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Ein Beitrag von Ulli Koch
Wo treffen Menschen aus den Bereichen Theater, bildende Kunst, Journalismus, Musik und Museum aufeinander? Beim jährlichen Kulturmanagement Forum des Instituts für Kulturkonzepte, das am 21. November 2018 zum sechsten Mal stattgefunden hat. „Wir schätzen den direkten Kontakt mit Menschen aus den unterschiedlichsten Kulturbetrieben“, sagt dazu Karin Wolf, Direktorin des Instituts, gleich zu Beginn der Veranstaltung und eröffnet damit einen spannenden Tag.
Generation C
Zur Keynote geladen wurde Ivana Scharf, Geschäftsleiterin bei MUTIK, ein Netzwerkprojekt, das die kulturelle Bildung in Schulen in Deutschland fördert. Sie ist zudem Mitautorin des, wahrscheinlich bald zum Standardwerk etablierten, Buches „Museen und Outreach“, das im Waxmann-Verlag erschienen ist.
Bevor näher auf das neue Schlagwort Outreach eingegangen wird, ein paar Vorbemerkungen zur Zielgruppe. In der Auseinandersetzung mit dem Publikum und seinen Bedürfnissen hat sich der Begriff der Generation C etabliert. Nach einer gängigen Definition handelt es sich dabei um die sogenannten digital natives, die nach 1980 geboren sind. Diese Generation bewegt sich in einer, so Ivana Scharf, „digitalen Weltgemeinschaft“, die mit der permanenten Vernetzung durch das Internet sozialisiert wurde. Das C steht dabei für computerized, clicking, collaboration und noch weiteren Begriffen mit dem Anfangsbuchstaben C, die unseren digitalen Umgang umschreiben.
Doch warum ist die Generation C für Kulturbetriebe relevant? Zum einen besteht sie aus potentiellen MitarbeiterInnen, die aufgrund ihrer Vernetzung und ihrer digitalen Gepflogenheiten andere Ansprüche auf ihr Berufsleben haben als die Generation vor ihnen. Zum anderen bildet sie die Publikumsschicht von morgen ab, die auch andere Ansprüche an ihren Kulturkonsum stellt. An diesem Punkt setzt Ivana Scharf an und erklärt den Begriff Outreach.
Outreach statt Partizipation
Partizipation, das Schlagwort, das den Kulturbetrieb in den letzten zehn Jahren beschäftigt hat, ist für die oben beschriebene Generation C nicht mehr ausreichend. Sie fordert vielmehr ein gemeinsames Gestalten und Kreativ-Sein ein. Für Kulturbetriebe bedeutet dies, dass bereits in der Konzeption von Kunst- und Kulturerfahrungen diese neue Generation mit einbezogen werden sollte. Ein konkretes Beispiel dafür ist die digitale Strategie der Rijksstudios des Rijksmuseum in den Niederlanden. Hier haben Interessierte die Möglichkeit sich zu registrieren und mit Kunstwerken zu agieren. Dazu können sie aus der umfangreichen Sammlung des Rijksmuseums auswählen, welches Kunstwerk ihnen besonders gefällt und dieses dann umgestalten sowie auf Pölster, Poster und Tassen drucken lassen.
Outreach bedeutet zudem auch, Kulturbetriebe zu demokratisieren und zu öffnen, zur eigenen Diversität zu stehen und anderen, neuen Netzwerken gegenüber offen zu werden. „Kulturbetriebe schaffen in Zukunft Relevanz durch Begegnung“, meint Ivana Scharf dazu und spricht damit das Auflösen von vermeintlich homogenen Gruppen an, die in verschiedenen Begegnungsformaten aufeinandertreffen. Outreach stellt einen offenen Innovationsprozess dar, bei dem auf das Publikum zugegangen und ein Kennenlernen initiiert wird. Damit definiert dieser Prozess die gesellschaftliche Rolle von Kulturbetrieben neu.
