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Kategorie: Stürmische Zeiten brauchen ein mutiges Theater – Der Dschungel Wien

Stürmische Zeiten brauchen ein mutiges Theater – Der Dschungel Wien

Ein Beitrag von Ulli Koch

„Denn Kultur ist kein Luxus, den wir uns leisten oder nach Belieben auch streichen können, sondern der geistige Boden, der unsere innere Überlebensfähigkeit sichert.“

Richard v. Weizsäcker

Seit 2004 gibt es das Theaterhaus für ein junges Publikum und seit diesem historischen Gründungsmoment begleitet der Dschungel Wien Menschen, vom Kleinkind bis zur Großelterngeneration. Seit September wird der Dschungel von Corinne Eckenstein geleitet, die das Theaterhaus als einen Ort verstehen will, der „nie stillsteht, aber innehält“. Ein Widerspruch? Mitnichten. Vielmehr geht es darum Kindern und Jugendlichen eine Plattform zu bieten, einen geschützten Rahmen quasi, der es ihnen ermöglicht sich mit ihrer eigenen Lebensrealität auf einer anderen Ebene auseinanderzusetzen.

Konkret bedeutet das, so Corinne Eckenstein im Gespräch, Kindern und Jugendlichen einen Freiraum zu bieten, wo sie andere Perspektiven einnehmen und diese mit anderen Menschen durchdenken können. Das Publikum konsumiert nicht einfach ein Theaterstück, sondern – durch das Wegfallen der sogenannten vierten Wand – ist Teil des Bühnengeschehens. Zentral dabei sind zwei Punkte: Erstens Menschen, die in der Gesellschaft marginalisiert werden, eine Stimme zu geben und zweitens andere Sichtweisen auf Themen und gesellschaftlich-soziale Herausforderungen zu zeigen, die neue Möglichkeiten aufmachen. Corinne Eckenstein betont im Gespräch, dass es dabei „nicht um eine Problemzentriertheit geht, sondern wie denken, fühlen oder leben Menschen unterschiedlichster Herkunft, Denkweisen, Geschlecht, Religion, usw.“.

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© Rainer Berson

Partizipation als selbstermächtigender Prozess

Erreicht werden soll dies durch einen partizipativen Ansatz, der Kinder und Jugendliche dazu einlädt Theater aktiv mitzugestalten. Ein gutes Beispiel dafür sind die Theaterwild:Werkstätten, in denen ein konkretes Stück erarbeitet und anschließend auf der Bühne gezeigt wird. Doch auch hinter der Bühne gibt es ausreichend Platz und Freiraum, sei es für den Blog zu schreiben, als junge Kritikerin/ junger Kritiker zu fungieren oder Behind the Scenes Videomaterial zu sammeln und Schauspielende, Regie und Technik bei der Arbeit zu beobachten.

Hinter all dem verbirgt sich eine Haltung, die Kinder und Jugendliche in ihrer jeweiligen Lebensrealität ernst nimmt, sie anerkennt und nicht versucht mit dem überspitzt formulierten pädagogischen Holzhammer eine gewisse Form aus ihnen rauszuschlagen. Ein näherer Blick auf den aktuellen Spielplan verrät vielmehr, welch große Rolle Widerständigkeit spielt, sei es in der Figur von Pinocchio, der den geraden Weg verlässt, oder in der Form der Blutsschwestern, die sich den Bühnenraum mit viel Selbstbewusstsein tanzend erobern. Körperliches Ausdrucksvermögen nimmt ebenfalls einen zentralen Stellenwert ein, wie bspw. bei Baja Buf, bei dem Kinder zwischen 10 und 24 Monaten an einer interaktiven Performance teilnehmen, bei der sie die Bewegungen der PerformerInnen durch eigene Bewegungen quasi vorgeben und gestalten.

Der sich dadurch öffnende kreative Raum, der für so ziemlich jeden möglichen Interessensschwerpunkt etwas bietet, sorgt mit der gleichzeitigen Anerkennung von Lebensrealitäten zu einem selbstermächtigenden Prozess. Kinder und Jugendliche lernen niederschwellig, interaktiv und mit viel Spaß an der Sache neue Perspektiven kennen und ihre eigenen Handlungsmöglichkeiten kennen. „Theater kann niemanden retten“, meint Corinne Eckenstein, aber Theater kann Werkzeuge bieten und Anregungen mitgeben, die gesellschaftlich-soziale Herausforderungen bewältigbarer machen.

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© Bianca Traxler

Dezentrale Kulturpolitik

All diese Ansätze sind schön und gut, jedoch bleibt die Frage offen, wer an dem partizipativen Prozess überhaupt partizipieren kann. Strukturelle Ungleichheiten, wie finanzielle Verhältnisse, mangelnder Zugang zu Bildungssystemen und die zunehmende Entfremdung von Zentrum und Peripherie sorgen dafür, dass nicht allen Menschen die Angebote des Dschungels offenstehen. Um dem entgegen zu wirken, startet der Dschungel demnächst die Initiative Zukunftslabore, die Kinder und Jugendliche erreichen sollen, die sonst keinen so einfachen Zugang zu Theater haben. Im Gespräch macht Corinne Eckenstein auf das eigentlich Selbstverständliche aufmerksam: Solche und ähnliche Projekte brauchen schlicht und ergreifend Zeit und Geld. „Viele verstehen das nicht und denken, da geht man dann hin und macht mit den Kindern und Jugendlichen einfach Theater.“ Dieser sehr personalintensive Prozess beinhaltet neben der Akquirierung geeigneter Partnerschulen auch viel Energie und Frustrationstoleranz, bis so ein Projekt am Laufen ist und von Kindern und Jugendlichen auch angenommen wird.

Um dieses und weitere Projekte umzusetzen sucht der Dschungel derzeit SponsorInnen und PatInnen. Letztere ermöglichen mit ihrer PatInnenschaft den Besuch von Theatervorstellungen oder die Teilnahme an den Theaterwild:Werkstätten. Corinne Eckenstein sieht den Dschungel jedoch nicht alleine in dieser Position, schließlich müssen sich alle Theaterhäuser Wiens inzwischen zusätzliche SponsorInnen suchen, die den laufenden Betrieb inklusive Zusatzangebote finanzieren.

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© Rainer Berson

Gesellschaftspolitische Dimensionen

Damit ist auch auf die gesellschaftspolitische Dimension des Dschungels verwiesen. „Es ist“, so Corinne Eckenstein, „jedoch kein Gesellschaftsauftrag, den man so nebenher machen kann. Im Gegenteil, das ist ein wirklich großer Job, dieses Gefühl, dass man als Kunst- und Kultureinrichtung für die Gesellschaft mitverantwortlich ist.“ Der gesellschaftspolitische Auftrag findet sich zudem nicht in offiziellen Dokumenten, sondern wird über die Hintertüre an den Dschungel und andere Kultureinrichtungen herangetragen. Für Corinne Eckenstein ist das trotzdem Nichts, was sie nebenher machen möchte, vielmehr versucht sie, mit dem nächsten Budget und der neuen Spielzeit Impulse in diese Richtung zu setzen.

