Kategorie: Die Arbeit macht mir eine Riesenfreude!
Die Arbeit macht mir eine Riesenfreude!
Judith Steiner, eine unserer AbsolventInnen, ist schon als Studentin mit dem Kulturmanagement in Berührung gekommen und dabeigeblieben. Am 9. Juni ist sie gemeinsam mit Alexander Moore / MusicConsulting zu Gast in unserem Info-Workshop und gibt Einblick in ihre Tätigkeit als Produktionsleiterin beim Festival Wellenklaenge und warum sie lieber im Kultursektor als in der Wirtschaft arbeitet. Wir haben sie vorab interviewt.
Wie hast du dich entschieden im Kulturbereich zu arbeiten?
Ich würde sagen, ich bin da „hineingeschlittert“. Nach dem Musikgymnasium habe ich Architektur und Industrial Design studiert und mein erster Kulturjob war bei den Innsbrucker Festwochen der Alten Musik. Eigentlich wollte ich als Fahrerin für die KünstlerInnen arbeiten, weil ich damals gern Auto gefahren bin, aber ich wurde gefragt, ob ich im KBB (künstlerischen Betriebsbüro) mitarbeiten möchte. Da hab ich gleich ja gesagt und bin ins kalte Wasser gesprungen, so habe ich es dann im Laufe meiner Karriere übrigens immer wieder gemacht. Ich war einige Jahre immer wieder dort und konnte den Betrieb gut kennenlernen, weil ich immer in einer anderen Abteilung mitarbeiten konnte. So hab ich viele Erfahrungen gemacht und mir eigene Werkzeuge zulegen können und meinen eigenen Arbeitsstil finden können.
Was waren wichtige Stationen deiner Karriere?
Bei den Salzburger Festspielen (Anm. Lukas Crepaz, der Geschäftsführer ist Kulturkonzepte-Absolvent) habe ich mich initiativ beworben und konnte trotz meines jungen Alters in der Produktion mitarbeiten. Mein Studium war durchaus von Vorteil, denn dadurch hat man mir zB zugetraut, Bühnenpläne zu lesen und mir einen gewissen Sinn für Ästhetik zugetraut.
Als Tourmanagerin bei der Lucerne Festival Academy zu arbeiten, gehört auf jeden Fall zu den prägenden Erfahrungen. Wenn man mit 150 MusikerInnen in Hamburg und Köln tourt und für das Orchestermanagement zuständig ist, da lernt man schon einiges. Dazwischen habe ich auch mal in einer Kommunikationsagentur gearbeitet, und danach war mir klar, dass ich in der Kultur zuhause bin, das könnte man als einen Wendepunkt bezeichnen, zumindest als eine sehr wichtige Erkenntnis.
Was hat dir unser Lehrgang gebracht?
Vor dem Lehrgang bedeutete Kulturmanagement für mich, Konzerte organisieren und ich habe hier erst die ganze Bandbreite kennen gelernt. Mein Lehrgangsprojekt war ein Marketingkonzept für ein Vokalensemble und das konnte ich Schritt für Schritt in den einzelnen Seminaren bearbeiten. Ich habe mich mit Themen wie Finanzierung und Förderungen angefreundet, vor denen hatte ich vorher einen ziemlichen Respekt. Durch die anderen TeilnehmerInnen habe ich Praxis-Einblicke in ganz verschiedene Sparten erhalten.
Und was machst du jetzt?
Seit 2018 bin ich Produktionsleiterin und Assistentin beim Festival wellenklaenge in Lunz am See (Anm. die Gründerin Suzie Heger ist auch Absolventin des Instituts für Kulturkonzepte). Das ist meine erste Führungsposition und damit in gewisser Weise auch ein Wendepunkt, denn nun stehe ich als Teamleiterin meinen MitarbeiterInnen gegenüber. Weil ich noch genau weiß, was damals als Assistentin gut für mich war, bemühe ich mich das in der neuen Position auch zu berücksichtigen: vor allem versuche ich den AssistentInnen, wo es möglich ist, die Freiheit zu geben, selbstständig Entscheidungen zu treffen. Die Arbeit macht mir eine Riesenfreude. Wir sind ein kleines und junges Team, d.h. ich kann auch mein Wissen zu Marketing und Programmierung einbringen. Lunz liegt ein bisschen am Ende der Welt, aber genau das macht ja auch seinen Charme aus und wir haben die Möglichkeit, die regionale Bevölkerung in die Gestaltung „ihres“ Festivals einzubinden.
Heuer wird es vom 17. Juli bis zum 1. August ein abgespecktes Programm vor allem mit österreichischen KünstlerInnen geben. Wir werden die Seebühne und den Lunzer Saal bespielen, mit begrenzter Besucherkapazität. Besonders freue ich mich auf die Strottern & Blech und auf das Abschlusskonzert mit Manu Delago.
Hast du eine Idee, wie es weitergeht?
Wo ich am Ende ankommen möchte, dass weiß ich aber noch gar nicht. Vielleicht zieht es mich auch noch einmal ins Ausland. Im Kulturmanagement hat man ja alle Möglichkeiten. Es muss auch gar nicht der eine 40 Stunden Job sein, wenn man es gut koordiniert, kann man auch bei drei aufeinanderfolgenden Festivals arbeiten. Als Kulturmanagerin hat man keinen klassischen 9-to-5-Job. Ich arbeite auch oft am Abend und am Wochenende und bin eigentlich auch jederzeit erreichbar. Das muss einem bewusst sein und man muss auch für sich persönlich einen Weg/eine Technik finden, damit umzugehen. Es gibt natürlich Zeiten, wo mehr zu tun ist (zB.: vor der Programmveröffentlichung, vor der Produktion von Drucksorten oder vor allem direkt vor Konzerten oder einem ganzen Festival). Das heißt auch, dass es Zeiten im Jahr gibt, an denen weniger Arbeit ist. Da kann man dann ja auch ein wenig entspannen. Da muss man halt auch einen Partner haben, der das mitträgt. Mein Freund ist Tonmeister und dem geht es so wie mir.
Am 9. Juni findet die kostenlose Online-Infoveranstaltung „Einfach machen!“ Meine Karriere im Kulturbereich statt. Von 16.00-17.30 Uhr stellen wir die Lehrgänge Kulturmanagement und Kulturvermittlung vor und werden mit Judith Steiner und Alexander Moore Gespräche führen.
Die Teilnahme ist kostenlos, bitte melden Sie sich hieran, der Link zur Online-Veranstaltung wird Ihnen dann zugeschickt.
Foto: Judith Steiner by Theresa Pewal
Kategorie: Erfolgreich Präsentieren – 3 überzeugende Tipps von Stella Damm
Erfolgreich Präsentieren – 3 überzeugende Tipps von Stella Damm
Stella Damm ist ausgebildete Trainerin für Social Skills und unterrichtet verschiedene Seminare zu diesem Thema am Institut für Kulturkonzepte. Von 4.-6. Juni findet ihr Seminar Erfolgreich Präsentieren (online via zoom) statt. Hier lernen Sie, wie Sie frei und selbstsicher vor Publikum sprechen können. Vorab gibt Ihnen Stella Damm hilfreiche Anregungen für Ihre zukünftigen Präsentationen:
Die Weichen für eine erfolgreiche Präsentation stellen Sie meist schon lange, bevor Sie zu sprechen beginnen. Indem Sie das, was Sie sagen wollen, gut durchdenken und auswählen, zum Beispiel. Oder indem Sie Ihre Präsentation ein paar Mal üben – dann wissen Sie, ob Sie mit der Zeit auskommen, ob die Technik mitspielt, und an welchen Stellen Sie ins Schleudern kommen könnten. Was Sie aber in all der Zeit DAVOR nicht haben, ist das Publikum. Hier drei Tipps aus der Sicht von denen, die Ihnen zuhören werden.
In Kontakt bleiben
Aufs Einfachste heruntergebrochen ist eine Präsentation nichts weiter als eine Situation, in der Sie anderen Menschen etwas erzählen. Sie erzählen, wir hören zu. Damit wir das gerne tun, müssen wir Ihre Präsenz spüren können. Und Kontakt zu Ihnen haben. Halten Sie Blickkontakt. Sprechen Sie zu uns, und nicht zu Ihren Notizen, und schon gar nicht zur Wand hinter Ihnen, egal wie wichtig die Folie ist, die da gerade hinprojiziert wird.
Keine Angst vor der Leere –
– weder auf den Präsentationsfolien (die wirken umso effektiver, je weniger Text draufsteht), noch in Ihrem Redefluss.
