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Kategorie: Digitalisierung Der neue Facebook Algorithmus: Gefahr oder Chance? 19.02.2018
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Foto von Kaboompics // Karolina von Pexels

Warum ist Facebook eigentlich für Kultureinrichtungen und Künstler so interessant? Die meisten schätzen das Netzwerk, weil sie dort nicht nur Menschen erreichen, die sich für ihre Arbeit interessieren, sondern diese auch regelmäßig mit Informationen versorgen können. Marketing ohne Facebook, das ist nur schwer vorstellbar. Aber vielleicht sollten wir beginnen, uns Gedanken über eine (Marketing)-Welt ohne Facebook zu machen.

Der Anlass: Vor einem guten Monat veröffentlichte Mark Zuckerberg ein Posting, in dem er schrieb, dass Facebook vor allem deshalb gegründet worden sei, damit sich Menschen mit ihrer Familie und ihren Freunden vernetzen und austauschen können. Dieses Ziel sei nun in Gefahr, denn

„(.) recently we’ve gotten feedback from our community that public content — posts from businesses, brands and media — is crowding out the personal moments that lead us to connect more with each other.“

Das bedeutete die Abkehr seines bisherigen Zieles, den Usern für sie relevante Inhalte zu zeigen. Stattdessen sollte zukünftig die Interaktion mit guten Freunden im Vordergrund stehen. Die darauf erfolgte Änderung des Algorithmus hat dazu geführt, dass es Postings von Seiten noch schwerer haben, in den Newsfeed der User zu gelangen. Das Resultat sind teilweise gewaltige Einbußen in der Reichweite der Postings.

Wann ist ein Posting relevant?

Was können wir als Seitenbetreiber dagegen tun? Jens Wiese hat in seinem Beitrag „Nach dem Newsfeed Update: Was Facebook jetzt Publishern empfiehlt“ auf AllFacebook.de aufgelistet, nach welchen Kriterien es ein Posting überhaupt in den Newsfeed schafft. Facebook prüft

  1. welche Postings von Freunden und Seiten angeboten werden (Inventory),
  2. ob es Daten gibt, die darauf hindeuten, dass ein Posting relevant ist (Signals),
  3. wie wahrscheinlich es ist, dass der User mit dem Posting interagiert (Prediction) und erstellt dann
  4. ein „relevant score“ für jedes einzelne Posting (Score).

Signale spielen schon immer eine Rolle, seitdem Facebook damit begonnen hat, mit Hilfe eines Algorithmus die wichtigsten Postings für den Newsfeed herauszufiltern. Aber natürlich haben sich die Signale im Laufe der Jahre verändert. Die folgende Folie (hier geht es zur Quelle) zeigt, worauf es jetzt ankommt:

Besonders wichtig sind, so schreibt Wiese, die folgenden Signale:

  • „Eine Person teilt einen Link über den Messenger,
  • Mehrfache Antworten auf den Kommentar einer Person zu einem Video,
  • Interaktionen mit den Fotos oder Beiträgen einer Person und
  • Interaktionen mit einem Publisher Post, der von einer Person geteilt wurde.“

Das bedeutet, es geht nicht um die bilaterale Interaktion mit dem Posting, sondern um die Interaktion zwischen den Usern. Ein Posting wird also dann von Facebook hoch bewertet, wenn es Diskussionen zwischen den Usern auslöst. Dafür muss ich als Seitenbetreiber sehr genau die Bedürfnisse meiner Fans kennen. Gewinnspiele und Postings, in denen es nur darum geht, auf die Schnelle möglichst viele Likes zu generieren, haben hier schlechte Karten und werden zukünftig eine viel geringere Reichweite aufweisen als in der Vergangenheit.