Nicht vergessen werden darf dabei, dass der Dschungel Kunst produziert, denn „es darf beides, ich darf Kunst machen und Kunst möglichst breit in die Gesellschaft einführen.“ Viele Jahre hing an dem Begriff „Kindertheater“ ein schaler Beigeschmack, wurde es doch als eine niedere oder gar unrelevante Gattung für ein nicht relevantes Publikum, das den Hochkulturbegriff (noch) nicht zu schätzen weiß, gesehen; eine Denkrichtung gegen die sich auch Stephan Rabl mit der Initiierung und Gründung des Dschungels 2004 explizit gewehrt hat und auch wehren musste und die bis heute noch ihre AnhängerInnen findet. „Das, was wir hier machen, ist Kunst für ein junges Publikum und da möchte ich mich nicht schämen, dass ich dieses Wort in den Mund nehme. Und dass die Arbeit, die wir hier tun, nicht nach Pädagogik und all dem klingt, nur damit es noch einen sozialen Aspekt hat.“, meint dazu Corinne Eckenstein. „Für mich ist das ein politisches Statement. Es ist Kunst – und zwar positiv konnotiert. Es muss Kunst sein. Und Kunst selbst ist ein gesellschaftlicher errungener Wert, so wie auch der Feminismus.“

Das Best Practice-Beispiel Dschungel zeigt, Kulturbetriebe stehen heute zwischen dem Spagat einen nicht näher definierten gesellschaftspolitischen Auftrag nachzukommen ohne dafür mehr Gelder auszugeben. Was dabei hilft, sind motivierte MitarbeiterInnen, die mit Leidenschaft ihrer Arbeit nachgehen sowie Wertschätzung und Anerkennung der Führungsperson. Und dann ist da noch Kindern und Jugendlichen beim Wachsen, Nachdenken, Ausprobieren und Widerständig-Sein zu zusehen und ihnen das richtige Werkzeug dafür in die Hand zu geben. „Der Dschungel ist alles was du willst und du daraus machst.“

 

 

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© Rainer Berson
Kategorie: Künstlerin im Web 2.0 – Absolventin Monika Herschberger

Künstlerin im Web 2.0 – Absolventin Monika Herschberger

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© Klaus Ranger

Darf ich mich vorstellen? Mein Name ist Monika Herschberger, ich bin 40 Jahre alt, bildende Künstlerin, Jazzsängerin, Kulturarbeiterin und Content-Designerin.

Wo fing es an?

Kunst und Musik, diesen zwei Wegen bin ich schon seit meiner Jugend gefolgt. Neben einem Jazzgesangstudium bis 2003 und einigen Jahren in der Jazzszene, begann ich mich ab 2001 vermehrt der bildenden Kunst zu widmen, der ich seitdem treu geblieben bin. Im Laufe der Jahre entwickelte ich meinen künstlerischen Stil: abstrakte expressive Malerei sowie kleinformatige, gegenständliche Zeichnungen und japanische Holzschnitte.

Kunst und Arbeit

Neben der Kunst war ich als Webredakteurin und Kundenbetreuerin im Agenturbereich tätig. Da ich mehr Herausforderung im Bereich Pressearbeit suchte, übernahm ich ab 2012 die Öffentlichkeitsarbeit für das Kulturnetz Hernals, welches zahlreiche Kulturevents im 17. Bezirk veranstaltete, u.a. das Festival Tatort Hernals 2011 oder 2013 den Atelierrundgang Art2Go, den ich selbst mitorganisierte. 

Ausstieg und Umstieg

Der nächste Einschnitt war größerer Natur: mein erstes Kind, Julian, kam 2013 auf die Welt und ein 2-jähriger Ausstieg aus der Berufswelt folgte. Dies war auch eine einmalige Gelegenheit mir zu überlegen, was ich in Zukunft machen würde – ob ich mich mehr auf PR & Kulturmanagement fokussieren sollte oder meine eigene künstlerische Tätigkeit vorantreiben sollte…

Zwischen Musenkuss und Selbstvermarktung 2.0

Der Lehrgang für Kulturmanagement schien die richtige Wahl zu sein, 2015 ging es los. Da beim Kulturnetz Hernals ebenfalls eine Neuorientierung im Gange war, beschloss ich, mich auf die Ich-AG im Web 2.0. zu konzentrieren. Die Seminare waren sehr vielfältig, vor allem Projektmanagement und Marketing konnte ich gut nützen. Ergebnisse meiner Arbeit waren eine neue Corporate Identity, eine eigene Website sowie Social-Media-Marketing. Highlight war die Jubiläumsausstellung „wellen//schlag“ im Wassertum Favoriten mit 15 KünstlerInnen.

Back to work, back to reality.

Seit Sommer 2016 hat mich die reguläre Berufswelt wieder, zwar noch nicht im Kulturbereich aber auf verwandtem Gebiet: ich bin als Projektscout und Redakteurin bei Respekt.net, einer Crowdfunding-Plattform für NGO-Projekte, tätig.

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Sommer von damals, 2013, Jap. Holzschnitt/Mischtechnik, 14,8×21 cm

Keine Chance für Langeweile

Wenn ich meine Betätigungsfelder kurz umreißen soll, so mag ich an meinem Job bei Respekt.net am meisten, dass ich so viele verschiedene Aufgaben habe bzw. auch Platz ist, mir neue Bereiche zu erarbeiten. Der Marketingbereich steckt etwa noch in den Kinderschuhen, d.h. man kann vieles ausprobieren, da es keine fixe Richtung gibt, z.B. Social Media Marketing. Als persönliches Ziel sehe ich es, wenn ich den Crowdfunding-Projekten helfen kann, „gut zu starten“ und sie und somit die Plattform erfolgreich zu machen.

Beim Kulturnetz Hernals bin ich seit fünf Jahren für die Öffentlichkeitsarbeit und Redaktion verantwortlich, außerdem habe ich einige Projekte wie den Atelierrundgang „Art2Go“ organisiert, und „Das Orakel“, eine Gruppenausstellung mit 9 KünstlerInnen.

In meiner künstlerischen Tätigkeit ist neben dem kreativen Prozess auch die Organisation ein wesentlicher Faktor, derzeit bin ich u.a. in der Planung für Ausstellungen 2017/2018. Künstlerisch möchte ich neue kleinformatige Serien von Zeichnungen erarbeiten, sowie auch wieder Holzschnitte anfertigen.

Für Ausstellungsmöglichkeiten und Kooperationen bin ich offen. Aktuelles über mich und meine Arbeit sind auf Facebook und auf meiner Website zu finden.