Wir im Publikum brauchen immer wieder kleine Pausen, brauchen Chancen, das bisher Gesagte zu verdauen und einzuordnen, bevor der nächste Schwall an Informationen kommt. Sonst merken wir uns nichts, kommen nicht mit und verpassen womöglich das Spannendste.
Vor allem wenn Sie dazu neigen, sehr schnell zu sprechen, wenn Sie nervös sind: Bitte üben Sie es regelrecht, zwischen den einzelnen wichtigen Punkten ein bis zwei Sekunden still zu sein. Diese sind eine gute Gelegenheit, uns anzulächeln, Blickkontakt zu halten und nicht zuletzt: sich wieder zu sammeln.
Zeigen Sie Ihre Begeisterung!
Wenn wir nervös sind, dann wollen wir besonders souverän wirken, nicht wahr? Die Vorstellung, dass andere unsere Aufregung mitbekommen, macht uns gleich noch nervöser. Deshalb ist die Versuchung groß, gleich überhaupt gar keine Emotionen zu zeigen. Und das wäre wirklich schade – denn es sind Ihre Begeisterung, Ihre Leidenschaft fürs Thema, Ihr eigenes Interesse daran, die uns im Publikum anstecken und mitreißen, die uns spüren lassen, dass da was dran ist an dem Projekt, der Idee, das uns selbst auch begeistern könnte. Also bitte nicht verstecken. Im Gegenteil: Erzählen Sie uns ruhig ausdrücklich, was genau Sie begeistert an Ihrem Thema und warum. Dann strahlen Sie ganz von alleine, und Ihre Präsentation strahlt mit.
Für den Termin vom 4.-6. Juni 2020 gibt es nur noch wenige freie Plätze. Sie haben die Gelegenheit das Seminar Erfolgreich Präsentieren online via zoom-link zu besuchen, melden Sie sich gleich dafür an!
Foto: Jutta Fischel
Stella Damm kommt ursprünglich aus dem Journalismus und war zwanzig Jahre lang bei Ö1 tätig, unter anderem als Moderatorin und Producerin der Sendereihe „Von Tag zu Tag“. Seit 2013 beschäftigt sie sich hauptberuflich mit dem Thema Selbstbehauptung und hat dazu das Trainingsprogramm „Awake the Tiger Within“ mitentwickelt, das sie als ausgebildete Trainerin für Social Skills begleitet. Am Institut für Kulturkonzepte unterrichtet sie seit 2005.
Viele Menschen stehen jetzt vor der Herausforderung, ihre Arbeit und sich selbst im Homeoffice neu zu organisieren. Dabei muss jeder und jede einen Weg finden, die individuell ganz unterschiedlichen Hürden zu überwinden. Den einen fehlt der direkte und persönliche Austausch mit KollegInnen, die anderen teilen sich den Küchentisch mit Partner und schulpflichtigen Kindern und die dritten fragen sich, wie sie abgesagte Projekte und Aufträge ersetzen können.
Warum fällt die Selbstorganisation gerade jetzt vielen so schwer?
Mit hoher Wahrscheinlichkeit befindet sich gerade niemand in einem ressourcenreichen Zustand. Das Leben mit der Pandemie legt über alle die gleichen Stressoren, unabhängig von der persönlichen Situation. Wir alle müssen die ganze Zeit viel adaptive Energie aufwenden, d.h. wir müssen uns ständig neu ausrichten und neue Informationen verarbeiten. Wir treffen täglich neue Entscheidungen, von denen wir aber gar nicht wissen, wie lange sie gültig sein können. Um es salopp zu sagen: Wir sind alle etwas durch den Wind. Das führt auch zu einem intensiven Lernprozess, denn wir müssen uns gerade daran gewöhnen, im Rahmen dieser Unsicherheiten zu navigieren. Das bedeutet eine automatische Kompetenzerweiterung im Alltag und auch im Arbeitsleben.
Die neue Arbeitssituation mit Kurzarbeit und Homeoffice erfordert neue Kompetenzen im Bereich der Online-Zusammenarbeit. Dabei spielt es eine große Rolle, wie die Situation zu Hause ist und auch welche Art von Konzentration und Kommunikationsfluss die aktuelle Aufgabe und der gesamte Job brauchen. Um ein ganz konkretes Beispiel zu geben: die Mitarbeiterin in der Marketing-Abteilung eines Theaters ist es gewöhnt, mit mehreren Menschen in einem Büro zu sitzen und im Team zu arbeiten. Im Homeoffice ist sie alleine und es geht ihr vor allem der informelle Informationsfluss ab – die Bemerkung nebenbei, das Reagieren auf ein Telefonat der Kollegin, das Gespräch in der Küche. Vielleicht empfindet sie es dafür als positiv, dass sie bei ihren Kernaufgaben produktiver ist, weil sie in ihrem Denkfluss und ihrer Kreativität weniger unterbrochen wird. Tendenziell geht es aber insgesamt in Richtung Vereinsamung, weil einfach das ganz normale Fließen der Kommunikation fehlt.
Was sollte man bei der Teamarbeit jetzt vor allem beachten?
Wenn alle im Homeoffice sitzen, ist es umso wichtiger, sich über ganz banale Dinge abzusprechen: Wer ist wann erreichbar, wieviel Präsenz wird erwartet. Wenn mein Chef zeitig in der Früh aktiv ist, bevor die Kinderbetreuung beginnt, muss ich dann auch erreichbar sein? Bevor da unausgesprochen etwas mitschwingt, drüber reden! Müssen alle im Team kontinuierlich ansprechbar und präsent sein, oder arbeitet jedeR selbstständig auf ein Ergebnis hin? Es sollte allen bewusst sein, dass Abläufe und Vorgehensweisen, die sich jetzt entwickeln, experimentellen Charakter haben. Das heißt auch, dass jedeR rechtzeitig Rückmeldung gibt, wenn etwas für sie oder ihn so nicht klappt.
Und wie bleiben jene Menschen produktiv, die selbstständig und ohne fixes Team arbeiten?
Selbstständige berichten oft von der ständigen Gefahr des Verzettelns. Menschen neigen generell dazu, zu überschätzen, was in einen Tag hineingeht. Es bleibt also zwangsläufig immer Arbeit liegen und damit erzeugt man sich selbst Unzufriedenheit. Es ist erwiesen, dass ich mehr weiterbringe, wenn ich am Vortag mit meinen Leistungen zufrieden war! Dazu gibt es bereits einen Blogbeitrag zum „Fortschritts-Prinzip“. Also muss ich mir gute Rahmenbedingungen schaffen, indem ich den Arbeitstag damit beginne mir zu überlegen, was heute die wichtigsten drei Dinge sind, die ich weiterbringen, fertigstellen oder einfach mal andenken muss. Dazu gehört auch, dass ich lerne einzuschätzen, was ist realistisch?
Kannst du uns 3 Empfehlungen geben?
1. Reduziere den selbstgemachten Druck und erwarte von vorneherein nicht zu viel. Nicht von deiner Familie, nicht von deiner Organisation und auch nicht von dir selbst.
2. Tausche dich mit den KollegInnen und Vorgesetzten immer wieder darüber aus, ob die Kommunikations- und Arbeitsabläufe für alle funktionieren.
3. Übernimm die Verantwortung für deine eigene Motivation. Experimentiere mit der Gestaltung deiner Rahmenbedingungen, sei es der Arbeitsplatz oder die Arbeitszeiten und die Pausengestaltung. Hilfreich sind Stabilität und neue Rituale.
Wie wirst du in deinem Seminar „To-Do-List Makeover“ auf die besonderen Herausforderungen durch Corona eingehen?
Die Grundideen, die ich diesem Seminar normalerweise vermittle, sind auch jetzt zum großen Teil gültig und anwendbar – wir werden dann gemeinsam oder auch in Kleingruppen drüber nachdenken, wie sie sich konkret umsetzen lassen für die unterschiedlichen Homeoffice Situationen. Und es werden ein paar einfache und wirksame Techniken zur Stressverringerung vorkommen, denn dem Stress entkommt derzeit niemand und genau der hemmt unsere Produktivität und unsere Zufriedenheit.
Kategorie: Schnell und kreativ – erfolgreiche Reaktionen auf den Shutdown
Schnell und kreativ – erfolgreiche Reaktionen auf den Shutdown
Der Kulturbereich ist von der Corona-Krise auf eine sehr ambivalente Weise getroffen. Einerseits herrscht Stillstand, denn die Kulturveranstaltungen sind bis zum Sommer abgesagt. Andererseits ist ein breites Kulturangebot in den sozialen Medien entstanden. Dazu haben wir zwei Kulturschaffende interviewt, die am 22. April zu Gast bei unserem Online-Workshop „Dein Weg zum Kulturjob“ sein werden.
