen. Die Aufgabe besteht also darin, eine Verbindung zwischen den verschiedenen Interessensgruppen und individuellen Lebensrealitäten aufzubauen. Genau das ist der Punkt, an dem Kulturvermittlung ansetzt. Nach Mandel stellt sie deshalb eine Art Schlichtungsprozess dar.
Befördert durch den ästhetischen Genuss, kann Kulturvermittlung zwischen unterschiedlichen Denk- und Herangehensweisen vermitteln. Dabei stellen Emotionen das verbindende Element dar. Gerade diese Verbindung ist es, die Kulturvermittlung eine gesellschaftspolitische Relevanz zuweist, denn so kann – vielleicht auch nur für einen Moment – innerhalb der VertreterInnen einer pluralistischen Gesellschaft eine Gemeinschaft entstehen, die idealerweise auch die Kultureinrichtung einbezieht. Dieser Vorgang, Community Building genannt, ist möglich u.a. durch partizipative Ansätze, die die Menschen dazu einladen, aus der Rolle der passiv Konsumierenden herauszutreten, ihr eigenes kreatives Potential zu entdecken oder ihr eigenes Weltbild zu hinterfragen. Das Kulturvermittlung sich dabei beständig weiterentwickeln und auf die pluralistische Gesellschaft jedes Mal neu eingehen muss, steht dabei außer Frage.
Doch wie können und sollen solche Communities entstehen? Durch verbindende Elemente. Für Lutz Liffers, Soziologe, Kultur- und Bildungsmanager, ist der Stadtteil als der Raum, in dem Menschen wohnen, ein passendes Beispiel. Was zunächst simpel erscheint, birgt großes Potential. Ein Stadtteil trägt sowohl die private als auch die öffentliche Sphäre in sich, es ist jener Ort, an dem Menschen sich überwiegend bewegen und Tätigkeiten des Alltags, zumeist auch Berufslebens und der Freizeit ausführen. Die BewohnerInnen setzen sich also zwangsläufig mit diesem Raum auseinander und so kann beispielsweise die Eröffnung einer Stadtteilbibliothek oder die Installation eines Kunstwerks Emotionen wecken und verbindend wirken.
Partizipation! Aber bitte freiwillig und spontan
Was niedergeschrieben einfach klingt, ist in der Realität jedoch nicht immer so einfach umzusetzen. Das zeigt das aktuelle Beispiel der Demonstrationen während der Eröffnung des Kunstwerks „Monument“ am 07.02. vor der Dresdner Frauenkirche deutlich. Während des Symposiums berichtete die Dramaturgin, Kulturvermittlerin und Dozentin am Institut für Kulturkonzepte Susanne Wolfram aus ihrer eigenen Arbeit, dass partizipative Projekte nur mit einer gewissen Spontanität erfolgreich sein können. Schließlich ist nie vorauszusehen, wie Menschen auf Projekte reagieren, mit ihnen interagieren und daran teilnehmen. Gerade dieser prozesshafte Charakter stellt einerseits die größte Herausforderung dar und führt andererseits zu fruchtbaren Ergebnissen. Jedes partizipative Kulturprojekt kann nur auf die Freiwilligkeit der Teilnehmenden aufbauen und muss zugleich ausreichend Anreiz schaffen, um diese Freiwilligkeit überhaupt zu generieren. Wolfram setzt dabei u.a. auf Co-Creation, bei der Laien und Profis zusammenarbeiten. So kann auch von Seiten der Organisation ein Monitoring des künstlerischen Prozesses erfolgen.
Ein besonders schönes Beispiel dafür ist das Filmprojekt „Inside Me“, das am Gymnasium Kenyongasse in Wien umgesetzt wurde. Die engagierte Lehrerin Michaela Götsch hat gemeinsam mit der freischaffenden Künstlerin und Absolventin des Zertifikatlehrgangs Kulturmanagement Verena Faißt SchülerInnen dazu eingeladen einen Film zu produzieren. Insgesamt 59 SchülerInnen waren am Projekt beteiligt und haben von Kamera, Ton, Musik, Schnitt, bis hin zu Schauspiel und Kostüm alles selbst gestaltet. Das dies bei einem so großen, heterogenen Team nicht konfliktlos über die Bühne gegangen ist, kann man sich vorstellen. Und auch für die Projektleiterinnen war dieses Filmvorhaben eine Herausforderung, die sich aber mehr als gelohnt hat. Wesentlich zum Erfolg beigetragen hat die Freiwilligkeit der SchülerInnen an diesem Projekt mitzuwirken, die Spontanität der ProjektleiterInnen und der Wunsch etwas Gemeinsames zu schaffen.