 

„In ihrer Kunst ist viel Kraft, viel Lebensmut und Ausdauer zu spüren.“

Dr. Ursula Fischer, Galerie am Lieglweg

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© Klaus Ranger
Kategorie: „Berlin ist pleite, aber das ist ja das Schöne.“

„Berlin ist pleite, aber das ist ja das Schöne.“

Ein Beitrag von Ulli Koch, Interview von Martin Wassermair

Seit 2014 hat Tim Renner das Amt des Staatssekretärs für kulturelle Angelegenheiten in Berlin inne. Kein leichter Job, schließlich kämpft die Stadt Berlin nun schon seit einiger Zeit mit finanziellen Problemen. Doch das sieht Renner nicht zwangsläufig als Hindernis. Vielmehr sieht er darin Chancen und Möglichkeiten, um kreativ-innovative Lösungsansätze zu finden. „Kunst, Kultur und die Kreativszene gehören zu den zentralen Ressourcen Berlins“, heißt es demnach auch auf der offiziellen Website, die vor allem den Standort Berlin als internationale Drehscheibe für Kunst und Kultur preist. Welche Bilanz Tim Renner bisher ziehen kann und wie er als Außenstehender die Kulturpolitik Österreichs wahrnimmt, hat er Martin Wassermair während des Symposiums „Matryoshka Effect“ verraten, das von der IG Kultur Steiermark im November 2016 veranstaltet wurde und sich mit der „Lage von Kunst und Kultur in zeitgenössischen kapitalistischen Gesellschaften“ beschäftigte.

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Kunsthaus Tacheles © Paola_Margari

Martin Wassermair: Seit zweieinhalb Jahren bist du nun Staatssekretär für kulturelle Angelegenheiten des Landes Berlin. Welche Bilanz kannst du bis dato ziehen?

Tim Renner: Es war bisher wahnsinnig viel Arbeit. Als Bilanz lässt sich vorerst ziehen, dass wir es auf jeden Fall gemeinschaftlich geschafft haben, die Rahmenbedingungen für die freien Szenen – also jenen KünstlerInnen, die ohne Netz und doppelten Boden arbeiten – erheblich zu verbessern. Wir beschäftigen uns gerade mit der Frage, wie sich die Stadt gestaltet, wie wir Räume erhalten, damit Kunstproduktion noch möglich ist. Gerade auch wie Kunstexposition im städtischen Bereich passieren kann und nicht wie in London, Paris oder New York, wo Kunst irgendwann eine Sache geworden ist, die bestenfalls an der Peripherie stattfinden kann.

Wassermair: Mit welchen Rahmenbedingungen ließe sich das städtische Zentrum für KünstlerInnen besonders schmackhaft machen?

Renner: Damit, dass man die Immobilien hat. Das Gute ist, dass Berlin nicht gerade arm an Immobilienbesitz ist. Die Hälfte des Landes Berlin gehört dem Land Berlin. Das beinhaltet natürlich auch Straßen, Parks und Wälder, die man nicht unbedingt bebauen wird, aber nichtsdestotrotz ist Grund vorhanden. Wir haben uns eine Sache gesichert, die entscheidend ist: Keine Immobilie des Landes Berlins kann mehr ungenutzt oder in den privaten Kauf gegeben werden, ohne dass die Kulturverwaltung das auch goutiert hat. Ein anderer wichtiger Punkt ist, KünstlerInnen zu ermöglichen, ihre Arbeitsplätze im Zweifel auch mal selbst zu erwerben, wenn sie in einer privaten Immobilie untergekommen sind. Dafür haben wir ein Bürgschaftsprogramm entworfen, denn KünstlerInnen bekommen normalerweise leider keine Kredite bei Banken. Zudem kann man kurzfristig agieren, indem man langfristige Mietverträge für künstlerische Arbeitsräume abschließt. Das tun wir. Wir haben mittlerweile 800 Arbeitsräume, die sicherstellen, dass KünstlerInnen, die darin arbeiten, nicht mehr zahlen müssen als notwendig.

Wassermair: Berlin galt ja noch vor nicht allzu langer Zeit als fast pleite. Wie lassen sich diese Maßnahmen finanzieren?

Renner: Berlin ist auch aktuell immer noch pleite, aber das ist ja das Schöne. In dem Moment, wo ich eh schon ruiniert bin, kann ich sehr viel entspannter nach vorne denken und muss nicht viel absichern. Berlin ist zwar ein Pleiteland, ist aber auch das Land in Deutschland mit den höchsten Wachstumsraten, sowohl als wirtschaftliche Kraft, die entsteht, als auch an Steuereinnahmen. Das Gute momentan ist die völlig desolate Zinspolitik, die es auch dem Land Berlin nicht unbedingt attraktiv macht, seine Schulden jetzt zurückzuzahlen. Stattdessen investiert man lieber einen Großteil dessen, was man jetzt neu reinbekommen hat. Hier fängt der schizophrene Bereich für einen Kulturpolitiker an: Um an diesen sprudelnden Steuereinnahmen zu partizipieren, muss ich natürlich ökonomisch argumentieren. Ich muss sagen und belegen können – und das kann man –, dass dieses enorme Wachstum, was diese industrielose Stadt Berlin hat, maßgeblich durch den kollateralen Nutzen von Kunst und Kultur induziert wird. Und das ist uns gelungen. Damit haben wir eine Steigerung von 11 % im Haushalt für Kunst bekommen und damit lässt sich etwas machen.

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© Denis Bocquet

Wassermair: Bei uns in Österreich ist mittlerweile die Krise deutlich angekommen. Wir alle bemerken rückläufige Budgets und Förderungen. Eine der Möglichkeiten, die in Österreich immer stärker angedacht wird, ist das unternehmerische Denken. Gibt es da in Berlin ähnliche Modelle, um dieses Denken zu fördern? Oder in welche Richtungen gehen die Überlegungen?

Renner: Es gibt Modelle, die diese Denkweise fördern und die sind auch richtigerweise beim Wirtschaftsministerium angesiedelt und nicht in der Kulturbehörde. Natürlich steht es den KünstlerInnen frei zu sagen: „Ich will in die wirtschaftliche Optimierung gehen. Ich will, dass meine Kunst breiter wahrgenommen, diskutiert, konsumiert wird.“ Okay, aber das ist nicht die Kernaufgabe von Kunst, dass dann ein wirtschaftlicher Prozess einsetzt. Es ist auch richtig, dass es Professionalisierungsseminare für KünstlerInnen gibt, die auch vom Staat finanziert werden. Wir vom Kulturressort versuchen sicherzustellen, dass KünstlerInnen ohne Ökonomisierungsgedanken überhaupt mal arbeiten können. Alles andere kommt dann später.

Wassermair: Du nimmst an einer kulturpolitischen Konferenz in Graz teil. Wie beurteilt ein Berliner Kulturpolitiker die Diskurse, die in Österreich aktuell Thema sind?

