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Ein Beitrag von Ulli Koch
Geld regiert die Welt – so oder so ähnlich lautet eine Weisheit, deren Ursprung bis in das Jahre 1616, in Georg Henischs Wörterbuch „Teütsche Sprach und Weißheit“, zurückverfolgt werden kann. Die Essenz dieser Weisheit existiert vermutlich noch länger. Kurzum, Geld beschäftigt die Menschheit und Geld sorgt dafür, dass beispielsweise Staaten, das Wirtschaftssystem, Kunst und Kultur sowie der eigene Haushalt mehr oder weniger gut funktionieren. Umso wichtiger ist es, dass Menschen Einblick in das Finanzsystem bekommen und verstehen lernen, welchen Einfluss (Kauf-)Entscheidungen auf das persönliche Budget aber auch auf globale Zusammenhänge haben.
Regiert wird das Geld der Welt u.a. von Banken. Das kann recht problematisch werden, muss es aber nicht, vor allem dann nicht, wenn sich Banken ihres gesellschaftlichen Auftrags bewusst sind und Maßnahmen entwickeln, die zur Finanzbildung der Gesellschaft beitragen. Die Erste Group Bank AG ist so eine Bank und hat in einer siebenjährigen Entwicklungszeit den „Erste Financial Life Park“ – kurz FLiP – in Auftrag gegeben, der sich auf spielerische Art und Weise mit dem Thema Geld und möglichst all seinen Facetten auseinandersetzt. Besonders erfrischend: Das FLiP befindet sich zwar im selben Gebäude wie der Erste Campus, in der Ausstellung jedoch ist davon nichts mehr zu merken. Klar, Bankprodukte wie Kredit, Überziehungsrahmen oder anderes sind Thema. Müssen sie auch sein, schließlich sind sie ein wesentlicher Bestandteil der persönlichen Finanzrealität, aber das Sprechen über diese Themen wird nicht durch die Bank oder die Holding beeinflusst. Nina von Gayl, Kuratorin der Ausstellung, betont im Gespräch, dass die Ausstellung ständig von einem wissenschaftlichen Beirat begleitet wird, der alle Entscheidungen freigibt. In einem kleinen historischen Detail ist die Erste Bank jedoch präsent: Alle Produkte des täglichen Lebens, die ein Namensfeld haben (Zeugnisse, Jahreskarten, etc.), werden mit dem Namen Marie Schwarz versehen, dem Namen jener Person, die das erste Sparbuch erhalten hat und das im Jahre 1820.
Aber nun zur Ausstellung an sich, die derzeit vornehmlich an Kinder und Jugendliche gerichtet ist und 2017 auch für Einzelbesuchende geöffnet wird. Gleich zu Beginn wird es knifflig, es gilt ein vorher festgelegtes Budget, das sich je nach Zielgruppe ändert, auf sieben Budgetposten zu verteilen: Wohnen, Mobilität, Freizeit, Medien und Kommunikation, Lebensmittel, Kleidung und Sparen. Jugendliche nehmen so beispielsweise die Rolle einer Studierenden, eines Lehrlings oder einer Vollzeit arbeitenden Person ein und müssen mit dem Budget, das sie zugewiesen bekommen, haushalten. „Das eigene Budget ist der Zellkern der Wirtschaft“, meint Nina von Gayl im Gespräch und ergänzt, dass dies den Ausgangspunkt darstellt, um Zusammenhänge zu erkennen. Damit ist auch schon der Grundgedanke des FLiP kurz umrissen: „Es geht darum, Wissen und Verständnis zu erzeugen, denn so kann eine Person anders agieren. Das Ziel ist, dass die Besuchenden wirtschaftliche Zusammenhänge erkennen und deswegen auch mit ihrem persönlichen Budget umgehen können.“
Diesem Ziel folgend widmet sich eine Station auch dem Wert von materiellen und immateriellen Dingen. Die Besuchenden bekommen die Aufgabe den Wert dieser Dinge zu bestimmen, was – so Nina von Gayl – schon auch zu hitzigen Diskussionen führen kann, denn monetärer und ideeller Wert müssen nicht immer übereinstimmen. Bei der Frage nach Kaufentscheidungen kommt dann die globale Komponente dezidiert mit ins Spiel. Die Besuchenden erfahren, wie sich Entscheidungen global auswirken, beispielsweise anhand einer Jeans, die in Italien produziert wird, deren Baumwolle aus Kasachstan kommt und die Verarbeitung in einem asiatischen Land stattfindet. Entscheidet sich die produzierende Person auf ein anderes Material umzusteigen, z.B. Biobaumwolle, so hat das Auswirkungen auf die Person, die die Baumwolle produziert, und kann gleichzeitig eine Erleichterung für die verarbeitende Person darstellen, deren Körper mit weniger chemischen Schadstoffen konfrontiert wird.