Ergänzend dazu kann der Impulsvortrag von Anne Graswinckel von der Theaterkompanie Tryater verstanden werden. „The journey is more important than the destination“, meint diese und unterstrich den Spaßcharakter von partizipativen Kulturprojekten. Durch Spielen, Ausprobieren, Scheitern und gefeierten Erfolgen kann sowohl bei den Teilnehmenden als auch bei den KulturvermittlerInnen ein Prozess des gemeinsamen Lernens in Gang gesetzt werden. Dabei ist unter Lernen nicht zwangsläufig ein auf Fakten basierender Wissenserwerb zu verstehen, sondern soziale Verhandlungsprozesse und Einblicke in verschiedene Lebensrealitäten. Partizipative Kulturarbeit, so Graswinckel, darf daher nicht kompetitiv verstanden werden. Das eigene (künstlerische) Ego muss hinten angestellt werden, um eine Community des Vertrauens und des Wachsens aufzubauen.
Neben all den theoretisch unterfütterten Vorträgen und Impulsen war während des Symposiums ausreichend Platz für Best Practice-Beispiele aus den verschiedensten Kulturbereichen. Was sie alle verbanden, war der Beweis, dass Community Building in der Kulturvermittlung äußerst erfolgreich sein kann. Und sie machten noch etwas Anderes deutlich, nämlich, dass Kulturvermittlung eine stark aktive Komponente innewohnt. Nur wenn sie aktiv auf Menschen zugeht und dabei niederschwellig und auf Augenhöhe kommuniziert, kann sie Menschen erreichen und zur Partizipation anregen. Interaktive Austauschmöglichkeiten, die auf die einzelnen Lebensrealitäten der pluralistischen Community eingehen, ohne diese zu relativieren, schaffen eine gemeinsame Basis, die Raum für Neues bietet.
Während des Symposiums wurde jedoch nicht nur nachgedacht und Ideen für die eigene Arbeit gesammelt, sondern auch die Vernetzung und der informelle Austausch wurden gefördert und gelebt. Dies ist vor allem dem Organisationsteam zu verdanken, das mit innovativen Ideen und optimaler Betreuung für Spaß, Abwechslung und sehr fundierten fachlichen Inputs wesentlich zum Gelingen des Symposiums beigetragen haben. Kurzum: Das Jahr 2019, in dem das nächste Symposium Kulturvermittlung stattfinden wird, kann nicht schnell genug kommen.
Alles begann 1989, als ich bei den Wiener Sängerknaben vorsingen durfte. Die nächsten fünf Jahre lebte ich quasi in einem wirtschaftlich-katholischen Kulturbetrieb. So gesehen bin ich schon von klein auf mit Kulturmanagement konfrontiert gewesen. Den Bubenchor musste ich 1995 wieder verlassen, danach kam das Bedürfnis nach musikalischer Abwechslung, als mir zufällig ein Mehrspur-Recorder in die Hände fiel. Dazu kamen eine halbakustische Gitarre, ein paar Lo-Fi-Keyboards – und schon drückte ich den Aufnahmeknopf.
Der Zugang zu Musiksoftware öffnete mir wenig später neue Horizonte und sollte das Interesse so weit festigen und fördern, dass ich schließlich in Wien am Institut für Musikwissenschaft landete, um der schöpferischen Leistung ein intellektuelles Fundament zu bauen. Nach diversen Schul- und Punkbands kam die hitverdächtige Formation CRASHiT zustande, eine Elektropunkband, die dann ohne besonderen Grund irgendwann zu Ende war.
Es kam und blieb GelbGut, eine Elektropopband, die seit 2010 die Wiener Musikszene mit romantischen und kritischen Popklängen erfrischt und Anfang 2017 erfolgreich auf WeMakeIt, einer auf Kulturprojekte spezialisierten Crowdfunding-Plattform, ihr Debutalbum finanziert hat.
Während meines Studiums der Musikwissenschaft habe ich in der Studienrichtungsvertretung ig:muwi mitgestaltet, Partizipation gelebt und hinter die politischen Kulissen des Unibetriebs gespäht: Von der Erstsemestrigenberatung bis hin zur Fakultätskonferenz. Das Institut für Musikwissenschaft wurde dabei auch unter anderem mit diversen Popularmusik-Vorlesungen, studentischem Mitspracherecht, dem ein oder anderen Studierendenfest und meiner Diplomarbeit bereichert. Zum Studium kam noch ein Wahlfachmodul Kulturrecht am Juridicum und ein Jahr Jazztheorie am Gustav Mahler Konservatorium dazu, damit auch alles mit rechten Dingen zugeht.
Alle machen IRGENDWAS, denn alle müssen IRGENDWAS
Meine persönlichen Projekt-Meilensteine sind der wunderschön-schräge Improvisationsabend TastenWahnSinn, der in (un)regelmäßigen Abständen stattfindet und demnächst seinen zehnten Geburtstag feiert, oder etwa die Plattenbörse, die sich als Drehscheibe für einen leistbaren Tonträgerzugang und Netzwerkplattform für Studierende verstand. Aus dem Subterrarium, ein sehr undergroundig-alternatives Vereinslokal für experimentelle Kunst aus den unterschiedlichsten Bereichen, erkeimte 2010 der charmante Subchor, der seither die Wiener Chorlandschaft bereichert.
Die erste Station meiner regelmäßigen Erwerbsarbeit war das Kunst Haus Wien. Neben den Informationsvermittlungs-, Aufsichts- und Kassatätigkeiten übernahm ich auch die Produktion von diversen Ausstellungsvideos.
Um mich beruflich weiterzuentwickeln, absolvierte ich 2012 den Zertifikatslehrgang Kulturmanagement am Institut für Kulturkonzepte. Kurz danach war der Kunstsupermarkt bzw. die dahinterstehende Projektentwicklungsagentur KMG Kultur und Medien GmbH gerade auf der Suche nach neuen MitarbeiterInnen. Nachdem ich dort ein Jahr lang in unterschiedlichen Bereichen gearbeitet hatte, übernahm ich 2013 schließlich die Kommunikationsagenden.
Der Kunstsupermarkt ist Ausstellungsplattform für über 6.000 Originalwerke von insgesamt 90 zeitgenössischen KünstlerInnen aus 18 Ländern, die es dort käuflich zu erwerben gibt. Die Palette reicht von Zeichnungen über Aquarelle, Acryl- und Ölgemälde bis zur Fotografie (ausschließlich Originalkunstwerke).
Spartenübergreifendes und interdisziplinäres Kulturmanagement
Damit begann für mich die Kulturarbeit im Agenturkontext: Ich bespiele diverse Facebook- und Webseiten, plane Events und bin unter anderem zuständig für die Medien- und Pressearbeit, Promotion und das Sponsoring. Aufgaben, die ich davor schon bei früheren Projekten gemacht habe, nun aber im kommerziellen Bereich als breitgefächertes Kulturmanagement betreibe.
Beim Kunstsupermarkt funktioniert die Kommunikation auf unterschiedlichsten Kanälen. Wir nutzen etwa klassisches Emailmarketing, generieren regelmäßig Facebook-Content, versenden aber auch pittoreske Kunstpostkarten (Snapchat hat sich hier leider noch nicht durchgesetzt). Eine große Herausforderung ist es für mich, interne Projektentwicklungs- und Kommunikationsstränge zu erkennen und gegebenenfalls wieder zu kommunizieren – ein eklektischer Knoten.
Medien- und Pressearbeit steht und fällt oft mit der „Story“ und dem dazugehörigen Pressetext, der die Geschichte passend einrahmt. Hier arbeiten wir im Team, wodurch Erfahrungen aus verschiedenen Bereichen einfließen können. Die Betreuung von JournalistInnen bei diversen Medienpräsentationen ist ebenso wichtig wie die sorgsame Pflege des Medienverteilers. Eine Voraussetzung für meinen Job ist es auch, sich ausreichend mit dem Projekt zu beschäftigen, z.B. mit den Werken der KünstlerInnen, damit ich danach klar kommunizieren kann.