Renner: Wir beobachten mit Sorge den Kulturbegriff, der von konservativen Parteien verbreitet wird. Das ist bei uns vergleichbar mit der AfD und das halte ich für kontraproduktiv. Man darf einen Kulturbegriff nicht einengen, man muss ihn aus meiner Sicht im Gegenteil eher ausweiten. Und zum anderen erlebe ich mit einem gewissen Erstaunen, wie wenig die Kraft der Kultur als Element einer Phase der gesellschaftlichen Veränderung, eines wirtschaftlichen und produktionstechnischen Umbruchs erkannt wird. In Berlin wurde heftig gestritten, welche Partei das Kulturressort bekommt. Hier habe ich vorhin eine Grazer Politikerin kennengelernt, die das nicht glauben konnte. Sie meinte, das Kulturressort gelte in Österreich immer als Trostpreis. In Berlin ist es alles andere als der Trostpreis. Die Kulturabteilung ist eines der Kernressorts. Berlin ist an sich eine deindustrialisierte Stadt, und wenn ich mir die Entwicklung der Industrie 4.0 anschaue, dann ist das eine Situation, die zwangsläufig auch auf Österreich zukommt. Ich glaube, da kann man sich Sachen abschauen, die Berlin zwangsläufig schon anders machen muss.

Wassermair: Vielen herzlichen Dank für das Gespräch.

 

Tim Renner ist seit 2014 Staatssekretär für kulturelle Angelegenheiten des Landes Berlin. Bereits seit den 1980er Jahren ist er kulturpolitisch aktiv.

Martin Wassermair arbeitet seit den 1990er Jahren in unterschiedlichen kulturpolitischen Feldern. Er hält Vorträge, moderiert und bietet Beratungstätigkeiten für die Bereiche Kulturpolitik, PR und Vermittlungsarbeit an.

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Schwules Museum © Robert M.
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Tim Renner © Senatskanzlei Berlin Kulturelle Angelegenheiten
Kategorie: Die Neugier, neues zu entdecken – Alumni Malina Schartmüller

Die Neugier, neues zu entdecken – Alumni Malina Schartmüller

Der große Fotograf Henri Cartier-Bresson prägte den mittlerweile berühmt gewordenen Ausdruck des „entscheidenden Augenblicks“. Cartier-Bresson meinte damit den Sekundenbruchteil, in dem der Fotograf auf den Auslöser drückt und in diesem Moment den Kern einer Szene einfängt.

Dieser entscheidende Augenblick hat mich auch durch eine glückliche Fügung vor bald 10 Jahren in das Fotomuseum WestLicht in Wien geführt. Begonnen hat es als Studentenjob am Front Desk des Museums, mittlerweile bin ich seit einigen Jahren für das Kulturmarketing des Museums und Eventmanagement zuständig.

WestLicht ist gleichzeitig Ausstellungsort für Fotografie, ein Kameramuseum, das die technische Entwicklung der Fotografie von der ersten Kamera aus 1839 bis zum Beginn des digitalen Zeitalters zeigt, ein Café und Heimat der WestLicht Auktionen. Seit seiner Gründung zeigte das Museum etwa 100 Ausstellungen – darunter große Namen wie Elliott Erwitt, Sebastiao Salgado, Ansel Adams, Herbert List und Alexander Rodtschenko aber auch thematische Schauen wie die internationale Polaroid Sammlung oder Augen Auf! 100 Jahre Leica Fotografie.

Ein alljährliches Highlight ist World Press Photo – die weltweit wichtigste Ausstellung zum Thema Bildjournalismus.  Die Ausstellung ist wohl den meisten fotografiebegeisterten Menschen bekannt, knapp 24.000 Besucher strömen dann innerhalb von 5 Wochen in das Museum, ganz beachtlich für ein kleines Museum im Hinterhof einer ehemaligen Glasfabrik im 7. Bezirk.

Zum WestLicht gesellte sich auch vor mittlerweile 5 Jahren die Galerie OstLicht, am Areal der Brotfabrik in Wien Favoriten. Sowohl im Fotomuseum WestLicht als auch in der Galerie OstLicht betreue ich sämtliche Medien- und Kulturkooperationen und setze unterschiedlichste Marketingaktivitäten, gemeinsam mit meinen KollegInnen aus der Kommunikationsabteilung um. Des Weiteren arbeite ich eng mit den Kuratoren & der Kunstvermittlung zusammen und gestalte ein spannendes Rahmenprogramm zu den jeweiligen Ausstellungen mit.

Bei der 2 x jährlich stattfindenden WestLicht Foto-Auktion bin ich für die Auktionswerbung zuständig und versuche neue Aktivitäten zu setzen, um diese noch erfolgreicher zu machen.

Darüber hinaus organisiere und plane ich sämtliche Ausstellungseröffnungen & Events in unseren Häusern, bin damit auch Ansprechperson für alle externen Einmietungen.

Ich begann bereits während meines Studiums der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft (Wahlfachschwerpunkt Kunstgeschichte & Psychologie) im WestLicht zu arbeiten und habe sofort gemerkt, das ist der Platz wo ich mich wohlfühle und wo ich mich entfalten kann. Nach einem aufregenden Auslandssemester 2009 in Shanghai kehrte ich auch direkt an diesen Arbeitsplatz zurück.

Man sieht, ich bin in das Museum hineingewachsen und das Museum ist mit mir mitgewachsen. Mittlerweile begrüßen wir 80.000 Besucher pro Jahr und sind als DER Schauplatz für Fotografie in Wien fest verankert. Der Schlüssel zum Erfolg ist sicherlich die große Leidenschaft die uns hier gemeinsam antreibt und die Neugier, die wir an den Tag legen, immer wieder neues zu entdecken und unkonventionelle Wege zu gehen. Es macht Freude, Besuchern eine schöne und bereichernde Zeit im Museum zu ermöglichen. Wenn jemand das Museum mit den Worten „Das ist super was ihr hier macht, weiter so!“ verlässt, ist das ein wunderbares Gefühl!

Es ist für mich mehr als ein Beruf, mehr als ein normaler Job; ich bin tief verwurzelt in dem Unternehmen, lebe es sozusagen mit. Ich schätze die vielfältigen Menschen, die mich täglich begleiten und die ich hier kennen lerne. Das Unternehmen steht nie still, es entwickelt sich immer etwas neues, kein Tag gleicht dem anderen. Und natürlich diese wunderbare Umgebung, in der ich mich verwirklichen und die ich mitgestalten darf. Wer hat schon die tollsten Fotografien, die ältesten Kameras der Welt täglich vor Augen? Ein sehr inspirierendes Umfeld.

Zusätzlich zu meinem Masterabschluss an der der Universität Wien und dem Abschluss des Lehrgangs Kulturmanagement am Institut für Kulturkonzepte, der mir zusätzliche und wichtige Skills in meinem Berufsfeld verschafft hat, besuche ich regelmäßig Seminare von ICOM (International Council of Museums) in ganz Österreich und auch diverse Social Media Fortbildungen. Wichtig ist für mich persönlich, nicht stehen zu bleiben, immer neugierig sein, beobachten, wie sich Dinge verändern.

Ein wirkliches Herzens-Projekt , über welches ich auch meine Abschlussarbeit für den Kulturmanagement Lehrgang verfasst habe, ist das ViennaPhotoBookFestival, das jährlich an einem Juniwochenende am Areal der Brotfabrik Wien stattfindet; gegründet von meinem extrem engagierten Kollegen, Fotobuchkurator Michael Kollmann, wird es von mir und meinem Team organisatorisch und marketingtechnisch betreut.

Das ViennaPhotoBookFestival ist Treffpunkt für Fotobuchfreunde, Fachleute, Sammler, Händler, Verleger und Fotografen und mittlerweile das größte Fotobuchfestival Europas.

Ein weiteres sehr spannendes Projekt, das WestLicht Gründer Peter Coeln mit Leidenschaft & Vehemenz verfolgt, ist die Gründung eines eigenständigen „Haus für Fotografie“, wie es in den meisten Weltstädten längst fixer Bestandteil des kulturellen Angebotes ist. Vielleicht gibt es ja bald ein „Fotomuseum WeltLicht“ in Wien. Lasst euch überraschen!

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Foto: Eva Mühlbacher Photography
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Kategorie: Der neue Kulturbetrieb – warum Veränderung manchmal Sinn macht

Der neue Kulturbetrieb – warum Veränderung manchmal Sinn macht

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© Corinna Eigner

Ein Beitrag von Ulli Koch

 

Alles bewegt sich. Alles dreht sich. Gesellschaftssysteme sind weder starr, noch unflexibel, verändern sich vielmehr fließend und dynamisch. Und so auch die Kulturinstitutionen, die durch Menschen zum Leben erweckt und mit Inhalten befüllt werden, die dann wiederum als Inhalte Menschen zur Verfügung stehen, die auf die Gesellschaft einwirken und sie gestalten. Wesentlich sowohl bei Gesellschaft als auch Kulturarbeit ist die kommunikative Ebene. Wie kommunizieren wir miteinander? Welche Kanäle nutzen wir und warum? Quasi umhüllt werden all diese Aspekte durch finanzielle Gegebenheiten, die notgedrungen vorgeben, welche Veränderungen nun tatsächlich umgesetzt werden können.

Sich mit Veränderungen im Kulturbetrieb auseinanderzusetzen, ist keine eindimensionale Angelegenheit. Umso wichtiger ist es miteinander ins Gespräch zu kommen und voneinander und den verschiedenen Erfahrungen, die in einer Kulturinstitution gemacht werden, zu lernen. Dazu bietet sich das Kulturmanagement Forum des Instituts für Kulturkonzepte an, das am 30. September in der IG Architektur stattgefunden hat.

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© Corinna Eigner

Im Fokus der jährlichen Veranstaltung stand heuer die Veränderung, was passenderweise auch das Thema des KM-Magazins vom September 2016 war, das hier runtergeladen werden kann. Im Ankündigungstext zu dieser Ausgabe ist nachzulesen, dass es vor allem die MitarbeiterInnen sind, die Veränderungen in Kulturinstitutionen tragen (müssen). Umso wichtiger ist es, Veränderungsprozesse durch Zusammenarbeit, Motivation und Engagement aller Beteiligten einer Kultureinrichtung in Gang zu setzen. Wie das gelingen kann? Keine leicht zu beantwortende Frage.

Zunächst muss sich eine Kulturinstitution die Frage stellen, wer oder was auslösend für den Wandelprozess ist. Kommt dieser Anspruch von außen und die Einrichtung reagiert nur darauf? Oder erfolgt der Wandel von innen, was die Möglichkeit gibt, selbst gestaltend in den Veränderungsprozess einzuwirken und eigene Impulse zu setzen. Dass aber auch dies nicht immer so einfach umzusetzen ist, beweist das Best Practice Beispiel von Marlene Leberer (Agentur DIE UNA) und Annette Frank (Frank Communications), die ein Projekt der Wiener Philharmoniker betreut haben. Ziel war, durch eine Crowdfundingkampagne ein ehemaliges Gasthaus in Niederösterreich zu einer Unterkunft für Menschen, die nach Österreich geflohen sind, umzugestalten. Obwohl von der idealistischen Idee überzeugt, musste das Ensemble der Philharmoniker erst dazu gebracht werden an die Crowdfundingaktion zu glauben. Durch den Einsatz neuer Medien, einer beständigen Betreuung und gemeinsamen, kreativen Nachdenken von Ensemble und Kommunikationsbetreuung wurde das Projekt schließlich erfolgreich umgesetzt.

Die „alten“ Philharmoniker erstrahlen also in einem „neuen“ Glanz. Zählen sie damit zu jenen Institutionen, die die Worthülse „Neuer Kulturbetrieb“ auffüllen können und sollen? Das ist je nach Definition wahrscheinlich unterschiedlich zu bewerten aber nachfolgende berücksichtigend, ja. Unter der Bezeichnung „Neuer Kulturbetrieb“ sind zwei Aspekte von Relevanz. Erstens die Vision und das Selbstverständnis einer Kultureinrichtung, die sich selbst gesellschaftliche Bedeutung zuschreibt und diese auch zugeschrieben bekommt. Diesem Aspekt folgend muss sich eine Einrichtung beständig wandeln, so wie es die Gesellschaft auch tut, und dabei auf den jeweiligen Zeitgeist reagieren. Der zweite Aspekt greift das Thema gesellschaftliche Veränderung auf und fokussiert dabei auf Kommunikationsmittel, die immer schnellere und interaktivere Möglichkeiten der Kommunikation bieten. Beide Aspekte berücksichtigt das Best Practice Beispiel FLiP – Financial Life Park, eine Einrichtung der Erste Group, welche die Kuratorin Nina von Gayl vorgestellt hat. In einer interaktiven Ausstellungsfläche haben Besuchende, vorwiegend Schulklassen, die Möglichkeit sich mit dem Thema Geld und Lebenserhaltungskosten auseinanderzusetzen. Eine Einrichtung wie der Financial Life Park hat hohe gesellschaftliche Relevanz. Schließlich ist das Thema Geld in allen Gesellschaften ein Dreh- und Angelpunkt. Durch die interaktiven Stationen greift die Ausstellung die Lebensrealitäten junger Menschen auf und präsentiert sich modern und innovativ.

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© Corinna Eigner

Dass es nicht zwangsläufig eines Milliardenkonzerns bedarf um innovative Projekte umzusetzen, beweist die von Gudrun Wallenböck künstlerisch geleitete Hinterland Galerie. Diese lädt KünstlerInnen aus sogenannten Krisenländern ein, in Österreich ihre Werke zu präsentieren bzw. vice versa wird auch Gudrun Wallenböck eingeladen Ausstellungen in den sogenannten Krisenländern zu kuratieren. Die damit verbundene hohe gesellschaftliche Relevanz muss hier nicht betont werden. Bemerkenswert hingegen ist, wie durch Globalisierungsströme und kommunikative Vernetzung durch das Internet anfangs „kleine“ Unternehmungen zu großer Resonanz verholfen wird. Das Projekt wurde damit quasi zum Selbstläufer und bringt durch die Kooperation unterschiedlicher KünstlerInnen beständig neue künstlerische Projekte und Arbeiten hervor.