Neue Publikumsschichten generieren
Bernhard Rinner, Geschäftsführer der Bühnen Graz, setzt auf Weiterempfehlung und punktgenaue Kommunikation mit seinen BesucherInnen. So wird das Publikum einer bereits abgespielten Veranstaltung frühzeitig darüber informiert, wann die Gruppe oder das Stück wieder in einem der Häuser der Bühnen Graz zu sehen ist. Zudem erhalten die BesucherInnen nach ihrem Vorstellungsbesuch ein Feedback-Mail zugesandt, in dem abgefragt wird, ob sie das Stück weiterempfehlen würden. Bernhard Rinner dazu: „Wir können dem Publikum nicht sagen, was es sich anschauen soll, aber wir können ihnen Empfehlungen aussprechen, die ihren Interessen entsprechen.“ Daran anschließend sei noch ein weiteres Projekt der Bühnen Graz genannt. Auf dem Bühnen Blog finden BesucherInnen nicht nur alle Stücke aufgelistet, vielmehr sind diese in Kategorien, wie „Für kritische Geister“ oder „Für Erfahrene“ unterteilt. Diese erleichtern die Orientierung, machen Lust, verschiedene Kategorien auszuprobieren und ermöglichen eine zielgruppenspezifische Ansprache. Dahinter steckt jedoch kein Algorithmus, sondern ein Redaktionsteam, das sich jedes Stück ansieht.
Outreach durch Kooperationen Innenstadt/Außenbezirk
Ein Ort transdisziplinärer Kunst und Kultur ist die Brunnenpassage in Wien, die von der künstlerischen Leiterin Anne Wiederhold-Daryanavard vorgestellt wird. Die Brunnenpassage setzt in ihren Produktionen auf Kooperationen mit großen Kulturinstitutionen in der Innenstadt, wie derzeit aktuell mit dem Burgtheater Wien, dem Weltmuseum und dem Wiener Konzerthaus. So haben beispielsweise viele Menschen aus der Bevölkerung einen Teil einer Ausstellung im Weltmuseum gestaltet, während andere, die regelmäßig beim hauseigenen Chor singen, Auftritte im Konzerthaus hatten. All diese Projekte schlagen Brücken in der Wiener Kulturlandschaft und schließen an die Strategie der Brunnenpassage an, die sich als Impulsgeber für Stadtentwicklung versteht. Dazu, so Anne Wiederhold-Daryanavard, müssen Kulturbetriebe in andere, neue Richtungen denken und neue Formate entwickeln, die an bereits bestehende Programm- und Schwerpunkte anknüpfen.
Ansprüche ans Museum
„nutze dein museum“ ist ein Claim, den Matthias Beitl, Direktor des Volkskunde Museum Wien, vorstellt. Er meint damit, dass eine sich verändernde Gesellschaft auch ein sich veränderndes Museum braucht. Dazu gilt es sich zunächst die Grundsatzfrage zu stellen, wem ein Museum überhaupt gehört. Den DirektorInnen? Oder der Gesellschaft? Matthias Beitl konzertiert sich in seiner Arbeit auf Letzteres und stellt nicht die Frage, was das Publikum interessieren könnte, sondern fragt, welche Themen und Aspekte gerade eine gesellschaftliche Relevanz aufweisen und welche Botschaft das Museum nach außen bringen möchte. Gezählt und gewertet wird dabei der qualitative Mehrwert einer Ausstellung, bei der auch das Scheitern erlaubt ist. Aber auch kleine Erfolge gehören gefeiert, wie beispielsweise eine simple aber hoch effektive Maßnahme: Das Volkskundemuseum schließt direkt an einen Park an, dessen Verbindungstüre lange Zeit verschlossen blieb. Seit diese Türe jedoch geöffnet ist, trauen sich vielmehr Menschen in das Museum und finden heraus, was es ihnen bieten kann.
Networking oder probier‘ doch einmal Pistazieneis
In den anschließenden Kleingruppendiskussionen hatten die TeilnehmerInnen des Kulturmanagement Forums 2018 die Möglichkeit, das zuvor gehörte in drei unterschiedlichen Themenrunden intensiv zu diskutieren und sich untereinander zu vernetzen. So wurde in einer dieser Diskussionsgruppen die Frage nach der zielgruppenspezifischen Ansprache heiß diskutiert. Gewählt wurde dazu die Metapher des Zitroneneises. Ich kann jeden Tag in einen anderen Eissalon gehen und mir Zitroneneis kaufen, das wahrscheinlich auch jedes Mal ein wenig anders schmecken wird. Aber ist es wirklich zielführend dem Publikum immer nur mitzuteilen, dass der Kulturbetrieb eine weitere Zitroneneissorte im Angebot hat? Mitnichten. Denn die Aufgabe des Kulturbetriebs besteht auch darin zu sagen „Hey du, hast du schon mal Pistazieneis probiert?“
Finden Sie heraus, was das Institut für Kulturkonzepte neben den regelmäßig stattfindenden Veranstaltungen für MitarbeiterInnen und Führungskräfte in Kulturbetrieben anbietet: