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Ein Beitrag von Christian Henner-Fehr
Wer in heutigen Zeiten als Influencer bezeichnet wird, muss sich ernsthaft überlegen, ob das nun eine Auszeichnung ist oder ob ihn jemand damit diskreditieren möchte. Influencer gibt es eigentlich schon lange. Aber während früher andere einem dieses Attribut verliehen, bezeichnen sich heute viele ganz selbstbewusst von sich aus als Influencer. Während früher vor allem die Expertise im Vordergrund stand, geht es heute eher um Reichweite.
Als Influencer kann man viel Geld verdienen
Bis zu einer Mio. USD sind Unternehmen angeblich bereit, internationalen Stars für ein Instagrampost zu zahlen. In Deutschland kann man, so das Ergebnis einer Befragung, als Top-Influencer mit mehr als einer halben Mio. Followern bis zu 38.000 Euro pro Posting verdienen. Wer weniger als 30.000 Follower hat, kann auch auf reiche Entlohnung hoffen. Bis zu 32.000 Euro werden gezahlt, in diesem Fall aber für eine ganze Kampagne.
Nun ist es aber gar nicht so einfach, ein Instagram-Star zu werden. Ohne qualitativ hochwertigen Content und die Fähigkeit, mit den UserInnen zu interagieren, hat man eigentlich keine Chance. Es sei denn, man hilft ein wenig nach und kauft sich seine Fans. Wenn man dann seine Fans hat und die Unternehmen sich immer noch nicht für einen interessieren, wird man schon mal ungeduldig und versucht dem Glück auf die Sprünge zu helfen.
Influencer zeichnen sich durch „Ansehen, Einfluss und Reichweite“ aus
Aber ich möchte jetzt nicht Influencer lächerlich machen, denn Influencer Marketing ist aus der heutigen Marketinglandschaft nicht wegzudenken und wird zukünftig wohl eine noch wichtigere Rolle spielen als heute schon. Wer Influencer Marketing für die strategische Kommunikation nutzt, setzt auf Personen „mit Ansehen, Einfluss und Reichweite“, wie es im Wikipedia-Artikel heißt. In diesem wird auch auf den von Nadja Enke und Nils S. Borchers veröffentlichten „Ergebnisbericht: Management strategischer Influencer-Kommunikation“ verwiesen, in dem die beiden AutorInnen zeigen, dass Influencer ganz verschiedene Rollen einnehmen und viel mehr können als Werbebildchen auf Instagram posten.
Genau aus diesem Grund ist, denke ich, das Influencer Marketing auch für den Kulturbereich interessant. Im Film– und Musikgeschäft gibt es sie schon lange, auch Museen suchen schon seit einigen Jahren die Zusammenarbeit mit Influencern. Aber auch für andere Sparten ist Influencer Marketing ein Thema, mit dem sie sich beschäftigen sollten. Einerseits, weil Kultureinrichtungen oft keine sehr große Reichweite haben und sich nicht leichttun, aus der eigenen Blase herauszukommen. Andererseits werden Empfehlungen immer häufiger über private Kanäle verschickt, zu denen Kultureinrichtungen oft keinen Zutritt haben.
Im Kulturbereich zählen wohl die Micro-Influencer mehr
Nun verfügt der Kunst- und Kulturbereich nicht über die (finanziellen) Möglichkeiten wie etwa die Modebranche. Aber ein Theater oder ein Museum benötigen auch gar nicht eine internationale Sichtbarkeit. Deshalb sollten sie sich eher mit den Micro-Influencern beschäftigen, also den Influencern, die nicht gleich ein paar Mio. Follower haben, sondern vielleicht nur 1.000 bis 2.000. Eine große Reichweite muss nämlich gar nicht unbedingt von Vorteil sein. Eduard Andrae und Philipp Rodewald erklären in einem Artikel für das Upload Magazin, warum oft „weniger Reichweite die bessere Wahl ist“.
Je geringer die Reichweite, desto größer ist das Engagement, schreiben sie und verweisen auf die Analyse einer englischen Agentur, die zeigt, dass die Engagement-Rate bei unter 1.000 Followern bei 8% liegt, während sie bei mehr als einer Mio. Followern nur noch 1,7% beträgt. Diese Zahlen beziehen sich auf Instagram, aber wir wissen alle, dass sich dieses Phänomen in allen sozialen Netzwerken beobachten lässt.
Andrae und Rodewald stellen darauf aufbauend folgende Regel auf:
„Je besser die Engagement-Rate, desto größer sind die Relevanz und auch die Glaubwürdigkeit eines Influencers.“
Die Herausforderung für Kultureinrichtungen besteht also darin, diese Micro-Influencer zu entdecken. Ich würde mich dabei nicht auf Instagram beschränken, sondern alle wesentlichen Kanäle nach ihnen absuchen. Facebook, Twitter, YouTube, Instagram, Pinterest aber auch Blogs kommen meiner Ansicht nach als relevante Kanäle in Frage. Erstellen Sie eine Liste und beobachten Sie die verschiedenen Accounts, um herauszufinden, wo die Stärken der einzelnen Influencer liegen und welche Möglichkeiten der Kooperation sich daraus ergeben.