Kommen wir zurück zu den MitarbeiterInnen einer Kultureinrichtung und inwiefern diese zum Gelingen von Veränderungsprozessen beitragen können. Veränderungen bedürfen das Mitwirken aller Beteiligter einer Kultureinrichtung – seien es Ticketverkauf, Publikumsdienst, Marketing oder Kuration – vor allem wenn die Veränderung von innen heraus erfolgen soll. Dazu braucht es Offenheit für Neues und Unterstützung von Seiten der Managementebene. Diese Unterstützungsleistung kann beispielsweise auch durch Weiterbildung aktiv gefördert werden. Dafür bietet sich der Qualifizierungsverbund des Instituts für Kulturkonzepte an, der sich speziell an MitarbeiterInnen und Führungskräfte von Kultureinrichtungen wendet und diesen praxisnah wertvolle Inputs zu den alltäglichen Herausforderungen im Berufsleben vermittelt. Die Kurse verstehen sich dabei als eine Form von Empowerment, das Kulturarbeitende dazu befähigt, gerade mit Veränderungsprozessen mitzuwachsen.

Wie wichtig diese Unterstützungsleistung ist, zeigten auch zwei Diskussionsrunden während des Kulturmanagement Forums. Eine Gruppe setzte sich mit Change Management auseinander und wie dieses aus MitarbeiterInnenperspektive wahrgenommen wird. Veränderungen lösen immer Verunsicherungen aus – wer kennt das nicht? Umso wichtiger ist es, dass Führungskräfte den Veränderungsprozess aktiv begleiten, MitarbeiterInnen motivieren und Ängste ernst nehmen. Erfolgt dies nicht oder nur im geringen Ausmaß, kann es schnell zu Missverständnissen kommen. Das machte die Diskussion in der zweiten Diskussionsrunde deutlich, die sich mit Compliance Regeln und deren Veränderungen beschäftigte. Was darf ich als KulturarbeitendeR nun annehmen? Darf ich das überhaupt tun? Auf welchen gesetzlichen und internen Regelungen basiert diese Entscheidung?

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Quelle: Twitter http://bit.ly/2fxQAbf
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Quelle: Twitter http://bit.ly/2fxNL9X

Das Thema Verunsicherung und Veränderung war dann auch thematischer Mittelpunkt der anschließenden Podiumsdiskussion, bei der Matthias Beitl (Volkskundemuseum), Kira Kirsch (brut) und Eva Rotter (Viennale) ihre persönlichen Erfahrungen als Führungskraft im Kulturbereich diskutierten. Um daraus nur ein Beispiel herrauszugreifen: Unter der neuen künstlerischen Leitung wurde die Entscheidung getroffen eine Spielstätte des bruts aufzugeben. Ein zunächst sehr verunsichernder Faktor, schließlich können Einsparungen auch immer Arbeitsplätze und weitere Ressourcen kosten. Schlussendlich wurde das dadurch frei gewordene Geld jedoch dazu genützt, um mehr Projekte außerhalb des klassischen Theaterraums umzusetzen, die sich beispielsweise auch niederschwelliger konzipiert im öffentlichen Raum bewegen können.

Schlussendlich bleibt nur die Frage offen, wie und ob Kulturpolitik Veränderungen herbeiführen kann und soll. Einerseits tut sie dies bereits, wirken doch beispielsweise Subventionskürzungen direkt auf den Kulturbetrieb ein und zwingen zum Eingreifen. Andererseits fehlt ein übergeordneter Kulturentwicklungsplan, der Kultureinrichtungen einen möglichen Weg aufzeigt und für Planungssicherheit sorgen kann.

Das diesjährige Kulturmanagement Forum war inhaltlich dicht und es konnte leider nicht jeder einzelne Aspekt in diesen Bericht aufgenommen werden. Umso mehr freuen wir uns auf Kommentare von Eurer/Ihrer Seite, Anregungen sowie konkrete Fragestellungen für das nächste Kulturmanagement Forum 2017. Denn eines hat der Tag wieder deutlich gezeigt: Kulturmanagement braucht kollegialen Austausch, auch auf informeller Ebene, und Best Practice ist nicht nur ein Schlagwort, sondern bietet neue Impulse für kommende Herausforderungen.

Dazu noch eine letzte Werbeeinschaltung in eigener Sache: Mit Jänner 2017 startet die Führungskräfte-Jahresgruppe, die sich monatlich trifft, um gemeinsam und auf informeller Ebene aktuelle Herausforderungen zu diskutieren. Nähere Informationen und die genauen Termine dazu finden Sie im aktuellen Folder des Qualifizierungsverbunds. Gerne steht Ihnen/Euch auch Mariella Austerer-Kulla für alle Fragen rund um den Qualifizierungsverbund, die Jahresgruppe sowie die Roundtables zu Personalentwicklung zur Verfügung: mariella.austerer@kulturkonzepte.at bzw. +43 (0)1 585 39 99-12

 

 

 

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© Corinna Eigner
Kategorie: Vor Bildende Kunst|Before Fine Art – Fotokünstler 2016/17 – Teil IV „DER HAUSMEISTER“

Vor Bildende Kunst|Before Fine Art – Fotokünstler 2016/17 – Teil IV „DER HAUSMEISTER“

Die Fotoserie „Der Hausmeister“ schließt unsere vierteilige Interviewserie des diesjährigen Kulturkonzepte-Kunstprojekts. Die drei Fotografen zeigen uns hier mit einem großen Augenzwinkern den alltäglichen Rundgang von Herbert Obermaißer, Leiter des Gebäudemanagements des Museums für angewandte Kunst in Wien.

Diese ist fast unsere Lieblingsserie der Fotokunstbücher – sie präsentiert eine wichtige Respektsperson eines großen Hauses charmant und originell. Wir freuen uns, in Zukunft mehr von Rudi Rapf, Ákos Burg und Lukas Klestil zu hören und, vor allem, zu sehen.

WIE WAR DENN EUER TAG MIT „DEM HAUSMEISTER“? IST ER SICH LEICHT VERFOLGT VORGEKOMMEN?

BFA: Es war teilweise extrem schwer, ihn bei jedem Schritt zu verfolgen und, in oft eher mäßigen Lichtverhältnissen, passende Momente einzufangen. Wir haben ihn bei seinen täglichen Rundgängen ‘verfolgt’ und zeigen ihn in vielen Räumlichkeiten des MAK, die sonst niemand zu sehen bekommt, wie zum Beispiel den Dachboden. Er muss jeden Winkel im Haus kennen und sobald etwas nicht funktionieren sollte, müssen die Probleme so rasch wie möglich behoben werden. So waren wir auch im Heizraum, der den Charakter eines Raumschiffs hat. Der Tag war extrem spannend, wir durften fast jeden Winkel des Museums sehen.

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© Vor Bildende Kunst|Before Fine Art

WAS HABT IHR BEI DER FÜHRUNG DURCH DAS GROSSE HAUS ERFAHREN, WAS IHR VORHER NOCH NICHT WUSSTET?

BFA: Da Rudi und Ákos schon davor ein Praktikum im Haus gemacht haben, wussten wir ziemlich gut, wie das Haus funktioniert. Was wir nicht wussten: Wenn das Museum noch geschlossen ist und der Hausmeister seine Runden macht, springen die Aufseher auf und grüßen höflichst. Das war neu und fremd für uns. So haben wir gemerkt, dass Herr Obermaißer eine sehr respektierte Persönlichkeit im Haus ist.

IHR SAGT, DASS IHR IN EURER BILDSPRACHE VERSCHIEDENE KÜNSTLERiNNEN ZITIERT – GIBT ES AUCH BEI DIESER SERIE ZITATE?

BFA: Das stimmt. Bei dem Hausmeister haben wir bewusst Herrn Obermaißer immer in der Bildmitte positioniert, sodass sich immer nur die Umgebung ändert. Mit dieser Bildsprache zielen wir auf die Vielfalt und Dimension des Hauses hin und auf die Bereiche und Räume, um die sich der Hausmeister kümmern muss.

Wir zitieren zum Beispiel Walker Evans‘ Serie „Tools“ im Buch „DER RESTAURATOR“, August Sanders „Antlitz der Zeit“ bei „DIE KUNSTGIESSEREI“ oder etwa Edward Muybridge in dem Buch „DIE MANAGERIN“. Außerdem gibt es ein Reenactment einer Arbeit von Sophie Calle, die in den späten 70er Jahren Fotos von Hotelzimmern gemacht hat, als die Gäste nicht anwesend waren.

ARBEITET IHR DERZEIT AN WEITEREN PROJEKTEN? WAS SIND EURE ZUKUNFTSPLÄNE?

BFA: Wir arbeiten zurzeit an verschiedenen Projekten, aber zu dritt nur an diesem Künstlerbuchprojekt. Es gibt noch weitere Positionen die man in diesem Gebiet aufarbeiten könnte, wie zum Beispiel ‘Der Galerist’ – vielleicht folgt eine Fortsetzung des Projekts 2017?

 

 

 

 

 

 

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© Vor Bildende Kunst|Before Fine Art
Kategorie: Die Kultur des Miteinander Arbeitens- Alumni Alexandra Feichtner

Die Kultur des Miteinander Arbeitens- Alumni Alexandra Feichtner

Ich bewege mich beruflich seit vielen Jahren in unterschiedlichen Feldern des Kulturbetriebes – genau genommen seit dem Abschluss des Universitätslehrgangs Kultur & Organisation 2004. Die Verantwortungsbereiche und Funktionen haben sich im Lauf der Zeit geändert, eines ist gleich geblieben: Der Kern, um den sich vieles in meiner Arbeit dreht, ist die Kultur des Miteinander-Arbeitens.

In nationalen und internationalen Projekten an der Schnittstelle von Wirtschaft, Kunst und Kultur habe ich viel über kreative Prozesse und interdisziplinäres Arbeiten gelernt. Ich hatte die schöne Aufgabe, unterschiedliche Blickwinkel und Ansätze zu gemeinsamen Ergebnissen zusammenzuführen, eine gleiche Augenhöhe und Vertrauen herzustellen, so dass alle Kompetenzen und Perspektiven zueinander kommen und einander bereichern können – und am Ende etwas Gemeinsames Neues entsteht.

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Foto: Katharina Gossow

Das ist Erfahrungswissen, auf das ich in meiner Arbeit immer noch täglich zugreife, denn im Grunde liegt hier auch der Fokus meiner aktuellen Tätigkeit: auf dem Schaffen optimaler Rahmenbedingungen für eine gute Zusammenarbeit. Als Organisationsberaterin begleite ich Gruppen, Unternehmen und Institutionen in Veränderungs- und Innovationsprozessen und an interdisziplinären Schnittstellen. Dabei nimmt der Kulturbetrieb für mich eine besondere Stellung ein. Zum einen bin ich dem Bereich sehr verbunden, zum anderen bin ich überzeugt von dessen gesellschaftlicher Notwendigkeit und Wirkungsmöglichkeit.

Der Kulturbetrieb vereint eine Vielzahl von Initiativen, Menschen und Institutionen, die im Rahmen ihrer jeweiligen Möglichkeiten und Ausdrucksformen wirken. Er öffnet Orte der Vermittlung, des Lernens und des Experiments. Er erzeugt Schnittstellen, die Neues und Altes, Gewohntes und Visionäres, Gedachtes und Praktiziertes zueinander bringen, die Wissen verknüpfen und BesucherInnen das Einnehmen ungewohnter Perspektiven ermöglichen.

Was wäre, wenn Kulturorganisationen dieses Potenzial vermehrt auch nach innen wenden, für sich selbst nutzbar machten? Das wäre mit Sicherheit spannend – und ich wäre gern dabei.

alexandrafeichtner.at

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Foto: Katharina Gossow
Kategorie: Vor Bildende Kunst|Before Fine Art – Fotokünstler 2016/17 – Teil III „DER SAMMLER“

Vor Bildende Kunst|Before Fine Art – Fotokünstler 2016/17 – Teil III „DER SAMMLER“

Dieses Mal beleuchten unsere drei Fotografen von Vor Bildende Kunst|Before Fine Art eine ganz andere Seite der Kunstbranche – sie sind zu Besuch beim Kunstsammler Helmut Reinisch. In den vielen Räumen seines steirischen Anwesens entgeht dem fotografischen Auge der drei jungen Männer nichts. Im begleitenden Interview zum Fotobuch „Der Sammler“ erfährt man, welche Geschichte(n) der erfolgreiche Teppich- und Kunsthändler zu erzählen hat und warum Teppiche allein nicht glücklich machen. Hier ein exklusiver Einblick in die Fotoserie.

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© Vor Bildende Kunst|Before Fine Art

WIE KAM DER KONTAKT ZU DEM „SAMMLER“ ZUSTANDE UND WELCHE PERSÖNLICHKEIT BEFINDET SICH DAHINTER?

BFA: Rudi hat bei Helmut Reinisch gearbeitet und ausgeholfen, dadurch hatten wir einen direkten Kontakt zu ihm. Persönlichkeit? Ein liebevolles Marketing-Genie mit Teddybär-Look und großem Herz.

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© Vor Bildende Kunst|Before Fine Art

DIESE FOTOSERIE STRAHLT DURCH DIE BUNTEN FARBEN UND NATURMATERIALIEN WÄRME UND GLEICHZEITIG EINE GEWISSE LEERE AUS. WIE HABT IHR EUCH IN DEM „SAMMLERHAUS“ GEFÜHLT?