Sponsoring funktioniert bei Projekten im Kunst- und Kulturbereich oft über Umwege. Hier gilt es meiner Erfahrung nach, hartnäckig und umsichtig zu bleiben, weil oft Kooperationen entstehen, wo nicht damit gerechnet wird. Hier ist dann auch die Nachbetreuung der SponsorInnen ein großes Thema, damit etwaige Nachfolgeprojekte zustande kommen und das Netzwerk nachhaltig wachsen kann.
Für mich sind der interdisziplinäre Zugang und die gegenseitige Befruchtung das Spannendste an meiner Agenturarbeit. Besonders wenn sie an der Schnittstelle zwischen bildender Kunst, Street art, Musik & Sound Design, bewegten Bildern, Wirtschaft, Architektur und Stadtentwicklung wirken. Mir bereitet es große Freude Projekte mit zu entwickeln und auch abheben zu lassen, vor allem, wenn dabei einem breiten Publikum zeitgenössische Kunst nähergebracht wird.
Geld regiert die Welt – so oder so ähnlich lautet eine Weisheit, deren Ursprung bis in das Jahre 1616, in Georg Henischs Wörterbuch „Teütsche Sprach und Weißheit“, zurückverfolgt werden kann. Die Essenz dieser Weisheit existiert vermutlich noch länger. Kurzum, Geld beschäftigt die Menschheit und Geld sorgt dafür, dass beispielsweise Staaten, das Wirtschaftssystem, Kunst und Kultur sowie der eigene Haushalt mehr oder weniger gut funktionieren. Umso wichtiger ist es, dass Menschen Einblick in das Finanzsystem bekommen und verstehen lernen, welchen Einfluss (Kauf-)Entscheidungen auf das persönliche Budget aber auch auf globale Zusammenhänge haben.
Regiert wird das Geld der Welt u.a. von Banken. Das kann recht problematisch werden, muss es aber nicht, vor allem dann nicht, wenn sich Banken ihres gesellschaftlichen Auftrags bewusst sind und Maßnahmen entwickeln, die zur Finanzbildung der Gesellschaft beitragen. Die Erste Group Bank AG ist so eine Bank und hat in einer siebenjährigen Entwicklungszeit den „Erste Financial Life Park“ – kurz FLiP – in Auftrag gegeben, der sich auf spielerische Art und Weise mit dem Thema Geld und möglichst all seinen Facetten auseinandersetzt. Besonders erfrischend: Das FLiP befindet sich zwar im selben Gebäude wie der Erste Campus, in der Ausstellung jedoch ist davon nichts mehr zu merken. Klar, Bankprodukte wie Kredit, Überziehungsrahmen oder anderes sind Thema. Müssen sie auch sein, schließlich sind sie ein wesentlicher Bestandteil der persönlichen Finanzrealität, aber das Sprechen über diese Themen wird nicht durch die Bank oder die Holding beeinflusst. Nina von Gayl, Kuratorin der Ausstellung, betont im Gespräch, dass die Ausstellung ständig von einem wissenschaftlichen Beirat begleitet wird, der alle Entscheidungen freigibt. In einem kleinen historischen Detail ist die Erste Bank jedoch präsent: Alle Produkte des täglichen Lebens, die ein Namensfeld haben (Zeugnisse, Jahreskarten, etc.), werden mit dem Namen Marie Schwarz versehen, dem Namen jener Person, die das erste Sparbuch erhalten hat und das im Jahre 1820.