Eigentlich ist das ja keine schlechte Entwicklung, denn es bedeutet für uns User, dass wir von uninteressanten Inhalten verschont bleiben. So sieht es auch Benedikt Böckenförde in einem Gastbeitrag für Horizont Online. Er glaubt, dass Seitenbetreiber dadurch gezwungen sind, noch mehr auf die Nutzerbedürfnisse einzugehen:

„Künftig wird die Qualität der Interaktion, die ein Beitrag auslöst, noch entscheidender dafür sein, dass er organische Reichweite über Facebook erzielt. Reines Engagement-Baiting wird hingegen von Facebook abgestraft.“

Die eigene Website wird wieder wichtiger

Auf der anderen Seite leisten wir durch unser Anpassen an den Algorithmus einer Entwicklung Vorschub, die Rand Fishkin zu Recht kritisiert. In seinem Whiteboard Friday-Vortrag „Should SEOs & Content Marketers Play to the Social Networks‘ „Stay-On-Our-Site“ Algorithms?“ stellt er nämlich fest, dass die sozialen Netzwerke wie Facebook, Twitter, aber auch LinkedIn mit allen Mitteln versuchen, uns als User auf der Plattform zu halten. Wer extern verlinkt, wird dafür abgestraft. Natürlich können wir jetzt versuchen, Tricks herauszufinden, um den Algorithmus zu überlisten. Das funktioniert zum Beispiel, indem Sie den Link auf Ihren Blogbeitrag oder Artikel nicht mehr direkt in das Posting eingeben, sondern als Kommentar anhängen. Ich habe das auf meinem Profil ausprobiert und kann bestätigen, dass es funktioniert.

Aber ganz ehrlich: Wollen wir das? Ist es nicht viel sinnvoller, sich wieder mehr um das eigene Blog, die eigene Website zu kümmern? Dort bedrohen uns keine Algorithmen und wir laufen auch nicht Gefahr, dass unsere Beiträge gelöscht werden. Natürlich haben wir dort vielleicht nicht die Reichweite wie das mal auf Facebook mal der Fall war. Aber gilt nicht auch für den Kulturbereich, was Fishkin sagt?

„I would rather have an email or a loyal visitor or an RSS subscriber than I would 100 times as many Twitter followers, because the engagement you can get and the value that you can get as a business or as an organization is just much higher.“

Das bedeutet nun aber nicht, dass wir uns von Facebook und all den anderen Netzwerken zurückziehen sollten. Auch wenn ich eingangs geschrieben habe, dass nun der Zeitpunkt gekommen ist, sich über die Zeit nach Facebook Gedanken zu machen. Damit möchte ich nur das Überraschungsmoment ausschalten und verhindern, dass es uns unvorbereitet trifft, denn natürlich wird Facebook noch über längere Zeit das führende soziale Netzwerk sein.

Es gilt die richtige Balance zu finden, wie Fishkin es sehr treffend formuliert. Auf der einen Seite rücken wir wieder unsere eigenen digitalen Präsenzen mehr in den Mittelpunkt. Auf der anderen Seite können wir aber auch hinterfragen, wie wir die sozialen Netzwerke bisher genutzt haben. Meist doch nur als reines Werbemedium mit dem Ziel einer möglichst großen Reichweite. Hier ist der neue Algorithmus auf Facebook eine Chance, denn er zwingt uns dazu, mehr auf Interaktionen und auf den Aufbau von Beziehungen zu setzen. So gesehen müssen wir uns davor nicht fürchten, sondern sollten es als Chance sehen. Und das in zweifacher Hinsicht.

Christian Henner-Fehr lebt und arbeitet als Kulturberater in Wien. Er betreibt das Kulturmanagement Blog und beschäftigt sich aktuell mit den Themen Content Marketing, Social Media und der digitalen Transformation von Organisationen in den Bereichen Kultur und Tourismus. Außerdem entwickelt er Digitalisierungskonzepte für Städte und Regionen. Am Institut für Kulturkonzepte unterrichtet er unter anderem in zwei Seminaren unterschiedliche Themen zu Onlinemarketing – im Seminar Marketing im Social Web und im Seminar Content Marketing.

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