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Ein Beitrag von Christian Henner-Fehr
Vor einigen Tagen habe ich das Blog von Jeanette Kakareka entdeckt. Zu verdanken habe ich das dem Blog der Staatsoper München, auf dem sie in einem Blogbeitrag darüber berichtet, wie sie als Ballettänzerin mit den Folgen der Corona-Pandemie zurechtkommt. Nachdem sie schon fünf Jahre bloggt, hat sie in der Coronazeit zusätzlich noch einen eigenen Youtube-Kanal gestartet.
Ich finde das großartig und lese vor allem Blogbeiträge von Künstler*innen sehr gerne. Oft nimmt man die Menschen, die auf der Bühne stehen, eben nur dort oben wahr. Sie spielen eine Rolle, aber vom Menschen dahinter erfährt man praktisch gar nichts. Wenn jemand ein Blog betreibt, ist das anders. Vor allem, wenn es wie in diesem Fall nicht nur um Ballettthemen geht, sondern sich dort zum Beispiel auch Rezepte finden lassen.
Kultureinrichtungen nutzen Blogs unterschiedlich
Ein anderes Beispiel ist das Blog des Deutschen Uhrenmuseums in Furtwangen. Würde dieses Museum nicht bloggen, wüsste ich vermutlich gar nicht, dass es dort ein Uhrenmuseum gibt. Aber auch hier gilt: All die Geschichten aus der Uhrenwelt üben eine Faszination aus, die in meinem Fall nur über die Blogbeiträge entsteht. Auf diese Weise kann ich verfolgen, was in diesem Museum so alles passiert. Und das schon seit etlichen Jahren.
Noch etwas länger gibt es das Blog der Residenz München. Wer von Anfang an, also seit 2011 die Beiträge gelesen und sich all die vielen Geschichten und Informationen gemerkt hat, kann vermutlich mittlerweile dort als Fremdenführer*in arbeiten. Jeder Beitrag war und ist so eine Art wissenschaftliche Abhandlung. Mittlerweile ist das Blog der Residenz München umgezogen und ein wichtiger Baustein des Schlösserblogs, das von der Bayerischen Schlösserverwaltung betrieben wird.
Im Blog berichten Sie vom Alltag, die Website ist mehr Schaufenster
Ich habe lange Zeit die Ansicht vertreten, der Begriff Blog würde irgendwann einmal verschwinden, weil sich Website und Blog immer ähnlicher werden und die Unterscheidung nicht mehr notwendig ist. Aber das stimmt gar nicht. Die Website ist mehr so eine Art Schaufenster, im Blog erzählt man Geschichten. Mich erinnert das an den Unterschied zwischen dem Feed und den Stories auf Instagram. In den Stories erfährt man etwas über den Alltag, die Beiträge im Homefeed haben oft mehr offiziellen Charakter.
Über ihre Geschichten habe ich die Künstlerin und die beiden Kultureinrichtungen kennen- und schätzen gelernt. Sie sind mir viel näher als all die anderen Künstler*innen und Kulturbetriebe. Genau das ist aber das Ziel, das wir in der Regel mit unseren Marketingaktivitäten verfolgen. In der ersten Phase der Customer Journey geht es darum, auf sich aufmerksam zu machen.
Wie haben sie das geschafft? Sie tauchten mit ihren Beiträgen an anderer Stelle auf, sie wurden von anderen Blogs erwähnt beziehungsweise verlinkt. Der Grund: Dort findet man Geschichten. Geschichten, die man gerne liest, die unterhalten, die aber auch Wissen vermitteln. Vermutlich deshalb sind sie auf anderen Blogs aufgetaucht und wurden empfohlen.
Verlinken ist immer noch sinnvoll
Zwar hat die Verlinkung in der Blogosphäre abgenommen, seitdem Inhalte über die sozialen Netzwerke geteilt werden. Aber das Prinzip funktioniert immer noch, wie das Beispiel Jeanette Kakareka zeigt. Ohne die Erwähnung im Staatsopernblog hätte ich davon nie erfahren. Verlinkung ist eine der Stärken von Blogs und da dort in der Regel immer wieder neue Geschichten auftauchen, gibt es immer wieder neue Gründe, darauf zu vernetzen, was anderen wiederum die Chance eröffnet, diese Blogs zu entdecken.
Früher hatten die meisten Blogs eine Blogroll, in der eine Blogbetreiber*in auf andere – in ihren Augen interessante – Blogs machte. Diese Art der Verlinkung funktioniert unabhängig von den Suchmaschinen, es ist eine Art Empfehlungsmarketing. Die User*innen können Dinge entdecken, die sie nicht gesucht haben, aber dann trotzdem interessant oder lesenswert finden. Jeff Jarvis hat das mal so schön als „unerwartete Relevanz“ bezeichnet.
Finden, ohne zu suchen
Dieser Aspekt der unerwarteten Relevanz spielt, so denke ich, im Kunst- und Kulturbereich eine bis jetzt unterschätzte Rolle. Millionen von User*innen warten nicht verzweifelt auf hochwertigen Content aus diesem Bereich, sondern haben lediglich Interesse daran, das es zu wecken gilt. Und weil die Relevanz für die meisten gering ist, suchen sie nicht aktiv danach. In meinem Fall hat das bei den drei genannten Blogbeispielen wunderbar funktioniert. Gesucht habe ich nicht danach, aber ich habe drei Blogs gefunden.
Auf diese Weise können Kunst und Kultur für Menschen relevant werden und sie dazu bringen, sich mit den jeweiligen Themen zu beschäftigen. Tauchen nun Fragen auf, werden die Suchmaschinen bemüht. Und auch hier sind Blogs hilfreich, weil dank der Blogbeiträge ständig neue Inhalte produziert werden. Diese werden von den Suchmaschinen indexiert und sind im Idealfall so positioniert, dass man sie auch gut findet.
Blogs schaffen Relevanz und sorgen für Sichtbarkeit
Blogs dienen also einerseits dazu, Relevanz zu schaffen und sorgen andererseits mit ihren Inhalten dafür, dass die jeweilige Kultureinrichtung oder Künstler*in dann in den Suchmaschinen zu finden sind. Um in den Suchmaschinen sichtbar zu sein, muss man sich mit dem Thema Suchmaschinenoptimierung beschäftigen.
Damit die Optimierung Früchte trägt, muss man die User*innen aber erst einmal für sich interessieren. Dafür sind qualitativ hochwertige Inhalte, aber auch eine gute Vernetzung unabdingbar. Wer sich lediglich darum kümmert, seine Inhalte für die Suchmaschinen zu optimieren, läuft Gefahr, trotzdem nicht entdeckt zu werden. Eben weil gar niemand nach ihm sucht. Wenn Sie noch kein Blog haben, versuchen Sie es doch einmal.
Christian Henner-Fehr lebt und arbeitet als Kulturberater in Wien. Er betreibt das Kulturmanagement Blog und beschäftigt sich aktuell mit den Themen Content Marketing, Social Media und der digitalen Transformation von Organisationen in den Bereichen Kultur und Tourismus. Außerdem entwickelt er Digitalisierungskonzepte für Städte und Regionen.
Am Institut für Kulturkonzepte unterrichtet er unter anderem das Seminar Projektplanung. Der nächste Termin dieses Seminars ist von 5.-7. November 2020 und findet online statt. Hier können Sie sich dafür anmelden!