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Gessl Paul © Udo Titz
Kategorie: Allgemein ES DARF NICHT NUR UM KARTENERLÖSE UND AUSLASTUNG GEHEN 13.01.2015

Die  NÖ Kulturwirtschaft GesmbH – kurz NÖKU – vereint als Holdinggesellschaft und Kulturmanagement-Organisation 12 Tochtergesellschaften mit knapp mehr als 30 Kunst- und Kulturmarken im Ausstellungs- und Veranstaltungsbereich in Niederösterreich. Die einzelnen Marken entwickeln ein eigenständiges inhaltliches Profil, Überschneidungen und Doppelgleisigkeiten werden dabei durch ein gemeinsames künstlerisch-wissenschaftliches Rahmenkonzept vermieden.

Paul Gessl ist seit 2000 operativer Geschäftsführer der NÖKU Gruppe. Wir haben mit ihm über Personalentwicklung, den Stellenwert von Vermittlung in seinen Betrieben und seine Mission gesprochen.

BEGINNEN WIR MIT EINEM IHRER AKTUELLEN KERNTHEMEN: WELCHEN STELLENWERT HAT DIE KUNST- UND KULTURVERMITTLUNG IN IHREN BETRIEBEN?

Meine Grundaussage ist: Geld für Kulturförderung ist Geld für Bildungsförderung. Ich sehe die Institutionen – nicht nur, aber auch – stark als Bildungsinstitutionen, dementsprechend hat man sich diesem Auftrag zu stellen, ohne hier quasi die Funktion eines Lehrers oder einer Schule übernehmen zu wollen. Es geht um eine moderne Art von Wissensvermittlung, darum Neugierde zu wecken – hineinhören, fühlen, spüren und sich mitreißen lassen. Wir müssen wieder neugierig machen können!

Früher wurden VermittlerInnen meist mittels Werkvertrag beschäftigt und wie „Nicht Personal“ behandelt, da hat sich schon einiges geändert. VermittlerInnen müssen Teil des Teams sein, die Unternehmensphilosophie verstehen und somit auch den Prozess der Weiter- und Ausbildung mitmachen können. Die Weiterbildung ist ein ganz wichtiger Faktor, und das leben wir auch. Die Vorgaben für jeden Betrieb, den wir zu verantworten haben, sind:

  1. in jedem Betrieb muss es ein Kompetenzzentrum für Kunst- und Kulturvermittlung geben
  2. diese Abteilung muss budgetär und organisatorisch entsprechend ausgestattet sein, um etwas bewegen zu können
  3. laufende Aus- und Weiterbildung des Vermittlungsteams ist garantiert

Mit Kulturvermittlung.net haben wir auch eine Plattform geschaffen, wo sich Kunst- und KulturvermittlerInnen branchen- und institutionenunabhängig treffen können, um sich auszutauschen, zudem findet biennal ein Symposium statt, das vom Land mitunterstützt wird.

Aber es geht auch um die MitarbeiterInnen im Ticketing, die haben oft kein festes Dienstverhältnis, sind nicht Teil der Unternehmung und häufig schlecht bezahlt. Dabei sind sie es, die den ersten Kontakt zu den BesucherInnen haben! Das hat mich nachdenklich gemacht und muss geändert werden.

 

IST DAS ALLES LEISTBAR?

Das ist immer die große Frage! Aber Unternehmenskultur kostet immer Geld und da stellt sich dann die Frage, wo fange ich an zu sparen und wo besser nicht.

Der Prozess dauert schon drei Jahre und wir haben schon einiges umgestellt. Generell vertrete ich die Meinung, wir im Kunst und Kulturmanagement sind Service- und Dienstleistungsunternehmen – und das funktioniert nur, wenn man auch motivierte und engagierte MitarbeiterInnen hat. Das heißt, viel investieren in die Aus- und Weiterbildung von MitarbeiterInnen, die Vermittlung ist ja nur ein Teilbereich, mit diesem Verständnis haben wir in den letzten Jahren viel aufgebaut. Der Personalentwicklungsbereich ist für mich in den letzten zwei Jahren zu einem Kernbereich geworden, mit dem Anspruch, den Servicegedanken auszubauen.

 

BLEIBEN WIR BEIM THEMA PERSONALENTWICKLUNG: WAS BRAUCHT ES HEUTE IM KULTURBETRIEB, UM  QUALIFIZIERTE MITARBEITERINNEN ZU GEWINNEN UND DANN AUCH ZU HALTEN?

Grundsätzlich sind die Themen Inspiration, Perspektive, Freiraum immer von Bedeutung für die Motivation von MitarbeiterInnen, das ist branchenunabhängig. Der Kunst- und Kulturbetrieb hatte immer die Aura hoher Empathie und Emotion, für die MitarbeiterInnen auch bereit sind, für wenig Geld, ohne Perspektive und ohne professionelle Rahmenbedingungen zu arbeiten. Und das ist meines Erachtens Schnee von gestern, das ist vorbei. Man hat von allen Seiten, von der Öffentlichkeit, von der Politik berechtigterweise den Anspruch, dass in Kunst- und Kulturunternehmen, in denen mit öffentlichen Geldern gearbeitet wird, professionell gearbeitet wird. Und entsprechend weitergedacht heißt das, man muss auch professionelle Rahmenbedingungen für die MitarbeiterInnen schaffen, einen Dienstvertrag geben, die Instrumente einer Personalentwicklung zur Verfügung stellen, ein ordentliches Gehalt zahlen. In großen Kulturinstitutionen wird mittlerweile marktüblich gezahlt, es ist bekannt, was UniabsolventInnen oder FH-AbsolventInnen in anderen Bereichen verdienen und diesem Vergleich müssen wir uns stellen, damit wir die KollegInnen für uns gewinnen können. Es ist nicht mehr so, dass in Kunst- und Kulturinstitutionen um 20% oder 30% unter marktüblichen Gehältern gezahlt wird, das funktioniert nicht mehr.

 

AUF DER SEITE DER NIEDERÖSTERREICH KULTUR FINDET SICH DER SATZ: KULTUR BRAUCHT UNTERNEHMERISCHES DENKEN, UNTERNEHMERISCHES DENKEN BRAUCHT KULTUR. WAS VERSTEHEN SIE DARUNTER?

In dieser Aussage steckt viel drinn. Der erste Teil ist klar – ja, ich erwarte unternehmerisches, betriebswirtschaftliches, strategisches, kosteneffizientes Arbeiten und Denken im Kulturbereich. Aber ich warne auch davor, ausschließlich mit diesen Kriterien zu messen – und damit komme ich zum zweiten Teil: es muss neben den quantitativen Kennzahlen selbstverständlich auch qualitative Kriterien, Ziele und Messlatten geben –  unternehmerisches Denken braucht Kultur! Es kann nicht nur um Erlöse, Auslastung gehen, wir wissen alle, dass der Kulturbetrieb andere Aufträge hat. Aufgabe im Kulturmanagement ist es auch, immer wieder darauf aufmerksam zu machen, dass es nicht darum geht, Häuser zu füllen.

Deshalb sind mir diese beiden Aussagen meiner Mission so wichtig, und das muss sich auch durchziehen durch all die Bereiche, die wir vorher angesprochen haben.

 

 

 

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