Aber nun zur Ausstellung an sich, die derzeit vornehmlich an Kinder und Jugendliche gerichtet ist und 2017 auch für Einzelbesuchende geöffnet wird. Gleich zu Beginn wird es knifflig, es gilt ein vorher festgelegtes Budget, das sich je nach Zielgruppe ändert, auf sieben Budgetposten zu verteilen: Wohnen, Mobilität, Freizeit, Medien und Kommunikation, Lebensmittel, Kleidung und Sparen. Jugendliche nehmen so beispielsweise die Rolle einer Studierenden, eines Lehrlings oder einer Vollzeit arbeitenden Person ein und müssen mit dem Budget, das sie zugewiesen bekommen, haushalten. „Das eigene Budget ist der Zellkern der Wirtschaft“, meint Nina von Gayl im Gespräch und ergänzt, dass dies den Ausgangspunkt darstellt, um Zusammenhänge zu erkennen. Damit ist auch schon der Grundgedanke des FLiP kurz umrissen: „Es geht darum, Wissen und Verständnis zu erzeugen, denn so kann eine Person anders agieren. Das Ziel ist, dass die Besuchenden wirtschaftliche Zusammenhänge erkennen und deswegen auch mit ihrem persönlichen Budget umgehen können.“
Diesem Ziel folgend widmet sich eine Station auch dem Wert von materiellen und immateriellen Dingen. Die Besuchenden bekommen die Aufgabe den Wert dieser Dinge zu bestimmen, was – so Nina von Gayl – schon auch zu hitzigen Diskussionen führen kann, denn monetärer und ideeller Wert müssen nicht immer übereinstimmen. Bei der Frage nach Kaufentscheidungen kommt dann die globale Komponente dezidiert mit ins Spiel. Die Besuchenden erfahren, wie sich Entscheidungen global auswirken, beispielsweise anhand einer Jeans, die in Italien produziert wird, deren Baumwolle aus Kasachstan kommt und die Verarbeitung in einem asiatischen Land stattfindet. Entscheidet sich die produzierende Person auf ein anderes Material umzusteigen, z.B. Biobaumwolle, so hat das Auswirkungen auf die Person, die die Baumwolle produziert, und kann gleichzeitig eine Erleichterung für die verarbeitende Person darstellen, deren Körper mit weniger chemischen Schadstoffen konfrontiert wird.
Begleitet werden die BesucherInnen von KulturvermittlerInnen, die am Institut für Kulturkonzepte ausgebildet wurden. Derzeit umfasst das Team drei festangestellte Personen, die alle aus der Bank kommen und auch Filialerfahrung mitbringen. Das sei besonders wichtig, meint Nina von Gayl, da sie so alltägliche Finanzbegriffe in Theorie und Praxis erklären können. Ergänzt wird das fixe Team um viele weitere Personen, die während ihrer Arbeitszeit freiwillig Führungen durch das FLiP anbieten. Alle VermittlerInnen eint, dass sie zuvor noch nie als KulturvermittlerInnen tätig waren, sprich, vor einer großen persönlichen Herausforderung standen. Ängste waren damit vorprogrammiert aber, so Nina von Gayl, durch die Ausbildung am Institut für Kulturkonzepte haben die KulturvermittlerInnen die notwendige Sicherheit erhalten. Durch ihre Arbeit ist die Ausstellung keine Aneinanderreihung von Stationen, sondern vielmehr eine Geschichte, die erzählt wird. Das Ergebnis: Leuchtende Augen, eifriges Mitdiskutieren und spielerisch Wissen aneignen, das die Kinder und Jugendlichen auf ihren weiteren Lebensweg begleitet.
Eine große Rolle dabei spielt vermutlich auch der interaktive Ansatz in der Kulturvermittlung. Jede teilnehmende Person bekommt ein sogenanntes Wallet, das sie oder er während des Besuches immer wieder benutzt, um Abbildungen auf Wänden einzuscannen, Fragen zu beantworten und Hintergrundinfos zu erhalten. Dies stellt aber nur eine Ergänzung zur persönlichen Kulturvermittlung dar, betont Nina von Gayl, da erst durch den menschlichen Kontakt vertiefende Fragen geklärt und mögliche Defizite und Diskrepanzen erkannt werden können. Die Auseinandersetzung mit dem Thema endet auch nicht nach dem Besuch, sondern wird durch begleitendes Unterrichtsmaterial, das kostenfrei runtergeladen werden kann, ergänzt.