Unsere Absolventin Lisa Reimitz-Wachberger von der Agentur Raumpioniere ist Urbanistin und Kulturmanagerin und hat innerhalb kürzester Zeit das Homestage Festival ins Leben gerufen, mit Konzerten, Kabaretts und mehr per Livestream. Der Kunstvermittler Markus Hübl führt täglich virtuell durch das Belvedere, Wien und hat damit bereits mehr als 100.000 Menschen erreicht. Wir haben sie gefragt, wie sie ihre außergewöhnlich erfolgreichen Projekte entwickelt haben und welche Erkenntnisse sie daraus für ihre Arbeit nach Corona ziehen können.
Fotos: links privat, rechts (c) Thomas Topf
Lisa entschied sich gemeinsam mit ihrem Partner sofort, die Event-Agentur ins Homeoffice zu verlegen und stellte sich am ersten Tag die Frage: „Was kann ich tun, um mir, der Agentur und anderen zu helfen?“ Schon am ersten Tag wird die Idee des Homestage-Festivals geboren. Nach einem kurzen Gegencheck mit den potentiellen PartnerInnen, begann sie sofort mit der Umsetzung. „Die ersten beiden Wochen des Lockdown waren superproduktiv, von Stillstand oder Grübeln war keine Rede“, sagt Lisa. Markus erlebte den Corona-Ausbruch auf der Rückreise von Italienaufenthalts im Zug Richtung Mailand und kam mit „dystopischen Eindrücken“ nach Wien zurück und dort ging es dann Schlag auf Schlag. Sein Arbeitsplatz, das Belvedere in Wien wurde geschlossen und in der ersten Krisensitzung fragten sich die AbteilungsleiterInnen: Wie gehen wir damit um, dass die Besucherinnen nicht zu uns ins Haus kommen können? Markus sagte sofort zu, das Belvedere in Form von Online-Führungen zu den BesucherInnen zu bringen und meint rückblickend: „Das war für mich als Kunstvermittler eine einzigartige Chance. Ich bin immer dafür, ins kalte Wasser zu springen. Man geht im Normalfall nicht unter! Wir haben ja alle schwimmen gelernt.“
„Was hat sich in der Organisation verändert?“
Lisa: „Wir sind in der Agentur zu zweit und arbeiten prinzipiell eng zusammen. Seit dem Lockdown teilen wir uns die Projekte aber auf und wenden unsere unterschiedliche Herangehensweisen an. Daraus ergibt sich neben der Arbeitsteilung auch ein Möglichkeitsraum, in dem wir individuell Neues ausprobieren können. Die räumliche Trennung bewirkt neue Arbeitsstrukturen. Mein Tagesablauf ist jetzt regelmäßiger, ich stehe früher auf und ich koche täglich zu Mittag. Man könnte sagen, nicht mehr der Arbeitsrhythmus mit Termindruck und Anforderungen von außen kontrolliert den Tag, sondern der Tagesrhythmus kontrolliert den Arbeitsablauf.“
Markus: „Für eine große und bedeutende Bundeseinrichtung ist das prozesshafte Arbeiten neu. Vor Corona hätten wir nicht innerhalb eines Tages den Beschluss für Live-Führungen gefasst. Da hätte es Konzepte, Besprechungen und Zeitpläne gegeben. Derzeit lernen wir im Tun und wir werden mit jeder Live-Führung souveräner. Ich persönlich durfte Verantwortung und Entscheidungen übernehmen, wie zum Beispiel, welche Kunstwerke wir zeigen. MitarbeiterInnen aus allen Abteilungen geben uns positive Feedback auf die Führungen und fühlen sich ebenso wie die BesucherInnen durch dieses Angebot noch mehr dem Haus verbunden.“
„Was wird vom Projekt nach Corona bestehen bleiben?“
Markus: „Es bestätigt sich die hohe Relevanz unserer Social Media Aktivitäten im Hinblick auf das Vermitteln und Verstärken positiver Emotionen und qualitätvoller Kommunikation. Ich kann mir vorstellen, dass das Bewusstsein dafür ab jetzt in allen Abteilungen noch stärker vorhanden sein wird. Und ich wünsche mir, dass wir den Mut des Ausprobierens und die Schnelligkeit der Umsetzung beibehalten werden.“
Lisa: „Vielleicht wird das Homestage-Festival in Zukunft ein Festival im realen Raum! Ich würde gerne die Erfahrung in der Organisation und Konzeption weiter nutzen und das Crowdfunding noch stärker im Kulturbereich verankern. Ich glaube, dass die Verbindung zwischen der digitalen und der analogen Welt dann in Form von Streaming selbstverständlich zu einen Festival gehören wird .“
Am 22. April findet der Online-Infoabend „Dein Weg zum Kulturjob: das Basiszertifikat Kulturmanagement“ statt. Von 16.00-17.30 Uhr stellen wir das Basiszertifikat Kulturmanagement vor und werden mit Lisa Reimitz-Wachberger und Markus Hübl Gespräche führen.
Die Teilnahme ist kostenlos, bitte melden Sie sich hieran, der Link zur Online-Veranstaltung wird Ihnen dann nächste Woche zugeschickt.
Fotos: links privat, rechts (c) Thomas Topf
Kategorie: COVID-19: Wie geht es im Institut für Kulturkonzepte weiter?
COVID-19: Wie geht es im Institut für Kulturkonzepte weiter?
COVID-19: Wie geht es im Institut für Kulturkonzepte weiter?
Wir hoffen, es geht Ihnen allen gut und Sie haben sich mit der Heimquarantäne angefreundet!
Das Institut für Kulturkonzepte hat aufgrund COVID-19 von 11. März bis einstweilen 13. April 2020 den Seminarbetrieb eingestellt.
Es geht aber weiter! Seit 16. März ist unser Team im Homeoffice und bemüht sich, für alle ausgefallenen Seminare schnellstmöglich neue Termine zu finden und den Lehrgangsbetrieb am Laufen zu halten.
Erste Ersatztermine wurden bereits gefunden, weitere folgen in den kommenden Wochen!
Was ist neu? Letzte Woche haben die Abschlusspräsentationen erstmals nicht vor Ort, sondern per Skype und Telefon stattgefunden! Das bedeutet, zukünftige Präsentationstermine werden zum geplanten Zeitpunkt stattfinden können.
Auch kommende Coachingtermine müssen nicht abgesagt werden. Dank Skype und dem Telefon, werden auch diese wie geplant abgehalten.
Bleibt auf dem Laufenden Alle aktuellen Seminartermine finden Sie auf unserer Website.
Folgen Sie uns auf Facebook! Dort finden Sie regelmäßig Informationen zum Institut sowie spannende Tipps rund um den Kulturbetrieb. Sollten Sie unsere Seite noch nicht geliked haben, wäre es jetzt eine gute Gelegenheit, um informiert zu bleiben!
Wir wünschen Ihnen viel Kraft in dieser Zeit und stehen Ihnen bei Fragen jederzeit per Mail (office@kulturkonzepte.at) zur Verfügung!
Wie gestaltet sich das Berufsbild KulturvermittlerIn und welche Karrieremöglichkeiten ergeben sich in diesem Bereich? Zwei Frauen, die seit vielen Jahren in diesem Feld arbeiten, geben uns Auskunft darüber. Andrea Zsutty ist Leiterin der Abteilung für Kunstvermittlung im Bank Austria Kunstforum und Leiterin des Lehrgangs Kulturvermittlung am Institut für Kulturkonzepte. Wencke Maderbacher war 15 Jahre im Technischen Museum Wien in der Kulturvermittlung tätig und ist seit 2015 National Correspondent für ICOM CECA, dem Kulturvermittlungskomitee von ICOM – International Council of Museums.
Wie gestaltet sich das Berufsbild von KulturvermittlerInnen?
Wencke Maderbacher: Das Berufsbild kommt beim Selbstverständnis der KulturvermittlerInnen und der Abteilung zu Tragen. KulturvermittlerInnen gestalten eigenständig das Programm zu den aktuellen Themen und Inhalten des Hauses. Dazu gehören etwa Ausstellungen, Publikationen oder Veranstaltungsreihen. So ist die Kulturvermittlung eine tragende Säule dabei, sich aktiv in die Programmgestaltung einzubringen und eigene Formate und Projekte umzusetzen. Wichtig dabei ist, die Inhalte einer Institution zu „übersetzen“ und in einen aktuellen gesellschaftlichen Dialog transferieren zu können. Im Mittelpunkt des Berufsbildes steht daher immer die Frage: Was haben die Inhalte und Themen der Kulturinstitution mit dem hier und jetzt zu tun?
Was lernen angehende KulturvermittlerInnen in ihrer Ausbildung?