Begleitet werden die BesucherInnen von KulturvermittlerInnen, die am Institut für Kulturkonzepte ausgebildet wurden. Derzeit umfasst das Team drei festangestellte Personen, die alle aus der Bank kommen und auch Filialerfahrung mitbringen. Das sei besonders wichtig, meint Nina von Gayl, da sie so alltägliche Finanzbegriffe in Theorie und Praxis erklären können. Ergänzt wird das fixe Team um viele weitere Personen, die während ihrer Arbeitszeit freiwillig Führungen durch das FLiP anbieten. Alle VermittlerInnen eint, dass sie zuvor noch nie als KulturvermittlerInnen tätig waren, sprich, vor einer großen persönlichen Herausforderung standen. Ängste waren damit vorprogrammiert aber, so Nina von Gayl, durch die Ausbildung am Institut für Kulturkonzepte haben die KulturvermittlerInnen die notwendige Sicherheit erhalten. Durch ihre Arbeit ist die Ausstellung keine Aneinanderreihung von Stationen, sondern vielmehr eine Geschichte, die erzählt wird. Das Ergebnis: Leuchtende Augen, eifriges Mitdiskutieren und spielerisch Wissen aneignen, das die Kinder und Jugendlichen auf ihren weiteren Lebensweg begleitet.
Eine große Rolle dabei spielt vermutlich auch der interaktive Ansatz in der Kulturvermittlung. Jede teilnehmende Person bekommt ein sogenanntes Wallet, das sie oder er während des Besuches immer wieder benutzt, um Abbildungen auf Wänden einzuscannen, Fragen zu beantworten und Hintergrundinfos zu erhalten. Dies stellt aber nur eine Ergänzung zur persönlichen Kulturvermittlung dar, betont Nina von Gayl, da erst durch den menschlichen Kontakt vertiefende Fragen geklärt und mögliche Defizite und Diskrepanzen erkannt werden können. Die Auseinandersetzung mit dem Thema endet auch nicht nach dem Besuch, sondern wird durch begleitendes Unterrichtsmaterial, das kostenfrei runtergeladen werden kann, ergänzt.
Besonders viel Wert wurde auf die Barrierefreiheit der Ausstellung gelegt. So sind alle Teppiche niederflorig, ein Aufzug ist vorhanden und auch Induktionsschleifen stehen zur Verfügung. Zudem ist der Besuch im FLiP vollkommen kostenfrei, da selbst kleinere Vermittlungsbeiträge eine große Hürde darstellen können. Eine Herausforderung stellt derzeit noch der Umgang mit Seheinschränkungen dar, denen in einer vom visuellen Bild lebenden Ausstellung auch nur mangelhaft mit akustischen Bildbeschreibungen begegnet werden kann. Auch vom Sprachangebot scheint es für die Zukunft empfehlenswert Türkisch, BKS oder ÖGS ins Repertoire aufzunehmen und so den Zugang noch inklusiver und breiter zu gestalten.
Derzeit ist das FLiP bis Schuljahresende, also Juni 2017, fast ausgebucht. Nicht sonderlich verwundernd beim Welt regierenden Thema Geld, das jede Person betrifft. Nach einem Besuch der Ausstellung ist es sogar noch weniger verwunderlich, schließlich überzeugt die große Liebe für Details, das niederschwellige Angebot und der spielerische Umgang mit dem Thema Geld. Und dass die Ausstellung immer weiter wachsen wird. So wird es zum Beispiel eine Sonderausstellung zum Thema Brexit geben, die Ende März 2017 startet und während der gesamten Verhandlungszeit mitwachsen wird. Ein wichtiges Thema, das auch zunehmend Erwachsene in die Ausstellung ziehen wird – sofern das nicht ohnehin schon früher passiert.