Besonders viel Wert wurde auf die Barrierefreiheit der Ausstellung gelegt. So sind alle Teppiche niederflorig, ein Aufzug ist vorhanden und auch Induktionsschleifen stehen zur Verfügung. Zudem ist der Besuch im FLiP vollkommen kostenfrei, da selbst kleinere Vermittlungsbeiträge eine große Hürde darstellen können. Eine Herausforderung stellt derzeit noch der Umgang mit Seheinschränkungen dar, denen in einer vom visuellen Bild lebenden Ausstellung auch nur mangelhaft mit akustischen Bildbeschreibungen begegnet werden kann. Auch vom Sprachangebot scheint es für die Zukunft empfehlenswert Türkisch, BKS oder ÖGS ins Repertoire aufzunehmen und so den Zugang noch inklusiver und breiter zu gestalten.
Derzeit ist das FLiP bis Schuljahresende, also Juni 2017, fast ausgebucht. Nicht sonderlich verwundernd beim Welt regierenden Thema Geld, das jede Person betrifft. Nach einem Besuch der Ausstellung ist es sogar noch weniger verwunderlich, schließlich überzeugt die große Liebe für Details, das niederschwellige Angebot und der spielerische Umgang mit dem Thema Geld. Und dass die Ausstellung immer weiter wachsen wird. So wird es zum Beispiel eine Sonderausstellung zum Thema Brexit geben, die Ende März 2017 startet und während der gesamten Verhandlungszeit mitwachsen wird. Ein wichtiges Thema, das auch zunehmend Erwachsene in die Ausstellung ziehen wird – sofern das nicht ohnehin schon früher passiert.
Die Geschichte an sich ist ja schon bemerkenswert: Da findet eine Person auf einem Flohmarkt in Frankreich Filmaufnahmen und es stellt sich heraus, dass es sich hierbei um verloren geglaubtes Material des Films „Die Stadt ohne Juden“ handelt. Dieser Film aus dem Jahr 1924, der auf den gleichnamigen Roman von Hugo Bettauer basiert, nimmt die Gräueltaten des Nationalsozialismus bereits vorweg und stellt damit ein wichtiges Geschichtsdokument dar. Das Problem: Der Film ist auf Nitromaterial festgehalten, das äußerst sensibel auf Umwelteinwirkungen reagiert und einen sehr geringen Brennpunkt aufweist. Es gilt also zu handeln. Und zwar schnell. Um die notwendigen Gelder für die Restaurierung aufzustellen, griff das Filmarchiv Austria – in dessen Besitz sich der Film befindet – zu einer auf den ersten Blick ungewöhnlichen Methode, nämlich Crowdfunding. Die Hintergründe und Strategie hinter diesem Projekt erläutert Tomáš Mikeska, Marketingverantwortlicher im Filmarchiv Austria und selbständiger Community Manager, im Interview mit Ulli Koch.
Warum Crowdfunding? Diese Frage habe ich schon sehr oft gehört. (lacht) Das Filmarchiv Austria hatte für dieses Sonderprojekt keine Gelder im laufenden Budget und konnte auch nicht die dafür notwendigen Förderungen im Nachhinein aufstellen. Uns war aber klar, dass wir dieses wichtige Kulturerbe retten müssen, da das Material empfindlich ist und sich langsam anfängt zu zersetzen. Das Bewusstsein für die Notwendigkeit der Filmrettung ist von Seiten des Bundes, sprich der Republik Österreich, sowie der Stadt Wien zwar da, jedoch fehlten auch hier die budgetären Mittel. Deswegen wurde an mich herangetragen einen alternativen Weg der Finanzierung zu planen, in diesem Fall eben auf die Zivilgesellschaft zu setzen.