Andrea Zsutty: Grundvoraussetzung ist, dass KulturvermittlerInnen ein eigenständiges Interesse an der Auseinandersetzung mit Menschen zu Themen der Kulturproduktion mitbringen. Im Lehrgang Kulturvermittlung am Institut für Kulturkonzepte wird beispielsweise versucht, sich gemeinsam der Frage nach dem „Wie?“ anzunähern. Diese Frage ist jedoch nicht eindeutig zu beantworten, da jede/r selbst zu einer individuellen Haltung der Vermittlung finden muss. Dieser Prozess wird in den Seminaren des Lehrgangs angeleitet. Unterstützt durch die praktische Anwendung von Vermittlungstätigkeiten und einer theoretischen Auseinandersetzung mit Diskursen und Themen des Berufsfeldes. Das Aus- und Weiterbildungsangebot kann hierbei unterstützend, vernetzend und Horizont erweiternd wirken. So werden Kompetenzen erworben, um Bedürfnisse, Interessen und Erwartungen des Publikums zu orten und Inhalte dementsprechend zu generieren, darzustellen und gemeinsam zu verhandeln. KulturvermittlerInnen sollten nach Absolvierung des Lehrgangs in der Lage sein, aus einem multiperspektivischen Ansatz heraus Diskurse anzuleiten, zu führen und zu moderieren. Das Ergebnis ist ein selbstgewähltes Vermittlungsprojekt, das soweit konzipiert, durchdacht und geplant wurde, um es im nächsten Schritt zur Durchführung zu bringen.
Welche Kriterien müssen KulturvermittlerInnen nach ihrer Ausbildung erfüllen, um im Berufsfeld Fuß zu fassen?
Wencke Maderbacher: Fuß fassen in der Kulturvermittlung hängt sicher von der angestrebten Institution ab – die eigenen Kompetenzen sollten immer mit dem Vermittlungsangebot der Institution und deren Zielgruppe abgeglichen werden. Im besten Fall bringt man diesbezüglich Vorerfahrung mit. Für eine Kulturinstitution mit hohem Tourismusanteil werden beispielsweise KulturvermittlerInnen mit einem sehr guten Fremdsprachenrepertoire benötigt. Bei einer Kultureinrichtung, die eng mit Schulen, Kindergärten und Jugendvereinen zusammenarbeitet, muss ich tendenziell andere Kriterien vorweisen – wie etwa eine pädagogische Ausbildung und Erfahrung mit Kindergruppen.
Aus Selbstschutz empfehle ich, vor allem bei den Verträgen genau hinzuschauen. Bei vielen freien Dienstverträgen/Werkverträgen/geringfügigen Anstellungen verstecken sich unzählige unbezahlte Vor- & Nachbereitungsstunden in der Freizeit. Kulturinstitutionen, die Vermittlungsabteilung und die VermittlerInnen selbst profitieren von einem stabilen Setting, planbaren Ressourcen und MitarbeiterInnen-Entwicklung. Diese Qualität nimmt das Publikum der Vermittlungsprogramme wahr.
Andrea Zsutty: Als Leiterin der Abteilung für Kunstvermittlung im Bank Austria Kunstforum Wien habe ich die Aufgabe, alle Vermittlungsprogramme und Aktivitäten zur Kommunikation mit dem Publikum zu den jeweiligen Ausstellungsthemen zu konzipieren. Ich tue das als Selbständige gemeinsam mit einem Team von KunstvermittlerInnen. Entsprechend ihrer Expertisen und Interessen können sich die KunstvermittlerInnen dabei nach eigenem Ermessen einbringen: Sei es in der Konzeption von Schulprogrammen oder Outreach-Programmen, als AutorInnen für den Multimediaguide oder in der Ausarbeitung von Spezialthemen. Diese intensiven Konzept- bzw. Textarbeiten erfolgen in der Regel zwei bis drei Monate vor Eröffnung einer neuen Ausstellung. Im laufenden Betrieb gibt es regelmäßige Treffen, wo die Konzepte nachbearbeitet oder verändert werden und die Termine für die gebuchten Vermittlungsprogramme vergeben werden. Einen Großteil meiner Arbeitszeit nimmt die Kommunikation mit dem Vermittlungsteam, den unterschiedlichen internen PartnerInnen (Office, Event, Social Media, BesucherInnenmanagement, KuratorInnen, Direktion, Buchhaltung) der Institution und externen PartnerInnen (KooperationspartnerInnen, MultiplikatorInnen, Presse) ein. Kurz gesagt besteht mein Arbeitsalltag mehrheitlich aus Organisation, Leadership und Kommunikation. Der kreative Teil, die Ideenfindung und die Konzeption von Vermittlungsprogrammen, ist jedoch das Herzstück und der Motor meiner Tätigkeit. Durch meine Lehrtätigkeit bin ich außerdem gefordert, stets am aktuellen Stand theoretischer Diskurse zu sein und zu wissen, welche praxisrelevanten Fragen in der KollegInnenschaft verhandelt werden.
Wencke Maderbacher: Ich arbeite an der dänischen Westküste im Tirpitz Museum, das Teil der Vardemuseen ist. Wir haben hier einen sehr modernen Arbeitsstil und jede/r MitarbeiterIn bringt sich mit ihren/seinen Kompetenzen dort ein, wo sie/er gerade gebraucht wird. Ich verbringe meinen Tag mit vielen Führungen auf dänisch, englisch und deutsch und erledige die Übersetzungsarbeit für die gesamten Vardemuseen, sowie die BesucherInnenbetreuung und Organisation diverser Veranstaltungen. Ehrenamtlich bin ich ICOM CECA Austria National Correspondent und setze mich hier vor allem für ordentliche Rahmenbedingungen der KulturvermittlerInnen ein. Deshalb war auch die Eingrenzung des Berufsbildes für die Kulturvermittlung ein wichtiger Meilenstein, um eine Basis für ein aktuelles Selbstbild und eine Verhandlungsbasis für KulturvermittlerInnen aufzustellen. Die österreichischen Entwicklungen tausche ich regelmäßig über das internationale ICOM Netzwerk aus. Hier können wir wirklich stolz auf uns sein – ICOM CECA Austria ist eine der aktivsten CECA Gruppen, wenn es um die Unterstützung der Interessen von KulturvermittlerInnen geht. Weil mir Arbeitsverhältnisse – vor allem die Förderung von KulturvermittlerInnen in den unterschiedlichen Institutionen – ein besonderes Anliegen sind, studiere ich an der Donau Universität Krems Personalmanagement. Dort ist mein Ziel, noch bessere Rahmenbedingungen, Kompetenzentwicklungsmöglichkeiten und Strukturen für MitarbeiterInnen in der Kultur entwickeln zu können.
Welchen Unterschied erkennst du in Bezug auf die Kulturvermittlung zwischen Österreich und Dänemark
Wencke Maderbacher: Viele dänische Museen und Kultureinrichtungen sind in ihrer Ausrichtung nah an den Interessen des Publikums – ganz unter dem Motto: „BesucherInnen im Zentrum“. Das sagen natürlich auch viele österreichische Institutionen von sich. Doch in Dänemark sind beispielsweise Spaß und Neugierde genauso wichtige Elemente, wie Information. Mit diesem Effekt erreichen sie tatsächlich die Bevölkerung und decken viele verschiedene Interessen ab. In Dänemark gehen die Menschen vielmehr zum Zeitvertreib und zur Unterhaltung ins Museum um nicht nur vordergründig etwas zu lernen. Denn dort kann man beeindruckende digitale Vermittlungsideen erleben – beispielsweise interaktive Videos der KuratorInnen, die mit den ausgestellten Objekten interagieren. Ich persönlich kann auf jeden Fall eine Inspirationsreise in die dänischen Museen empfehlen. Von diesem lockereren, humoristischen Umgang mit dem Publikum habe ich viel dazugelernt und ich genieße die angenehme Atmosphäre der Wissensvermittlung. Eine Gemeinsamkeit zwischen Österreich und Dänemark lässt sich jedenfalls bei der Umsetzung feststellen, da wirklich immer aus der BesucherInnen-Sicht gedacht wird.
Wieso wird der Beruf wichtiger und welche Trends ergeben sich mit Blick in die Zukunft?