BFA: Es hat sich gut angefühlt, luftig leicht und locker, rund nicht überladen. Harmonisch, einfach. Aber gleichzeitig mächtig, da das Haus in der Tat ein Schloss ist. 🙂

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© Vor Bildende Kunst|Before Fine Art

WO KANN MAN EUER PROJEKT NOCH SEHEN?

BFA: Neben Facebook und unserer Website wird unser Projekt in die MAK Bibliothek aufgenommen. Im vergangenen August wurde unser Buchprojekt im Standard-Album präsentiert.

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© Vor Bildende Kunst|Before Fine Art
Kategorie: Vor Bildende Kunst|Before Fine Art – Fotokünstler 2016/17 – Teil II „DER RAHMENMACHER“

Vor Bildende Kunst|Before Fine Art – Fotokünstler 2016/17 – Teil II „DER RAHMENMACHER“

Im zweiten Teil der Interviewreihe sprechen Rudi Rapf, Ákos Burg und Lukas Klestil über ihre Fotoserie „Der Rahmenmacher“ – eine der zwölf Fotoserien ihres Fotobuchprojekts. Bei Günther Brodar hatten sie im gleichnamigen Atelier viel Spaß und künstlerische Freiheit.

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© Vor Bildende Kunst|Before Fine Art

IST EUCH DIE IDEE, DURCH RAHMEN ZU FOTOGRAFIEREN SPONTAN VOR ORT GEKOMMEN?

BFA: Wir haben uns einerseits, bevor wir unsere Kontakte aufgesucht haben, Gedanken gemacht, was uns erwarten könnte. Anderseits ließen wir uns vor Ort inspirieren und suchten bestimmte Orte und Kontakte öfter auf, um den jeweiligen Bereich der Kunst besser zu verstehen.

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© Vor Bildende Kunst|Before Fine Art

DER RAHMENMACHER SCHAUT JA SEHR BESCHÄFTIGT AUS – IST ER HIER GERADE AN ZWEI TELEFONEN GLEICHZEITG?

BFA: Günther Brodar mag keine Hightech-Geräte und schaltet seinen PC 1x im Jahr ein, weil er das alles nicht braucht. Aber ja, er bedient hier zwei Mobiltelefone at the same time.

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© Vor Bildende Kunst|Before Fine Art

DIE WERKZEUGWÄNDE ZIEHEN SICH DURCH EURE FOTOSERIEN WIE EIN ROTER FADEN. HABT IHR BEWUSST HAUPTSÄCHLICH PERSONEN PORTRÄTIERT, DIE HANDWERKLICH ARBEITEN?

BFA: Kunst zu präsentieren und zu veröffentlichen braucht eine Infrastruktur, die ohne dem Handwerk nicht funktioniert. Allein durch einen Nagel und einen Hammer kann Kunst noch lange nicht hängen.

DAS PROJEKT ERLANGT DURCH DEN KOMMENTAR DER SCHWEIZER KUNSTWISSENSCHAFTLERIN RACHEL MADER EINEN THEORETISCHEN ANSPRUCH. WIE WICHTIG WAR EUCH DIESER PERSÖNLICH? 

BFA: Es war uns äußerst wichtig, eine Wissenschaftlerin, die in diesem Bereich forscht und schreibt, in unser Projekt mit einzubeziehen. Durch die Authentizität wird das Thema abgerundet und hat nicht nur Hand und Fuß, sondern auch einen Kopf. 🙂

© Vor Bildende Kunst|Before Fine Art
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Kategorie: Tag für Tag mit Leidenschaft – Alumni Patrizia Ebner

Tag für Tag mit Leidenschaft – Alumni Patrizia Ebner

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Patrizia Ebner

Die Liebe zur Kunst und Wissenschaft treiben mich seit meiner Jugend an. Ich habe Theater-, Film- und Medienwissenschaft in Kombination mit Außereuropäischen Philosophie und Kunst und Deutsch als Fremdsprache an der Universität Wien studiert und gleichzeitig Film- und Drehbuchworkshops bei der Salzburger Off-Szene belegt. Während des Studiums erkundete ich die Wiener Theaterszene, wirkte bei Produktionen im Rabenhof Theater und im Burgtheater mit und vertiefte mein Interesse am interkulturellen Dialog als Deutschlehrerin.

Nach einigen Jahren als freie Dienstnehmerin arbeitete ich in der Jugend- und Integrationsabteilung der Stadt Hallein. Dort lernte ich, was es heißt auf der „anderen Seite“ zu stehen, wie Behörden wirklich ticken, wie Kulturbudgets verwaltet werden und wie Subventionsansuchen richtig gestellt werden. Obwohl ein geregeltes Einkommen und eine Fixanstellung viele Vorteile bieten, fehlten mir irgendwann die Kreativität und Spontanität der Kunstszene.

Als die Stadt Hallein vor der Herausforderung stand, ihre Kulturszene neu zu gestalten und einen Verein gründen wollte, der als vernetzende Plattform aller Kulturschaffenden und Veranstalter fungieren solle, ergriff ich meine Chance. Weil mir fachspezifische Management-Skills für die ausgeschriebene Position fehlten, entschloss ich mich, den Zertifikatslehrgang für Kulturmanagement am Institut für Kulturkonzepte zu machen.

Das Wissen, das ich hier in den vielen Seminaren mitbekam, ist die stabile Basis für meine heutige Tätigkeit.

Mit dem Zertifikat in der Tasche bewarb ich mich mit Erfolg beim Verein SUDHAUS hallein.kultur. Ich war eine der wenigen BewerberInnen, die eine fachspezifisch-theoretische Ausbildung im Kulturmanagement, einen einschlägigen Uniabschluss und Berufspraxis vorweisen konnte.

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Halleiner Kulturtage 2016

Seit Jänner 2016 arbeite ich mit großer Freude in meinem Traumberuf und habe dieses Jahr bereits viele Veranstaltungen ins Leben gerufen: Filmabende, Lesungen und Ausstellungen sowie das Halleiner Stadtfest und die Halleiner Kulturtage – ein fünftägiges Kulturfestival. Den Sommer nutze ich intensiv für die Jahresplanung und Konzepterstellung 2017 und im Herbst/Winter sind ein Filmfestival sowie ein Carl Orff-Weihnachtsspiel geplant.

Wer im Kulturmanagement arbeiten möchte, braucht das nötige Rüstzeug. Rahmenverhältnisse müssen geschaffen werden, die Kunst und Kultur sowie deren Verankerung im öffentlichen Bewusstsein möglich machen. Kunst weckt Sehnsüchte und will das Publikum auf eine magische Reise mitnehmen. Als Kulturmanagerin ermögliche ich den Blick in diese andere Welt, Tag für Tag und mit größter Leidenschaft.

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Patrizia Ebner

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