Warum glaubst du war dieses Projekt so erfolgreich? Es waren mehrere Aspekte, die im Voraus gut überlegt wurden. Auch die Zeit war die richtige. Es wurde uns zwar davon abgeraten die Kampagne politisch zu spielen, wir haben aber trotzdem den zu diesem Zeitpunkt laufenden Bundespräsidenten-Wahlkampf zwischen dem „grünen“ Alexander van der Bellen und dem rechtspopulistischen Norbert Hofer genutzt. Unser Aufhänger war, dass der Film die Themen Migration und Vertreibung aufgreift und letzteres darf einfach nicht mehr passieren. Diese Vorgehensweise wurde zwar kritisiert, jedoch glaube ich, dass es die richtige Entscheidung war, da es den Geist der Zeit anspricht. Aber es war ein Risiko, ein Grenzgang. Aber Kunst und Kultur müssen und dürfen Grenzen ansprechen, auf diese hinweisen und sie auch überschreiten, wenn es der Gesellschaft dienlich ist. Ich glaube, dass Kultur in diesem Fall durch Vermittlungsarbeit, durch die Präsentation inklusive kontextualisierendem Begleitprogramm, einiges bewirken kann. Ein weiterer Aspekt hinter dem Erfolg ist die bestehende Verdrossenheit mit der derzeitigen Kulturpolitik, die wir offen angesprochen haben, da das Projekt nicht von Bund und/oder Stadt rechtzeitig gefördert wurde. Und als dritter Aspekt: das Storytelling. In diesem Fall war es wichtig nicht nur die Geschichte des Films zu erzählen, sondern auch, was damit zusammenhängt, die gesellschaftspolitische Dimension.
Welche Kommunikationsstrategie hast du gesetzt? Wir haben von Anfang an auf MultiplikatorInnen gesetzt. Das Zielpublikum des Filmarchivs ist nicht so aufgestellt, dass es die Kampagne alleine tragen könnte, wir mussten gezielt eine breitere Masse erreichen. Deswegen auch die Entscheidung politisch, kulturpolitisch und auf einer Storytelling-Ebene zu agieren. Wir hatten das Glück, dass uns sehr viele PartnerInnen aus dem Kultur-, Bildungs- und politischen Bereich von Anfang an ihre Unterstützung in der Kommunikation zugesichert haben. Die Grundstrategie war: Wir brauchen eine regelmäßige Berichterstattung in den gängigen Medien, im Social Web und MultiplikatorInnen, die in unserem Sinne Kanäle bespielen, die wir nicht bedienen. Wir haben bereits in der Vorlaufzeit eine sehr lange Liste an relevanten Personen und Institutionen erstellt, die wir um finanzielle oder kommunikative Unterstützung angefragt haben. Beispielsweise die Viennale, das Vienna Shorts Festival hier insbesondere Alexandra Valent, eine von mir geschätzte Kollegin im Marketing-Bereich, oder auch die Grünen auf Bezirksebene, die sich sehr für uns eingesetzt haben. Runtergebrochen war es unser Ziel immer wieder einen Impuls zu setzen, der sich dann vermehrt. Zu diesem Zweck habe ich auch Anne Aschenbrenner von den Kulturfritzen in mein Team geholt, die im Social Media Bereich stark vertreten ist und eine rege und große FollowerInnenschaft auf Twitter hat, ein Kanal, den das Filmarchiv eben selbst nicht bespielt. Das Filmarchiv Austria ist aber stark auf Facebook vertreten und konnte mit Beiträgen zu #filmretten die Reichweite sogar fast verzehnfachen. Das liegt natürlich auch an den MultiplikatorInnen, die unsere Beiträge geliket und geteilt haben und somit ein unverzichtbarer Teil der Grundstrategie waren.
Crowdfunding ist ja eine große Ressourcenfrage. Wie bist du damit auf finanzieller, personeller und zeitlicher Ebene damit umgegangen? Finanziell gab es keine Mittel. Wir mussten wirklich effizient planen. Die Idee für das Crowdfunding kam von der Direktion, die das eher als Frage in den Raum gestellt hat. Ich habe es mir dann näher angesehen und erkannte, dass wir das ressourcentechnisch nicht machen können, weswegen ich zunächst Agenturen angefragt habe. Da kamen auch einige gute Angebote zurück, die aber unser Budget immer noch stark überschritten haben. Ich habe schließlich versucht einen effizienten und möglichen Alternativplan herauszuarbeiten, der u.a. eine geringfügige Teamerweiterung von zwei bis drei Personen vorsah. Und diese Unterstützung habe ich dann auch bekommen. Ich konnte mir mein Team selbst zusammenstellen, was sehr hilfreich war, da Vertrauen bei diesem Projekt eine wichtige Rolle spielte. Anne Aschenbrenner kenne ich schon lange, daher bat ich sie als Externe für den erweiterten Social Media Bereich dazu, Michaela Moitzi, die ihre Bachelorarbeit über Crowdfunding verfasst hat, und wie auch Christina Reithofer bereits davor geringfügig im Filmarchiv angestellt waren, wechselten zu mir ins Projektteam, in dem es klare Aufgabenteilung gab. Ergänzend leistete meine Kollegin Larissa Bainschab noch großartige Pressearbeit.