Inhaltliche Zusammenarbeit statt Werbung
Ich glaube, dass es im Kunst- und Kulturbereich nicht so sehr darum geht, Influencer mit meinem Produkt in der Hand abzulichten und das Bild dann zu posten. Warum nicht eine inhaltliche Zusammenarbeit und diese als Teil des Content Marketing? Mir fällt dazu die Blogparade des Historischen Museums in Berlin ein. „Was bedeutet mir Demokratie?“, war die Frage, auf die mittlerweile 61 Antworten in Form eines Blogbeitrags eingegangen sind. Wer auf Instagram und Twitter nach dem Hashtag #DHMDemokratie sucht, wird auch dort fündig. Natürlich ist das quantitativ nicht mit dem Beitrag eines international bekannten Influencer vergleichbar, aber vermutlich hat diese Blogparade dem Museum mehr gebracht als ein Posting mit ein paar tausend Likes.
Beachtlich finde ich, welche Bandbreite die Beiträge haben und wer sich alles daran beteiligt. An dieser Blogparade haben sich nicht nur Museumsmenschen beteiligt, sondern zum Beispiel auch Blogs, die sich mit den Themen Nachhaltigkeit und Klimaschutz beschäftigen. Ob beabsichtigt oder nicht, dem Historischen Museum Berlin ist es damit gelungen, ein Netzwerk zu knüpfen, das weit über den Kunst- und Kulturbereich hinausgeht.
So ein Ansatz scheint mir sinnvoll. Warum immer nur Influencer aus einer Kunstsparte oder einer Branche suchen? Gibt es da nicht noch viel mehr Anknüpfungspunkte? Zum Beispiel könnte man sich mit dem Tourismusbereich kurzschließen, eine Themenroute für Touristen erarbeiten und mit einem Architekten zusammenarbeiten, der über die wichtigsten Gebäude informiert, in denen sich Demokratiegeschichte abgespielt hat. Hierfür könnte ich mir Influencer suchen, die auf Instagram Architekturbilder posten. Überlegen Sie doch einfach mal, welche Berührungspunkte es bei Ihrem nächsten Projekt oder Ihrer nächsten Produktion gibt.
Influencer im eigenen Haus
Vielleicht müssen Sie dieses Netzwerk gar nicht suchen, sondern haben es im eigenen Haus? Warum machen Sie nicht die MitarbeiterInnen zu Influencern? Das Modelabel macy’s hat es vorgemacht und 300 Angestellte zu Markenbotschaftern bzw. Influencern gemacht. Das setzt aber voraus, dass nicht nur die oder der Social Media-Verantwortliche sich im Social Web auskennt, sondern das gesamte Team. Aber ich denke, dieses Problem lässt sich schnell lösen und wenn Sie dann die MitarbeiterInnen mit Foto- und Filmmaterial unterstützen, werden Sie merken, dass die sehr schnell Gefallen daran finden und gerne selbst kreativ werden.
Falls Sie nicht genügend MitarbeiterInnen haben, können Sie es ja auch mit virtuellen Influencern versuchen. Shane Barker hat einen sehr lesenswerten Artikel über die sogenannten CGI (computer generated imagery)-Influencer geschrieben. Einer der Stars ist Miquela Sousa, die auf Instagram mittlerweile 1,6 Mio. Follower hat und im letzten Jahr vom Time Magazin zu den „25 Most Influential People on the Internet“ gezählt wurde.
Virtuelle Influencer haben ihren Reiz, aber sie können natürlich nie echtes Vertrauen aufbauen, denn es handelt sich ja um computergenerierte Kunstfiguren, die nie wirklich ausprobiert haben, was sie dann „bewerben“. Aber vielleicht sind die virtuellen Influencer gar nicht die Weiterentwicklung der Influencer, sondern eher eine Art virtuelles Maskottchen. CGI-Influencer sind ein sehr spannendes Thema, aber ich fürchte, Kultureinrichtungen fehlt dafür das nötige Kleingeld. 😉
Christian Henner-Fehr lebt und arbeitet als Kulturberater in Wien. Er betreibt das Kulturmanagement Blog und beschäftigt sich aktuell mit den Themen Content Marketing, Social Media und der digitalen Transformation von Organisationen in den Bereichen Kultur und Tourismus. Außerdem entwickelt er Digitalisierungskonzepte für Städte und Regionen. Am Institut für Kulturkonzepte unterrichtet er unter anderem in zwei Seminaren: im zweitägigen Seminar Online Marketing im Kulturbereich (nächster Termin: 24.-25.1.2020) und im eintägigen Seminar Crowdfunding (nächster Termin: 19.9.2019).