Andrea Zsutty: Die Kulturvermittlung ist heute beinahe in allen Kulturinstitutionen ein wichtiger Bestandteil der Publikums- und Kommunikationsarbeit. KulturvermittlerInnen kennen die Bedürfnisse, Interessen und Erwartungen des Publikums und verfügen daher über das Wissen und die Befähigung, Kommunikationsangebote zu planen und durchzuführen. Kulturangebote brauchen professionelle Vermittlungsarbeit, um mit dem Publikum in Kontakt zu treten. Je nach Ausrichtung der Institution und dem Handlungsspielraum der Vermittlung kann durch Kulturvermittlungsangebote eine breite Öffentlichkeit erreicht werden. Eine wesentliche Aufgabe dabei ist es, Kulturinstitutionen als sozialen Ort nutzbar und erfahrbar zu machen. Wie in so vielen Bereichen sind auch in der Kulturvermittlung vielfältige Expertisen gefragt, die in Kulturbetrieben zur Umsetzung gelangen können: Kompetenzen in Bezug auf Sprachsensibilität, kulturelle Diversität, Gender, Inklusionsfragen und künstlerische Strategien. Themen, die uns aktuell und auch zukünftig beschäftigen, sind die Migrationsgesellschaft, neue soziale Kontexte und Kulturvermittlung im digitalen Zeitalter. Je spezifischer die Qualifikation ist, die InteressentInnen am Berufsfeld Kulturvermittlung mitbringen, desto höher ist die Chance, eine Nische zu besetzen und sich als ExpertIn in ein Projekt bzw. in eine Institution einbringen zu können.
Sie interessieren sich für eine Aus- oder Weiterbildung zu Kulturvermittlung? Am Institut für Kulturkonzepte können Sie sich jederzeit für den Lehrgang Kulturvermittlung bewerben. Unsere zweitägigen Seminare zu Kulturvermittlung können Sie auch einzeln besuchen. Das sind die nächsten Termine:
Melden Sie sich bei Interesse rasch an – die Seminarplätze sind begrenzt!
Foto: Verena Wieser
Wencke Maderbacher
ist Kulturmanagerin aus Wien und seit 2017 in Tirpitz an der dänischen Westküste aktiv. 15 Jahre lang war sie im Technischen Museum Wien in der Kulturvermittlung tätig, seit 2015 ist sie National Correspondent für ICOM CECA, dem Kulturvermittlungskomitee von ICOM. Ihr Arbeitsschwerpunkt in der Kulturvermittlung und Museumsberatung kreist um Organisation und Umsetzung. Ziel ist dabei, die besten Rahmenbedingungen zu schaffen, um die Interessen von Publikum, Team und Institution perfekt miteinander zu verbinden und kreatives Schaffen zu gewährleisten. Der Blick über den Tellerrand, regional, national und international ist für sie dabei ein inspirierender Funke für neue Konzepte und Ideen.
Foto: Archiv
Andrea Zsutty
ist Kunsthistorikerin und widmet sich seit 1996 der Kunstvermittlung. Im Bank Austria Kunstforum leitet sie die Abteilung für Kunstvermittlung, im Institut für Kulturkonzepte ist sie Lehrgangsleiterin für Kulturvermittlung, wo sie auch seit vielen Jahren unterrichtet. Als selbständige Kunst- und Kulturvermittlerin war sie in verschiedenen Ausstellungshäusern und Museen tätig, wie dem Palais Harrach, der Generali Foundation, dem Kunsthaus Köflach sowie dem KUNSTHAUSSUDHAUS Villach. Außerdem ist sie Redakteurin für diverse ORF TV-Formate.
Kategorie: „Überzeugen statt Informieren“ – 3 Wording-Tipps von Karin Wolf
„Überzeugen statt Informieren“ – 3 Wording-Tipps von Karin Wolf
Ein Beitrag von Karin Wolf
Einer meiner Lieblingssprüche, den ich in allen meinen Seminaren irgendwann sage: „Im Kulturmanagement müssen wir nicht nur sehr gut kommunizieren können, wir müssen auf allen Ebenen überzeugen können!“
Ich sehe, dass die Ansprüche an Führungskräfte in Kulturorganisationen sich mündlich und schriftlich gut auszudrücken, ständig steigen. Vor allem das Texten wird immer schwieriger, denn wir müssen zugleich auf den unterschiedlichsten Kanälen Informationen verbreiten. Neben den Inhalten soll dabei auch das Image der Organisation nachhaltig beim Publikum verankert werden.
Vor einiger Zeit bin ich auf ein Buch gestoßen, das ich allen KulturmanagerInnen, die beruflich Texte verfassen, ans Herz lege: Martin Dunkl zeigt in seinem Buch „Corporate Code“, wie Organisationen ihre DialogpartnerInnen erreichen können und dabei ein sympathisches und überzeugendes Gesamtbild abgeben. Eine unternehmenstypische Sprache ist das Ergebnis eines inhaltlich anspruchsvollen Prozesses, in dem Psychologie, Linguistik und Markenführung zum Tragen kommen. Ein positiver „Nebeneffekt“ ist dabei die intensive Auseinandersetzung mit der Identität und den Wirkungszielen der eigenen Organisation im Team.
Aus Martin Dunkls Buch leite ich mir 3 praktische Tipps für meinen Arbeitsalltag ab:
Verben statt Hauptwörter
Nicht: „Die Eröffnung der Ausstellung findet am Montag statt.“ Sondern: „Wir eröffnen die Ausstellung am Montag.“
Empfängerperspektive
Erwartet sich die Person, der ich ein persönliches Email schreibe, von mir eine Antwort auf eine Frage? Wiederholen Sie am Beginn Ihrer Nachricht das Anliegen des Gegenübers. „Sie möchten wissen, ob…“. Eine empfängerorientierte Nachricht beginnt nicht mit „ich“ sondern mit „Sie“.
Positiv formulieren
Nicht: „Bei unseren Aufführungen ist ein Übersetzen in eine andere Sprache nicht möglich.“ Sondern: „Für den Besuch unserer Aufführungen empfehlen wir Ihnen Grundkenntnisse der Deutschen Sprache.“
Eine Ausdrucksweise zu finden, die der eigenen Organisation entspricht, empfinde ich als eine anspruchsvolle Aufgabe, für die man Zeit reservieren muss. Sie macht aber auch Spaß – vor allem, wenn man im Team daran arbeitet!
Foto: Marko Mestrovic
Karin Wolf ist Gründerin und Direktorin des Instituts für Kulturkonzepte. In ihrer Blogreihe verrät sie uns praktische Tipps rund um den Arbeitsalltag von KulturmanagerInnen. Melden Sie sich für den Kulturkonzepte-Newsletter an. Darin teilt Karin Wolf 4x im Jahr ihre Gedanken zum aktuellen Diskurs und zum Thema „Kulturmanagement mit Haltung“. Hier geht’s zur Newsletter-Anmeldung.
Foto; rawpixel @ unsplash
Kategorie: To-do-List Makeover – 3 entlastende Tipps von Stella Damm
To-do-List Makeover – 3 entlastende Tipps von Stella Damm
Stella Damm ist Journalistin und Trainerin. Seit vielen Jahren unterrichtet sie am Institut für Kulturkonzepte zu den Themen Präsentationstechnik und Social Skills. Von 17.-18. Oktober zeigt Sie Ihnen im Seminar To-do-List Makeover einfache Methoden, die Sie im Arbeitsalltag entlasten. Versuchen Sie es doch schon vorab mit diesen 3 Tipps von Stella Damm:
Eine To-do-Liste soll helfen, nicht quälen
Sie entlastet unser Gedächtnis, schenkt uns das befriedigende Gefühl beim Abhaken, und soll uns helfen, den Überblick zu wahren. Nicht mehr und nicht weniger. Wenn Ihre To-do-Liste sich zu einer Art Folterinstrument entwickelt hat, Ihnen das Gefühl gibt, nie genug getan zu haben oder nie im Leben alles erledigt zu kriegen, dann läuft was schief. Hier drei Ideen, die dabei helfen, das wieder gerade zu rücken:
1. Entlastung: Masterliste und Tagesliste
Wenn Sie eine seitenlange To-do-Liste haben, kann schon das bloße Hinschauen das Gefühl erwecken, in Arbeit unterzugehen. Führen Sie lieber eine Masterliste (am besten nach Bereichen oder Projekten unterteilt) und zusätzlich eine wesentlich kürzere Tagesliste.
Die Masterliste ist der Ort, wo Sie neue Aufgaben eintragen, die nicht sofort passieren, und wo Sie alle Aufgaben wiederfinden, die irgendwann noch erledigt werden müssen. Die Tagesliste enthält nur, was heute ansteht. Und das sollte auf ein Post-It passen.
2. „Was machst du den ganzen Tag?“ – Der Nutzen der Done-List
Vor allem, wenn Ihre Arbeit eher unstrukturiert ist, und Sie einen großen Teil des Tages auf Dinge reagieren müssen, die an Sie herangetragen werden, sollten Sie am Ende des Tages eine Erledigt-Liste schreiben. Um sich klar zu machen, was Sie alles geschafft haben. Um dem Gefühl entgegenzuwirken, dass die Zeit einfach nur so verronnen ist. Und fürs Erfolgserlebnis und die Freude.
3. Pausen
Wer in mein Seminar kommt, will eins (oder mehr) von drei Dingen: Weniger Stress, mehr Organisation, mehr Produktivität. Pausen helfen bei allen dreien. Sie verhindern, dass sich Anspannung und Müdigkeit ansammelt, sie strukturieren die Zeit und machen uns dadurch organisierter, und sie führen zu mehr Produktivität: Eine groß angelegte Studie in Skandinavien hat das Ergebnis gebracht, dass die produktivsten Mitarbeiter im Durchschnitt alle 50 Minuten 17 Minuten Pause machen. Mit anderen Worten: wenn Sie mehr Pausen machen, sich erlauben, zwischendurch ins Leere zu schauen, mit Kollegen zu tratschen, rauszugehen und Luft zu schnappen, dann werden Sie mehr geregelt kriegen, und das sogar besser machen.
Stella Damm kommt ursprünglich aus dem Journalismus und war zwanzig Jahre lang bei Ö1 tätig, unter anderem als Moderatorin und Producerin der Sendereihe „Von Tag zu Tag“. Seit 2013 beschäftigt sie sich hauptberuflich mit dem Thema Selbstbehauptung und hat dazu das Trainingsprogramm „Awake the Tiger Within“ mitentwickelt, das sie als ausgebildete Trainerin für Social Skills begleitet. Am Institut für Kulturkonzepte unterrichtet sie seit 2005.
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Kategorie: Content Marketing: 5 Fehler, die Sie vermeiden sollten
Content Marketing: 5 Fehler, die Sie vermeiden sollten
In meinem letzten Beitrag auf diesem Blog ging es um die Rahmenbedingungen unserer Content Marketing-Aktivitäten. Der Kampf um Aufmerksamkeit wird immer härter, weil das Angebot an Content die Nachfrage weit übersteigt und die Userinnen und User sich auf eine Vielzahl von Netzwerken und Messengersystemen verteilen.
Aber natürlich liegt es schon auch an uns selbst, ob unsere Inhalte die richtigen Ziel- oder Bedarfsgruppen erreichen. In ihrem Blogbeitrag „5 Content Distribution #Fails That Will Make You A Loser“ listet Heidi Cohen Fehler auf, die erfolgreiches Content Marketing verhindern.
Wer auf der Suche nach Tipps für erfolgreiches Content Marketing ist, stößt auf viele Bücher und Artikel, die sich mit der Produktion von Inhalten beschäftigen. Cohen beschäftigt sich in ihrem Blogbeitrag mehr mit der Distribution der Inhalte. Die tollsten Inhalte sind umsonst produziert worden, wenn es nicht gelingt, mit dem Content die jeweiligen Ziel- und Bedarfsgruppen anzusprechen.
Sie verweist in dem Zusammenhang auf eine Untersuchung, die von der Agentur Outreach Plus durchgeführt wurde. Ihr zufolge haben 90% der Content Marketer Probleme, ihre Inhalte unter die Leute zu bringen. Viele haben keine Zeit, sich um die Content Distribution zu kümmern und einige wissen nicht, wie sie dabei vorgehen sollen, schreibt Heidi Cohen.
Das ist starker Tobak! Woran liegt es? Heidi Cohen führt es darauf zurück, dass viele ohne Plan arbeiten und sich dann in der Arbeit verlieren, ohne alle wichtigen Aufgaben erledigen zu können. Wenn dann nach der Contenterstellung alle Ressourcen verbraucht sind, bleibt für die Distribution halt nichts mehr. Der fehlende Plan führt dann auch gleich zu Heidi Cohens Fehler Nummer eins.
Es existiert keine dokumentierte Content Marketing Strategy
Dokumentiert heißt aufgeschrieben. Den meisten fällt dazu der Redaktionskalender ein. Man kann den auch brav in der Vorausschau auf die nächsten 6, 8 oder 12 Monate mit möglichen Inhalten füllen. Aber die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass sich die Realität nicht an diesen Plan halten wird. In meinem Beitrag „Agile Arbeitsmethoden im Marketing“ habe ich mögliche Alternativen aufgezeigt. Damit fahre ich persönlich ganz gut, muss aber auch dazusagen, dass ich mein Blog allein mit Inhalten fülle und deshalb sicher flexibler bin als zum Beispiel ein großer Kulturbetrieb.
Nur: Ein Redaktionsplan ist noch keine Strategie! Es geht nicht darum, einen Kalender mit möglichen Themen zu füllen, sondern eine Verbindung zwischen Unternehmens- oder Organisationszielen und dem Content herzustellen. Bei Heidi Cohen ist ein recht hilfreicher Satz – eigentlich sind es zwei Sätze – zu finden, der etliche Leerstellen aufweist: „We create, publish & share [______] content for [______] audience to yield [_______] benefit. As a result, we achieve [_______] goal.“
Wenn Sie es geschafft haben, diese Leerstellen mit Inhalten zu füllen, haben Sie Ihr Content Marketing Mission Statement erstellt. Sie können diese zwei Sätze gerne noch ausformulieren, aber die klare Aussage sollte erhalten bleiben.
Auf dieser Basis und mit dem Wissen, wer Ihre Ziel- und Bedarfsgruppen sind, erstellen Sie dann Ihren Redaktionskalender oder -plan. Gleichzeitig sollten Sie sich aber auch überlegen, welche Kanäle Sie dafür nutzen. Das funktioniert nur, wenn Sie wissen, welche Kommunikationskanäle die verwenden, die Sie erreichen möchten.
Es fehlt am Geld
Einer dieser von Kultureinrichtungen bevorzugten Kommunikationskanäle sind die sozialen Medien. Bevorzugt deshalb, weil man die meisten sozialen Netzwerke kostenlos nutzen durfte. Die Zeiten haben sich geändert. Wer heute im Internet Marketing betreiben möchte, wird nicht umhinkommen, dafür ein ordentliches Budget aufzustellen. Facebook hat seine Algorithmen so verändert, dass es mit einer Seite praktisch unmöglich ist, die Reichweite einer Seite organisch entscheidend zu vergrößern.
Cohen schreibt in ihrem Beitrag, dass durchschnittlich 26% eines Marketingbudgets in das Content Marketing fließen. Wer in diesem Bereich besonders erfolgreich ist, investiert 40% in das Content Marketing. Es ist also nicht ganz von der Hand zu weisen, dass es, um erfolgreich Inhalte zu produzieren und zu distribuieren, des Einsatzes finanzieller Mittel bedarf. Das Problem sind aber vermutlich gar nicht die 26% für das Content Marketing, sondern die Größe der Marketingbudgets allgemein.
Und noch ein Aspekt spielt, denke ich, eine Rolle; Heidi Cohen spricht ihn in ihrem Beitrag an. In Kultureinrichtungen gibt es viele Abteilungen, die alle ihre eigenen Budgets haben. Erfolgt hier keine Abstimmung, kann es auch keine Synergieeffekte geben, das Potenzial der Content Marketing-Aktivitäten wird nicht ausgeschöpft.
Dem Content fehlt die Qualität
Um das Potenzial ausschöpfen zu können, bedarf es zweier Voraussetzungen: Erstens muss die Qualität der Inhalte stimmen und zweitens müssen diese Inhalte auch geteilt werden. An der Qualität des Contents gibt es bei Kultureinrichtungen selten etwas auszusetzen. Sie verfügen in der Regel über ein Alleinstellungsmerkmal und haben auf der Grundlage ihres kulturellen beziehungsweise künstlerischen Angebots auch meist qualitativ hochwertige Inhalte.
Das Problem besteht also eher darin, dass diese Inhalte nicht geteilt werden und dadurch zu wenig Menschen darauf aufmerksam werden. Der Grund ist die abnehmende Bereitschaft, Inhalte zu teilen. Der von mir schon im letzten Beitrag auf diesem Blog erwähnte BuzzSumo-Report zeigt das ganz deutlich.
Diese Zahlen muten recht trostlos an, aber die meisten Kultureinrichtungen sind auch zu einem nicht unerheblichen Teil selbst schuld daran. Viel zu selten teilen sie andere Inhalte. Inhalte, die aber durchaus einen Bezug zur eigenen Arbeit hätten und für etliche vielleicht hilfreich wären.
Fehlendes oder geringes Engagement der NutzerInnen
Wer Marketing im Internet betreibt, sollte wissen, dass es nicht darum geht, Werbung zu betreiben, sondern Beziehungen aufzubauen. Erst wenn auf der Beziehungsebene Vertrauen entsteht, kommen wir an den Punkt, wo sich UserInnen engagieren. Viele Kultureinrichtungen verstehen aber ihre Website und die Social Media-Präsenzen nicht als ein Gesprächsangebot, sondern eher als Plakatwand.