Zusammengefasst: Es braucht den Willen der Geschäftsführung und ein gutes Team. Genau. Ich glaube das wichtigste ist, dass die Geschäftsführung die Leitung des Projekts der verantwortlichen Person überlässt. Sobald jede Entscheidung und Reaktion – vor allem im schnelllebigen Social Media-Bereich – abgeglichen und bewilligt werden muss, funktioniert es nicht. Es war demnach wichtig im Voraus abzuklären, ob die Direktion des Filmarchiv Austria hinter der Strategie und dem Projektplan steht und uns frei kommunizieren und (re)agieren lässt. Bei uns gab es nur sehr wenige Schleifen und Rückfragen mit der Geschäftsführung, daher konnte auch das Team gut selbstständig arbeiten und im Rahmen von regelmäßigen Teammeetings in kleiner Runde Strategien, Vorgehensweisen und Ziele für die kommenden Wochen besprechen.
Rückblickend betrachtet: Was war dein größtes Aha-Erlebnis und dein größtes Learning? Das Learning hat noch nicht aufgehört. Das geht jeden Tag weiter. (lacht) Die Kampagne ist zwar von der Finanzierung her abgeschlossen, aber wir sind dabei die weiteren Schritte zu planen und vorzubereiten. Der größte Aha-Effekt war die Zusammensetzung der UnterstützerInnen, die nicht meinen eigentlichen Erwartungen entsprochen hat. Indirekt waren das über 800 Personen und Einrichtungen, die uns unterstützt haben, jedoch nicht alle über die Crowdfunding-Plattform weil das nicht alle tun wollten.
Was sind deine Tipps für Crowdfunding-Kampagnen im Kulturbereich? Auf jeden Fall eine gute Vorplanung leisten und die Strategie immer im Blick haben. Dann muss stets klar sein, inwiefern das Projekt einen finanziellen und einen Marketing-Zweck erfüllen kann und soll. Es ist wichtig ein gutes, aktives Team hinter sich zu haben, denn alleine ist ein Projekt wie dieses nicht zu schaffen. Das beinhaltet auch Familie und FreundInnen, denn schafft man es nicht bereits diese vom Projekt zu überzeugen, so schafft man es auch bei der Crowd da draußen nicht. Für (Kultur-)Institutionen gilt: Unbedingt vorher mit der Geschäftsführung oder der Direktion abklären, dass die oder der Projektverantwortliche selbstständig handeln kann. Dann: Innovative Ideen entwickeln, wie in unserem Fall auf der Ebene des Storytellings, aber auch der Finanzierungsmotivation. Wir sind auf die inhaltlichen Aspekte eingegangen, die Geschichte des Films, die tragische Geschichte der Personen aber auch auf den Geist der heutigen Zeit und Matching-Fund einzusetzen war ebenfalls eine solche „innovative“ Idee. Wir haben hierfür mit einer anonymen Filmretterin kooperiert, die das Projekt mit maximal 20.000 € unterstützen wollte, jedoch nur wenn wir nachweislich und weiterhin möglichst viele Menschen erreichen und die Masse so zu einer aktiven Unterstützung durch Verbreitung oder Finanzierung motivieren. Im Gespräch mit der anonymen Filmretterin haben wir uns überlegt, dass in regelmäßigen Abständen jede Unterstützung von ihr verdoppelt werden könnte, als Belohnung für jede neue Unterstützung. Ab da waren unsere FilmretterInnen, wie wir unsere Backer nennen, noch motivierter das Projekt zu unterstützen, einfach weil sie gewusst haben, dass ihr Beitrag doppelt zählt. Und als letzteres: Einfach tun und alles geben, es ist eine dankbare und sehr persönliche Form des Fundings – genießt es.