Ein Gesprächsangebot zu machen heißt, sich auf die gleiche Ebene zu begeben und voneinander zu lernen oder zu profitieren. Viele Kultureinrichtungen überfrachten zum Beispiel ihre Website mit Inhalten und geben sich unnahbar. Unnahbar, das heißt unter anderem: Ich weiß als User gar nicht, mit wem ich es zu tun habe. Ich als Besucher einer Website möchte nicht mit der Kultureinrichtung sprechen, sondern mit Menschen. Insofern halte ich die Forderung von Heidi Cohen, dem Unternehmen beziehungsweise der Kultureinrichtung ein Gesicht zu geben, für sehr wichtig.
Mit falschen oder ohne Kennzahlen arbeiten
Wir alle wissen, dass wir am Ende messen sollten, ob wir mit unseren Aktivitäten erfolgreich waren oder nicht. Um das herauszufinden, brauchen wir Kennzahlen. In der Regel werden da Zahlen verwendet, die sich in Google Analytics oder den Statistik-Tools der verschiedenen Netzwerke finden. Meist entsteht dann im Laufe der Monate eine Zahlenkette und wenn die in der grafischen Darstellung langsam nach oben steigt, dann sind wir zufrieden. Sind diese Zahlenreihen nicht in irgendeiner Form mit den Unternehmenszielen verbunden, bringen sie uns nicht weiter. Ganz im Gegenteil: Unter Umständen locken sie uns sogar in die falsche Richtung. Die Zahl der Fans einer Facebookseite gehören für mich in diese Kategorie.
Ein anderes Beispiel: Ich nehme an, Sie kennen die Bounce Rate, oder in der Übersetzung, die Absprungrate. Sie ist bei vielen Seiten von Kultureinrichtungen relativ hoch, was oft zu Überlegungen führt, wie man diese Rate verringern könnte. Bevor Sie sich nun überlegen, was Sie tun können, um Ihre UserInnen auf der Seite zu halten, sollten Sie bedenken: Erstens kann eine hohe Absprungrate auch bedeuten, dass jemand etwas gesucht und auf Ihrer Seite gefunden hat. Dieser „jemand“ ist vielleicht ein Besucher, der nur wissen wollte, wann das Museum öffnet oder das Konzert beginnt. Er hat gefunden, was er sucht, mehr war nicht nötig.
Ein anderes Beispiel ist das Verhältnis zwischen neuen und wiederkehrenden BesucherInnen Ihrer Seite. Natürlich wünschen wir uns alle, dass die UserInnen möglichst oft auf unsere Seite kommen. Was aber ist, wenn Sie vier Monate lang ein und dieselbe Ausstellung zeigen und deren Besucher deshalb erst nach Wochen oder Monaten wieder auf Ihre Website zugreifen. Die Cookies, die jemanden als wiederkehrenden Besucher identifizieren, haben ihre Gültigkeit verloren, der User wird vom Analyse-Tool als neuer Besucher erkannt.
Sie sehen, es ist gar nicht so leicht, die richtigen Zahlen zu finden beziehungsweise sie auch richtig zu interpretieren. Das ist eine Arbeit, die praktisch nie beendet ist, denn auch Ihre Angebote ändern sich und damit die Rahmenbedingungen für Ihre Marketingaktivitäten. Die größte Herausforderung besteht darin, erst einmal geeignete Kennzahlen zu finden. Hilfreiche Kennzahlen sind zum Beispiel:
Unique visitors
Conversion rate
Zahl der Leads
Call-to-action (CTA)
Zahl der KundInnen/BesucherInnen
Engagement (bezogen auf Interaktion via Website, Email oder soziale Netzwerke)
Positionen in den Suchmaschinen
Backlinks
Sie können aber zum Beispiel auch Ihre Facebookseite dafür verwenden, sich Feedback von Ihren KundInnen/BesucherInnen zu holen. Eine erste Kennzahl wäre, wie viel Feedback Sie überhaupt bekommen. Eine zweite könnte die Zahl der Kritikpunkte oder Vorschläge sein, die Sie aufgreifen und etwas verändern.
Conclusio
Heidi Cohen hat mit ihrem Beitrag viele wichtige Anregungen gegeben. Es reicht nicht, einfach mal mit der Contentproduktion zu beginnen und dann zu schauen, was dabei herauskommt. Verschaffen Sie sich erst einmal einen Überblick, was Sie mit Ihren Aktivitäten erreichen wollen. Ich nutze dafür zum Beispiel ein privates Blog, in das ich Ziele, mögliche Kennzahlen, einfach alles, was mir einfällt, niederschreibe. Ich würde vieles von dem, was ich dort niedergeschrieben habe, sehr schnell wieder vergessen. Das Blog erinnert mich dran.
Gerade in einem Bereich wie dem Content Marketing sollten wir außerdem flexibler werden. Wenn Sie feststellen, dass etwas nicht so funktioniert, wie Sie sich das vorstellen, dann ändern Sie das sofort und warten Sie nicht, bis Sie Ihren Plan abgearbeitet haben.
Christian Henner-Fehr lebt und arbeitet als Kulturberater in Wien. Er betreibt das Kulturmanagement Blog und beschäftigt sich aktuell mit den Themen Content Marketing, Social Media und der digitalen Transformation von Organisationen in den Bereichen Kultur und Tourismus. Außerdem entwickelt er Digitalisierungskonzepte für Städte und Regionen.Am Institut für Kulturkonzepte unterrichtet er unter anderem in zwei Seminaren zum Thema Onlinemarketing – im Seminar Social Media für KulturmanagerInnen und im Seminar Online Marketing im Kulturbereich.
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Kategorie: Recruiting im größten Museum Österreichs – 6 Fragen an Dr. André Alvarado-Dupuy (KHM-Museumsverband)
Recruiting im größten Museum Österreichs – 6 Fragen an Dr. André Alvarado-Dupuy (KHM-Museumsverband)
Dr. André Alvarado-Dupuy ist Leiter für Personal und Organisation des KHM-Museumsverbands (Kunsthistorisches Museum Wien, Weltmuseum Wien, Theatermuseum Wien, Schloss Ambras Innsbruck). Wir haben ihn zum Thema Recruiting befragt und wollten wissen, wohin sich in seinen Augen der Prozess und der Umgang mit potentiellen MitarbeiterInnen entwickeln werden.
Was sind aktuelle Themen und Faktoren, die Sie im Recruiting-Prozess beim KHM-Museumsverband beachten?
Der KHM-Museumsverband arbeitet aus guten Gründen überwiegend mit Eigenpersonal und hat derzeit ca. 700 MitarbeiterInnen. Das gesamte Beschäftigungsausmaß entspricht ca. 450 Vollbeschäftigten. Dementsprechend groß ist auch das Volumen und die fachliche Bandbreite des Recruitings. Ausgangspunkt ist immer das Anforderungsprofil. Wenn wir die wichtigsten Mitarbeiter-Gruppen heranziehen, sehen wir große Unterschiede für das Recruiting. Im Guest Service (Besucherbetrieb mit Aufsicht, Kassen etc.) gibt es z.B. ein klares Profil von Tätigkeit und Anforderung. Ein bis zwei Termine reichen aus, um festzustellen, ob die Grundhaltung der Person mit der Besucherorientierung im Sinne unseres ECHOCAST-Standards übereinstimmt. Außerdem klärt das Vorstellungsgespräch, ob die Person mit der entsprechenden digitalen Umgebung umgehen kann und die Sprachkenntnisse in Deutsch und Englisch ausreichen.
Sehen wir uns dagegen die klassischen Museumsberufe wie z.B. KuratorIn oder RestauratorIn an, dann wird der Prozess deutlich schwieriger. Hier sind die Profile teilweise im Fluss (FachkustodIn vs. Themen- und AusstellungskuratorIn) oder stark stellenabhängig (Mix der Komponenten Handwerk, Administration und Wissenschaft bei RestauratorInnen).
Nur mit der umfangreichen Vorbereitung zwischen Fachbereich und Human Resource Bereich, wo alle Rahmenbedingungen von Markenkompatibilität über detailliertes Job Assignment bis hin zu den social skills eingehend besprochen werden, gelingt eine erfolgreiche Auswahl. Ein wichtiger Aspekt beim Recruiting ist auch das Employer Branding mit seinen verschiedenen Dimensionen (z.B. Marken unserer Museen, familienfreundliche Arbeitsumgebung, betriebliche Gesundheitsaktivitäten). Sorgen macht mir die Gender-Situation in einigen Berufsgruppen: beim Recruiting von RestauratorInnen oder VermittlerInnen nähern wir uns immer mehr der VolksschullehrerInnen- oder KindergärtnerInnen-Situation mit 100% Frauen in den short lists.
Wie gewinnen Sie neue Talente, die den Anforderungen der Zukunft gewachsen sind, Aufgaben anders angehen, Strukturen aufbrechen?
Bei der Auswahl von MitarbeiterInnen, die in Linienfunktionen eingesetzt werden, achten wir natürlich immer darauf, wie weit Qualifikation und Berufserfahrung Potenziale anzeigen. Nach meiner Erfahrung ist es eine Illusion, notwendige Änderungen durch das einfache Einpflanzen neuer Linien-MitarbeiterInnen herbeizuführen.
Wenn es Änderungen geben soll, werden natürlich solche Talente dringend gebraucht. Aber zuerst muss es „oben“ ein entsprechend nachhaltiges Engagement für Innovation oder Change geben. Dafür wird allerdings zuvor die entsprechende Aufbauarbeit benötigt, die die MitarbeiterInnen über positive Karriereverläufe vorbereitet hat. Sie müssen neue Verantwortungen übernehmen wollen. Dafür benötigt es eine Arbeitsorganisation, die den MitarbeiterInnen bereits im Vorfeld Arbeitsformen in flexiblen Teams und ein entsprechendes Empowerment gelehrt hat.
Bei großen Vorhaben von Innovation oder Change kann es wichtig sein, neue Führungskräfte für die Umsetzung heranzuziehen. Hier ist im Recruiting sicher die Beiziehung eines Personalberaters sinnvoll. Einen direkten Konnex zwischen Recruiting und Innovation/Change sehe ich daher nur bei Führungskräften. Eingeschränkt auch im Bereich der Vermittlung, mit seiner großen innovatorischen Kraft – dort können sich MitarbeiterInnen in einem besonderen Freiraum schneller profilieren. Ich muss sie dann aber auch in andere Bereiche wandern lassen.
Wodurch zeichnet sich aus Ihrer Sicht professionelles Recruiting aus?
Professionelles Recruiting zeichnet sich eindeutig durch die an Human Resource übertragene Steuerung und Begleitung durch professionelle RecruiterInnen, durch gut überdachte Prozesse und klare Kommunikation aus. Das sieht man z.B. an der Formulierung der Stellenausschreibungen, an der Überlegung, auf welchen Plattformen ausgeschrieben wird, an der Kreativität bezüglich des Umgangs mit den Vorstellungsaktivitäten, an der von Leitfäden des Human Resource Bereichs strukturierten Arbeit der Jurys oder Assessoren usw..
Natürlich gehört dazu, dass jede Bewerbung für eine ausgeschriebene Position beantwortet wird und dass auch mit den nicht erfolgreichen BewerberInnen wertschätzend umgegangen wird. Es ist auch wichtig, dass ein Feedback bei internen nicht zum Zug gekommenen BewerberInnen gegeben wird und selbstverständlich ist. Bei einem strukturierten Prozess, kann die/der ausgewählte KandidatIn von der Linienorganisation ordentlich übernommen werden.
Entscheidend ist für professionelles Recruiting die optimale Einbindung des Recruiters/der Recruiterin in die Museumsorganisation. Denn es braucht beides: das spezielle Wissen von Tools, Profiling etc. UND das richtige Bild über die Personalbedarfssituation.
Für uns ist die wichtigste Frage, wie wir in der kurzen zur Verfügung stehenden Zeit im Bewerbungsprozess das gegenseitige Kennenlernen möglichst gut vertiefen können, um die richtige Person zu finden.
Der KHM-Museumsverband ist die größte Museumseinheit Österreichs. Welche Herausforderungen bringt dieser Umstand für das Recruiting mit sich?
Qualität UND Quantität – das ist unser Schicksal. Oft erhalten wir hunderte Bewerbungen, für eine Stelle im Sekretariat und natürlich auch für eine KuratorInnen-Stelle. Trotz klarer Stellenausschreibungen entspricht ein hoher Anteil von Bewerbungen nicht den darin angeführten Anforderungen. Der Aufwand für Human Resources wird dadurch sehr hoch, die Ausbeute bleibt im Verhältnis aber nur gering. Es gibt natürlich auch viele spannende BewerberInnen, die wir zu Gesprächen einladen. Die passenden Personen finden wir meistens immer innerhalb eines Monats. Nur sehr selten müssen wir die Ausschreibungsdauer verlängern bzw. erneut suchen. Manchmal ist die Vorauswahl auf 10-20 Personen „nach der Papierform“ das eigentliche Dilemma.
Die Nichtvalorisierung der staatlichen Basisabgeltung und die Budgeteinhaltung zwingt uns zu sehr großer Zurückhaltung bei den Gehaltsangeboten. Unsere Kollektivvertragsgehälter passen für den besonderen Arbeitsmarkt des spezifischen Museumsbereichs, sie sind aber teilweise weit vom allgemeinen Arbeitsmarkt entfernt. Dieser spielt z.B. eine wesentliche Rolle beim Recruiting einer Buchhaltungskraft. Teilweise kämpfen wir auch noch 20 Jahre nach der Ausgliederung mit dem falschen Mindset der „geschützten Werkstätte“. Dabei liegt die Verantwortung beim Recruiting, die Aufnahme von KandidatInnen mit solch realitätsfremden Erwartungen zu vermeiden.
Arbeiten Sie mit außergewöhnlichen Recruiting-Methoden, die Sie Ihren KollegInnen in anderen Kulturbetrieben empfehlen können? Welche sind das beispielsweise?
Ich sehe mich eigentlich nicht in der Lage, solche Empfehlungen auszusprechen. Dafür sind die Unterschiede doch zu groß. Ich sehe die Kulturbetriebe auch nicht als Vorreiter im Recruiting.
Wir haben für uns gelernt, kompromisslos zu sein, wenn wir Anforderungen stellen. Wenn wir z.B. ein Motivationsschreiben verlangen und es gibt keines oder es ist ein nicht arbeitsplatzbezogenes, dann ist das für uns ein No-Go – ebenso wie nur „Kunst und Kultur begeistert“ zu sein. Insgesamt halten wir uns an eine einfache Regel, die ich schon erwähnt habe: Wie können wir in sehr kurzer Zeit eine intensive Verbindung zwischen KandidatIn und künftigem Museumsarbeitsplatz herstellen? Diese Frage führte zu verschiedenen Lösungen. Eine bewährte ist der „Schnuppertag“ mit anschließendem Gespräch über die KandidatInnenwahrnehmungen. Eine andere ist das Einfordern von Ideenpapieren zu konkreten Aufgabenstellungen und anschließender Diskussion mit der Jury.
Ein für uns besonders wichtiger Aspekt ist, theoretisch-virtuelle Lösungen (wie etwa: „Wie wollen Sie das machen? Wie sieht Ihre Lösung aus?“ etc.) auch immer mit der Persönlichkeit und den Lebenserfahrungen der KandidatInnen abzugleichen. Dabei wenden wir gerne die STAR-Interviewmethode an. Es wird z.B. nach einer großen Herausforderung gefragt und dabei soll die Situation genau beschrieben werden, was die Aufgabe war, was der Kandidat tatsächlich gemacht hat und was das Ergebnis war.
In welche Richtung wird sich Ihrer Meinung nach das Recruiting allgemein in den nächsten Jahren entwickeln?
Vom allgemeinen Arbeitsmarkt gesehen kommen Bewerbungssysteme mit systembasierter Vorauswahl und automationsunterstütztem Profiling. Ob die Antidiskriminierungspolitik bald nur mehr anonymisierte Lebensläufe zulassen wird, kann ich nicht einschätzen. Ich halte das, abgesehen vom ehrenwerten Vorsatz, für realitätsfremd. Wir versuchen, in diesen heiklen Punkten (Gender, Alter, Aussehen) beim Recruiting durch breitere Jurys bzw. zusätzliche Assessoren gegenzusteuern und fahren dort, wo es von den Aufgabenstellungen gut passt, also z.B. im Guest Service, mit viel Erfolg auch eine Politik von 50-plus-Anstellungen.
Dr. André Alvarado-Dupuy, Foto: Daniel Hinterramskogler
Dr. André Alvarado-Dupuy ist Leiter Personalmanagement & Besucherdienst des KHM-Museumsverbands (Kunsthistorisches Museum Wien, Weltmuseum Wien, Theatermuseum, Schloss Ambras Innsbruck). Er studierte Recht und war zuvor bei ÖBB-Postbus GmbH als Personalleiter tätig.